FAULE KREDITE IN EUROPAS BANKBILANZEN

Genug Stoff für europäische Bad Bank ist vorhanden

EU-Staaten wollen schon im März über forcierten Umgang mit faulen Krediten entscheiden

Genug Stoff für europäische Bad Bank ist vorhanden

Von Björn Godenrath, FrankfurtBei den europäischen Bankenaufsehern und in nationalen Finanzministerien rauchen derzeit die Köpfe, um schon bald über den weiteren Umgang mit faulen Krediten in den Bilanzen der Banken zu befinden. EBA-Chef Andreas Enria hatte die Diskussion darüber mit seinem Vorschlag zur Schaffung eines EU-Vehikels in Gestalt einer Asset Management Company (AMC) angestoßen, die als Bad Bank des Wirtschaftsraums Non-performing Loans (NPL) ankauft und diese dank extrem günstiger Refinanzierung gemächlich veräußern kann. Von dem Gros ihrer NPL-Altlasten befreit, sollen dann die betroffenen Institute wieder ein bisschen Freiraum für die Kreditvergabe gewinnen bzw. höhere Eigenkapitalrenditen erzielen können. Problem NachhaftungenSo weit jedenfalls die Theorie. In Fachkreisen wird jedoch erwartet, dass es den EU-Staaten schwerfallen wird, eine echte europäische NPL-Dachgesellschaft zu errichten, wäre diese doch kaum ohne das Element einer Vergemeinschaftung von Risiken über Ländergrenzen hinweg zu bewerkstelligen. Außerdem sieht die Planung wohl bislang vor, dass bei der Übertragung von Aktiva an eine AMC trotzdem eine Nachhaftung der Bank bestehen bleibt, sollten bei der Verwertung von leistungsgestörten Forderungen Verluste gegenüber dem Übertragungswert realisiert werden müssen. Damit würde dann aber auf Investorenseite die Unsicherheit belassen, dass weitere Risiken in den ausgelagerten Positionen schlummern, wie die Analysten der DZ Bank vollkommen zu Recht anmerken.Um reinen Tisch zu machen, müssten solche Nachhaftungsrisiken also ausgeschlossen werden bzw. die immanenten Übertragungsverluste vorsorglich ausgeglichen werden – das ist ein Knackpunkt im ganzen Konstrukt, wäre diese Nachkapitalisierung von Banken doch eigentlich über die EU-Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD mit Beteiligung der Gläubiger an Verlusten zu leisten. Beim ersten Test des Systems, der mit privatem Kapital nicht zu beseitigenden Schieflage von Monte dei Paschi di Siena (MPS), konnte es sich die italienische Regierung jedoch nicht verkneifen, ein Schlupfloch in der BRRD zu nutzen und eine nationale Auffanglösung für die offensichtlich bestenfalls regional systemrelevante Bank zu organisieren. Das dürfte wegen der inhaltlichen Bindung an den EBA-Stresstest zwar legal sein, sendet allerdings das fatale Signal, dass dann doch lieber Steuergelder eingesetzt werden, bevor eine Bank aus der Obhut des Landes in die Hände des EU-Abwicklungsmechanismus übergeben wird.Unter diesen Vorzeichen kulminieren jetzt die Diskussionen, um schon im März auf EU-Ebene die Weichen für den grundsätzlichen Umgang mit den NPL-Altlasten zu stellen. Dabei wird allgemein erwartet, dass statt einer europäischen AMC die Voraussetzungen für nationale AMC geschaffen werden – die Blaupause dafür hat Italien mit seinem Vorgehen (ein halbstaatlicher Rettungsfonds wurde dort bereits 2016 geschaffen) bei MPS geliefert. Die Kapitalbefüllung eines solchen staatlichen Vehikels dürfte jedenfalls teurer werden als bei einem mit bester Bonität für die Refinanzierung ausgestatteten EU-Vehikel. Das ist der Preis, den man zahlen muss, wenn man als Staat nicht gewillt ist, die Hoheit über Banken-Assets herzugeben – was mit Blick auf Italiens Staatsdefizit natürlich aberwitzig ist. Nationale NPL-VehikelAber alles Lamento hilft nicht, wenn die Entwicklung auf Ebene der EU-Staaten sich nicht anders steuern lässt. Es ist ja lobenswert, dass die EU-Aufseher in Sachen NPL-Bereinigung grundsätzlich an einem Strang ziehen und dank der EZB-Task-Force endlich auch auf Ebene der nationalen Regierungen Handlungsdruck zur Lösung eines strukturellen Problems aufgebaut wurde. Wichtig ist nun, dass auch bei nationalen AMC-Lösungen keine Nachhaftungsrisiken bestehen bleiben. Vor welch einer Belastungsdimension Europas Banken mit einem Hochziehen der Rückstellungen für faule Kredite stehen, hat die DZ Bank berechnet: Bei einem Wertansatz zu 40 % würde für das betrachtete Universum von 111 Banken ein zusätzlicher Kapitalbedarf von 100 Mrd. Euro entstehen. Es gibt EU-weit 39 Banken in zehn Ländern, deren NPL-Quote über 10 % liegt (siehe Tabelle), der Schnitt beträgt 5,4 % bei einem gesamten NPL-Volumen von 1 061 Mrd. Euro – genug Stoff für eine NPL-Resterampe ist jedenfalls vorhanden. ESM-Chef Klaus Regling nannte ein Zielvolumen von 200 bis 250 Mrd. Euro, das es zu übertragen gelte.Die praktische Umsetzung der NPL-Bereinigung ist derweil mit Problemen gepflastert. Die DZ Bank weist mit Referenz auf den EZB Finanzstabilitätsbericht für November auf ein Problem der Portfoliostruktur hin: Ein Großteil europäischer NPLs bestehe aus Unternehmenskrediten, bei denen die Vorteile einer AMC “eher nicht zum Tragen kommen würden”. Historisch hätten AMC sich bislang aber vor allem bei homogenen großvolumigen Krediten aus der Immobilienwirtschaft bewährt, wie zum Beispiel bei der irischen Bad Bank NAMA.