Weltspartag

Gesundes Spar­verhalten kennt keine Krise

Inflation, Zinswende und Börsenunruhe bringen die Geldanlage durcheinander. Die Grundsätze des Sparens haben aber Bestand. Daran erinnert auch der Weltspartag.

Gesundes Spar­verhalten kennt keine Krise

Die Unsicherheit in der Geldanlage sitzt tief. Die Menschen in Deutschland antworten höchst uneinheitlich, ob sich ihre finanzielle Situation künftig eher verbessert oder aber verschlechtert, ob sie mehr oder weniger sparen und ob sie ihre Geldanlage umschichten sollten, wie verschiedene Umfragen zeigen. Sie legen im Vergleich zum Vorjahr weniger Geld in Fonds, aber mehr in Aktien an, wie die Bundesbank berichtet, und sie fragen laut Erfahrungsberichten aus der Kreditwirtschaft seltener nach einer Immobilienfinanzierung. Eine Verwirrung ist jedenfalls nachvollziehbar, denn Gaskrise, Inflation, Zinswende und Kursrutsch an den Börsen stellen vermeintliche Gewissheiten in Frage. Der Weltspartag, der in Deutschland am heutigen Freitag im Kalender steht, hat schon ruhigere Jahre erlebt.

Doch was immer die Welt aus den Fugen hebt und die Märkte umtreibt: Die Grundregeln des Sparens bleiben unverändert. Ein Liquiditätspolster für alle Fälle, eine Versicherung wesentlicher Risiken, eine langfristige Perspektive für die Altersvorsorge und Sensibilität für Kosten sind essenziell. Gerade im Aktienmarkt kommen eine breite Streuung und ein möglichst gestreckter Ein- und Ausstieg als Faustregel hinzu. Manchmal ist es nötig, die Themen noch zu vertiefen, von den Feinheiten der betrieblichen Altersvorsorge über ETF-Sparpläne bis hin zur Immobilienfinanzierung etwa. Auch unterscheiden sich Finanz- und Altersvorsorgesysteme von Land zu Land. Doch die Grundprinzipien des Sparens sind überall auf der Welt gleich.

Inflation, Börsenunruhe, Zinssprung – nichts davon ändert etwas an den Lehrsätzen. In diesem Sinne kennt ein gesundes Sparverhalten keine Krise. Zwar ist es richtig, dass die aktuelle Inflation die realen Renditen von Bankeinlagen und anderen Zinsprodukten unter Wasser setzt und ein Gespür für reale Veränderungen damit wichtiger ist als noch vor kurzer Zeit. Aber es ändert nichts daran, dass ein Finanzpolster für alle Fälle unverzichtbar ist. Ebenso sind Aktien und Fonds weiterhin ein wesentlicher Baustein für eine langfristige Geldanlage, auch wenn die Kurse an den Börsen in diesem Jahr tief gefallen sind und kurzfristig die Marktunruhe anhält. Und auch die Wohnimmobilie, die nach dem jüngsten Zinssprung für viele Menschen kaum noch finanzierbar ist, bleibt gleichwohl ein erstrebenswertes Sparziel. Sie muss vor allem zu den Lebensumständen passen, wozu eine solide berufliche Situation, eine Bindung an einen Ort und typischerweise eine stabile Partnerschaft gehören. Erst im zweiten Schritt folgt die Frage, welches Wunschobjekt in Frage kommt, ob es seinen Preis wert ist und ob die Finanzierung belastbar ist.

Doch leider kann die Krise sehr wohl einer gesunden Geldanlage im Weg stehen. Das größte Problem in Deutschland ist aktuell der geschrumpfte finanzielle Spielraum, den Inflation und womöglich bald auch Rezession mit sich bringen. Die Zahl der Personen, die zu wenig Geld haben, um etwas zu sparen, ist laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln gestiegen. Die Auskunftei Schufa rechnet schon bald mit mehr Negativmeldungen, die Rivalin Crif prognostiziert einen Anstieg der Privatinsolvenzen. Das Ziel, möglichst vielen Menschen eine selbstbestimmte Geldanlage zu ermöglichen, rückt also ein Stück in die Ferne. Auch die Sparquote dürfe im laufenden Jahr deutlich fallen. Im Vergleich zu anderen Industrienationen bleibt das private Geldvermögen in Deutschland niedrig.

Nicht zuletzt müssen sich private Anleger vor ungesunden Verhaltensweisen hüten, denn turbulente Zeiten stärken verbreitete Irrtümer. Die einen halten Aktien und Finanzmärkte für Teufelszeug und machen grundsätzlich einen Bogen, während andere kurzfristige Entwicklungen an den Börsen für vorhersehbar halten und Wetten eingehen. Weder das eine noch das andere ist vernünftig, in ruhigen wie in turbulenten Marktphasen. Es kommt vielmehr darauf an, weiterhin zu sparen – stoisch und regelmäßig.

Als die Vertreter von Sparkassen im Oktober 1924 auf einer internationalen Konferenz in Mailand zusammenkamen und den ersten Weltspartag für das Folgejahr ins Auge fassten, gab es noch keine Fondssparpläne, Geldautomaten, Direktbanken und Kryptowährungen. Die Schrecken der Kriegstage waren noch frisch, die Hyperinflation in Deutschland gerade erst überwunden. Der erste Weltspartag rief Privatleute nicht nur dazu auf, Geld auf einem Bankkonto einzuzahlen, anstatt es zu Hause zu sammeln. Der Tag sollte außerdem Sparen als Tugend und Praxis etablieren. Die Botschaft von damals überdauert die Zeit.

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