GASTBEITRAG

Fondsmanager müssen sich aktiver einbringen

Börsen-Zeitung, 28.11.2015 Fondsmanager haben in der Vergangenheit berechtigte Kritik hinnehmen müssen. Schließlich haben viele nicht nur ihre Kunden enttäuscht - auch gesellschaftlich geriet ihr Verhalten in Misskredit. Allzu oft haben sie die...

Fondsmanager müssen sich aktiver einbringen

Fondsmanager haben in der Vergangenheit berechtigte Kritik hinnehmen müssen. Schließlich haben viele nicht nur ihre Kunden enttäuscht – auch gesellschaftlich geriet ihr Verhalten in Misskredit. Allzu oft haben sie die Interessen ihrer Kunden (und ihre eigenen) mit “unmittelbar erkennbarem Erfolg” gleichgesetzt: im Klartext also mit teils exorbitanten Boni. Darunter hatten neben Unternehmen auch die Renditen der Aktionäre und die Branchenstrategien zu leiden. Wir meinen, dass es einen besseren Weg gibt. Einen Weg, der zu besseren Ergebnissen für Kunden, Unternehmen und die gesamte Gesellschaft führt. FehlbewertungenTrotz der hohen Markterträge stehen wir noch immer unter dem Einfluss der Jahre 2008 und 2009: Damals hatte ein auf kurzfristige Erfolge fixierter Markt zum hinlänglich bekannten Kult der Fremdkapitalaufnahme geführt. Starke Unternehmen wurden an übermäßig fremdkapitalfinanzierte Bieter verkauft, wodurch für die Verkäufer ein unmittelbarer “Shareholder Value” entstand; bisweilen entstanden jedoch auch derart instabile Strukturen, dass Scheitern programmiert war. In anderen Fällen wurden Unternehmen gedrängt, die “Effizienz” ihrer Bilanzen zu erhöhen: Um Dividenden zahlen oder Aktienrückkäufe tätigen zu können, blieb nichts anderes übrig, als Kredite aufzunehmen. Damit steigerten sie zwar die Erträge ihrer Anleger, verfälschten jedoch teilweise auch ihre Unternehmensziele – und trieben ihre Aktien auf ein nicht aufrechtzuerhaltendes Kursniveau.Zu den großen Verlierern dieser Praktiken gehören die Kapitaleigner. Bis etwa 2010 erzielten Aktien nur minimale Erträge; erst seitdem fangen Eigenkapitalrenditen an, mit dem BIP-Wachstum Schritt zu halten. Der Großteil der Fondsmanager schafft es regelmäßig nicht, die Gesamtmarktentwicklung zu übertreffen, gerade wenn man die anfallenden Gebühren mitberücksichtigt. So ist es kein Wunder, dass sich viele Kunden in andere Investmentansätze wie Hedgefonds, Hochfrequenzhandel oder Indexbindung geflüchtet haben. Der neue AnsatzNun liegt ein Wandel in der Luft. Unserer Meinung nach funktioniert der Neoliberalismus, der zu den Problemen von 2008 und 2009 geführt hat, nicht mehr. Stattdessen brauchen wir eine neue und fortschrittlichere Form des Kapitalismus. Bereits jetzt sehen wir einen aktiveren und konstruktiveren Dialog mit Unternehmen – und dieser beginnt nun für die Anleger Früchte zu tragen. Wir glauben sogar, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen besserem Dialog und nachhaltigen Alpha-Renditen gibt. Wir beobachten immer noch, dass der Erfolg der Fondsmanager quartalsweise gemessen wird – während die meisten ihrer Kunden eine weit längerfristige Perspektive einnehmen. Diesen kurzfristigen Horizont spiegelt die Tatsache wider, dass sich die durchschnittliche Haltedauer von Aktien seit 1980 von damals knapp fünf Jahren auf weniger als fünf Monate verringert hat. In den immer liquideren Märkten ist es heute bedeutend leichter, sich von Aktien zu trennen. Warum sollte man daher Zeit, Aufwand und Ressourcen verwenden, die Probleme direkt bei den Unternehmen zu lösen? Zur weiteren Beschleunigung dieses Prozesses hat der Trend hin zu passiven Strategien beigetragen. Eine höhere Liquidität und eine Abneigung gegen aktive Manager mit unterdurchschnittlicher Performance haben dazu geführt, dass sich viele Kapitaleigner solchen