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Gewinne mit 1 und 0

Die Rally im Technologiesektor ist nicht nur heiße Luft. Die Bewertung erscheint aufgrund des schnellen Wachstums weiterhin attraktiv. Vor allem bieten sich noch viele Chancen bei innovativen Themen. Von Anna-Maria Borse Spätestens mit dem...

Gewinne mit 1 und 0

Die Rally im Technologiesektor ist nicht nur heiße Luft. Die Bewertung erscheint aufgrund des schnellen Wachstums weiterhin attraktiv. Vor allem bieten sich noch viele Chancen bei innovativen Themen.Von Anna-Maria BorseSpätestens mit dem Einbruch an der Nasdaq im Juni ging es los: Zweifler traten auf den Plan, sie sahen den Anfang vom Ende der Technologie-Rally gekommen. Immer wieder wurde an die Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende erinnert. Doch die Verluste waren schnell wieder wettgemacht: In der letzten Juli-Woche kletterte der Nasdaq 100 auf ein neues Allzeithoch von 5 995,77 Punkten. Seit den Tiefs 2008/2009 in Folge der Finanzkrise hat sich der Nasdaq 100 damit fast versechsfacht. Die großen Gewinner dieses Jahres sind nicht – wie Anfang 2017 erwartet – Infrastrukturanbieter und Rüstungsunternehmen, sondern die “FAAMG”, also Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und Google, wahlweise auch “FAANG” (Netflix statt Microsoft) genannt. In Deutschland sieht es übrigens nicht viel schlechter aus: Der TecDax hat sich seit März 2009 immerhin noch verfünffacht. Abgesehen von einer kleinen Delle Ende 2015/Anfang 2016 ging es stetig bergauf. Gewinne und hohe BarreservenTreiber der Rally sind die großen Trends Digitalisierung, Big Data, Cloud, Cyber Security, künstliche Intelligenz (KI) und neue Mobilität. Dennoch alles nur Hype? Anhänger der Tech-Branche glauben das nicht: Sie sehen die Digitalisierung als Megatrend, der die Wirtschaft von Grund auf verändert – vergleichbar mit der Elektrifizierung oder der Erfindung der Eisenbahn. Auch fundamental spricht einiges für die Branche: Die meisten Unternehmen machen – anders als 2000 – längst Gewinne. Sie erwirtschaften oft hohe Cash-flows und sitzen auf üppigen Barreserven. Ende 2016 waren es zum Beispiel bei Apple 246 Mrd. US-Dollar liquide Mittel in Form von Barreserven und am Markt veräußerbaren Wertpapieren. Hyun Ho Sohn, Fondsmanager des Fidelity Global Technology Fund, hält den Sektor nicht für heiß gelaufen. “Der Bewertungsaufschlag gegenüber dem breiten Aktienmarkt ist nach wie vor moderat, mit Blick auf das langfristige Gewinnpotenzial gehört der Technologiesektor weiterhin zu den am attraktivsten bewerteten Bereichen.” Anders als im Jahr 2000 sei die Tech-Branche heute sehr viel internationaler. “Damit wird die Auswahl der investierbaren Unternehmen größer, gleichzeitig lassen sich Schocks leichter verdauen.” Das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Technologieaktien liege heute unter dem Durchschnittswert, ohne Berücksichtigung der Dotcom-Blase. Heinz Steffen von der unabhängigen Research-Gesellschaft Fairesearch erkennt in der derzeitigen Hausse durchaus Parallelen zur Dotcom-Blase – jedenfalls bei den Unternehmen, die nur das Geschäftsmodell veränderten und über wenig Technologie verfügten. “Anleger sollten daher besonders darauf achten, ob in dem Unternehmen eine Technologie vorhanden ist, die ein Alleinstellungsmerkmal rechtfertigt, über Patente abgesichert ist und langfristig zu deutlichen Veränderungen führt”, meint Steffen. Er fasst den Begriff Technologiewerte ohnehin lieber enger und versteht darunter Unternehmen, die mit innovativen Technologien die Märkte verändern – nicht reine Plattformanbieter wie Rocket Internet, Zalando, Delivery Hero, Twitter oder Facebook. Plattformbasierte Geschäftsmodelle ließen sich beliebig kopieren und hätten in der Regel in der Anfangsphase eine hohe Erfolgsquote. “Nachhaltige Erfindungen bzw. Innovationen tun sich in der Anfangsphase dagegen eher schwer.” Viele AnlagemöglichkeitenTechnologiefonds