indexbasierten Lösungen zugewandt haben. Unbenommen können kurzfristige Erträge hierbei durchaus zufriedenstellend ausfallen – auf lange Sicht ist das Ergebnis ganz anders. Denn wer Kapital schlicht auf der Grundlage von Kursdynamiken platziert, verfälscht massiv den Eigenkapitalkostensatz. Auch hier sind unangemessene Zielsetzungen der Kern des Problems. Für nur sehr wenige Kunden ist der Index ein geeignetes Maß für langfristige Ziele, denn die meisten Kunden haben mittel- bis langfristige Verpflichtungen. Trotzdem werden viele Fondsmanager noch immer auf Grundlage ihrer Performance im Vergleich zu der des Aktienmarktes (bzw. der ihrer Konkurrenten, was auf dasselbe hinausläuft) bezahlt, anstatt dass man ihre Leistung mit den realen Zielen ihrer Kunden abgleicht.Doch nicht nur am Finanzmarkt existieren fehlgeleitete Anreize. Sie sind auch bei den Unternehmen selbst zu beobachten. An kurzfristige Kursentwicklungen gekoppelte Aktienoptionen und Boni haben den Druck auf die Unternehmen erhöht, lieber schnelle Kursgewinne zu erzielen. Erträge zu erwirtschaften, die sich im Laufe vieler Jahre summieren, wurde weit weniger attraktiv. Und was vielleicht das Schlimmste ist: Misserfolge haben so gut wie keine Konsequenzen. Ein Unternehmen zu führen wurde für das Topmanagement zu einer sicheren Wette – einer Wette auf Kosten der Kapitaleigner. Aktienkauf verpflichtetVieles, was in den vergangenen fünf bis zehn Jahren schiefgelaufen ist, geht auf das Konto fehlender effektiver Kontrollmechanismen seitens der investierenden Unternehmen. Etwa bei der Herausforderung, ein geeignetes Risikomanagement zu garantieren. Um das Gleichgewicht zwischen Kapital, Investoren und Management wiederherzustellen, müssen Fondsmanager eher die Rolle eines “Verwalters” einnehmen. Das heißt, sie müssen sich selbst als Eigentümer ihrer Investments sehen und dafür Verantwortung tragen.Routineangelegenheiten, wie etwa bei einer Hauptversammlung über die Gehälter abzustimmen, werden oft in die Hände separater Teams gelegt; von einer kritischen Prüfung der Führungsstruktur, der Umweltauswirkungen oder der Beschäftigungspraxis ganz zu schweigen. Wir sind der Auffassung, dass viele dieser Themen selbstverständliche Teile des normalen Investitionsprozesses sein sollten und damit eindeutig in die Hände der Fondsmanager gehören. Wir müssen die Regeln des Engagements ganz neu denken und den Unternehmen einen neuen Handlungsrahmen bieten. Lediglich eine vierteljährliche Investoren-Roadshow abzuhalten sollte kein akzeptables Kommunikationsmittel mehr sein. Stattdessen muss es einen intensiven Meinungsaustausch mit den Vertretern der Eigentümer geben.Einige Manager führen schon jetzt hoch konzentrierte Portfolios, erwerben große Anteile an einzelnen Unternehmen und beteiligen sich erheblich intensiver als üblich an der Führung und den Aktivitäten dieser Unternehmen. Die bisher erzielten Ergebnisse sehen vielversprechend aus. Wer sich als Investor allerdings an diesen Fonds beteiligt, muss sein Kapital gewissermaßen für mehrere Jahre binden. Hier setzen wir eher auf einen Kompromiss. Wir glauben, dass traditionelle Manager vergleichbar viele Ziele in Unternehmen umsetzen können, wenn sie die Investitionsprozesse in ihre tägliche Arbeit einbinden. Diese Vorgehensweise wird auch von Seiten der Anleger immer mehr gefordert. Wenn die Finanzbranche eine echte Dienstleistung anbieten möchte, muss aktives Management unserer Ansicht nach im zunehmenden Maße aktive Beteiligung bedeuten. Fondsmanager müssen langfristige Partnerschaften mit den Unternehmen eingehen, um ihnen dabei zu helfen, ihre Leistungsfähigkeit mittel- bis langfristig zu steigern.—-Peter Harrison, Head of Investment, Schroders