sind sehr unterschiedlich aufgestellt: Während die einen vor allem auf Internetunternehmen setzen, sind es bei anderen Chip-Produzenten, E-Auto-Entwickler oder Unternehmen, die in “neuen” Feldern wie Cyber Security, KI, Robotics oder Big Data unterwegs sind. Das erschwert den Vergleich. Dennoch: Fast alle kommen auf sehr attraktive Renditen. Unter den an der Börse Frankfurt gehandelten aktiv gemanagten Fonds haben auf Sicht von zwölf Monaten aktuell der UBS Equity Global Multi Technology (+34,5 %), der Candriam Equities Global Technology (+33 %) und der 4Q Growth Fund von TBF (+32 %) die Nase vorn. Auf Sicht von fünf Jahren stehen der Fidelity Global Technology (+150 %), der J.P. Morgan Fund Europe Technology (+ 149 %) und der DNB Fund Technology (145 %) oben. Einige der “FAANG” tauchen in den Top-Fondspositionen immer wieder auf: Schwergewichte des Fidelity-Fonds waren per Ende Juni die Google-Mutter Alphabet sowie Apple, Intel, SAP und Taiwan Semiconductor, beim UBS-Fonds waren es Facebook und Amazon, außerdem noch Micron Technology, Visa und Western Digital. Der auf Europa konzentrierte J.P. Morgan-Fonds hebt sich mit den Top-Positionen ASML, Nokia, Amadeus IT, Infineon und NXP Semiconductor ab. Immer mehr SpeziellesNeben den breit anlegenden Technologiefonds gibt es zunehmend spezialisierte Produkte zu neuen Trends wie Robotics/Automation, Big Data oder KI: Ein Beispiel ist der EdR Fund Big Data (LU1244893696) von Edmond de Rothschild Asset Management. Noch recht neu ist der Axa WF Framlington Robotech (LU1536921650, LU1529780493). Erst im März aufgelegt wurde der Allianz Global Artificial Intelligence (LU1548497772). “KI befindet sich derzeit an einem Wendepunkt: Diese Art von Technologie fängt an, sich signifikant auf unser Leben auszuwirken, etwa in den Bereichen Gesundheitswesen, Transport oder in der Agrarwirtschaft”, meint Mathias Müller von Allianz Global Investors. “KI hat das Potenzial, ganze Industrien zu revolutionieren.”Daneben gibt es auch eine ganze Reihe von günstigen ETF, die Technologie-Indizes abbilden, etwa den Nasdaq, den Stoxx Europe 600 Technology oder den TecDax sowie auch speziellere Automatisierungs- oder Cyber-Security-Indizes. Zu den größten unter den breit streuenden Fonds gehören die Nasdaq-100-Tracker von Power Shares, iShares, Lyxor oder Comstage. Ein Blick auf die Renditen macht übrigens klar: In diesem Jahr hat sich eine Währungsabsicherung gelohnt. Auch ETF, die an speziellere Indizes gekoppelt sind, haben bereits hohe Assets under Management anhäufen können, das zeigen Beispiele wie der iShares Automation & Robotics und der ETFS Global Robotics and Automation.Viele Analysten gehen davon aus, dass die Rally weitergehen wird. Steffen hält die Bereiche KI, Cyber Security und Robotics für interessant, rechnet aber damit, dass Cyber Security den anderen Themen den Rang ablaufen wird. “Cyber Security wird alle Unternehmen betreffen.” Er geht davon aus, dass sich in naher Zukunft alle Unternehmen “raten” lassen müssen, ob sie Sicherheitsanforderungen entsprechen. “Die Folgen eines Blackouts nur für Teile einer Volkswirtschaft führen zu nicht mehr kontrollierbaren Entwicklungen.” Hyun Ho Sohn hält besonders asiatische Internetaktien für interessant. “Sowohl der chinesische als auch der japanische Markt sind relativ abgeschottet. Hier sind es vor allem lokale Unternehmen, die in den Bereichen digitale Werbung, Internetmedien und Onlinehandel gut positioniert sind und die Märkte dominieren.” Zudem achtet er derzeit besonders auf Softwaretitel. “Softwareunternehmen haben einen hohen Grad an geistigem Eigentum und erzielen stabile Erträge.” Viele Unternehmen führen derzeit ihre Investitionen in Software hoch, davon profitiere das Segment. Ein anderes Thema sei Cloud Computing. “Vielen Unternehmen ist klar, dass sie die Kontrolle über ihre IT, über ihre Daten, behalten müssen. Das könnte zu einem Comeback der sogenannten ‚Private Clouds’ führen.”