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Gewinne, wenn die Blätter fallen

Der Dax und auch der S & P 500 folgen im Jahresverlauf ausgeprägten Saisonmustern. Da diese wiederkehren, sollten Anleger sie beachten. Ab Oktober beginnt für den Dax eine gute Zeit. Von Werner Rüppel Die folgende Geschichte hat sich tatsächlich...

Gewinne, wenn die Blätter fallen

Der Dax und auch der S & P 500 folgen im Jahresverlauf ausgeprägten Saisonmustern. Da diese wiederkehren, sollten Anleger sie beachten. Ab Oktober beginnt für den Dax eine gute Zeit.Von Werner RüppelDie folgende Geschichte hat sich tatsächlich so ereignet. Einem konservativ ausgerichteten Spezialfonds, der zuvor nur in Anleihen engagiert war, wurde von seinem Assetmanager zu einer größeren Beimischung von Aktien geraten. Schließlich sind Dividendentitel zumindest langfristig eine lukrative Anlage. Der Einstieg in den Aktienmarkt erfolgte dann auf einen Schlag mittels einer großen Kauforder im Hochsommer. Wenige Wochen später erlitt der Dax einen massiven Einbruch. Bald standen hohe Verluste in der Bilanz des Spezialfonds, der für die betriebliche Altersvorsorge von Mitarbeitern eines Unternehmens gebildet worden war.Einbrüche kann es immer geben, doch in diesem Fall wurde nicht in mehreren Tranchen gekauft und die Saisonalität des Dax nicht beachtet. Denn der deutsche Leitindex folgt im Jahresverlauf einem saisonalen Muster, das wiederkehrt. “Beim Dax ist vor allem eine ausgeprägte Schwäche für die Monate August und September festzustellen”, erläutert Manfred Hübner von Sentix Behavioral Finance. Insofern gilt für den Aktienindex nicht die viel zitierte Börsenweisheit “Sell in May and go away”, sondern eher “Sell in July and say bye-bye”. Wenn dann ab Oktober die Blätter fallen, dreht sich das saisonale Muster, und es beginnt zum Jahresende hin für den Dax eine meist gute Zeit.Wie Sentix-Geschäftsführer Hübner untersucht hat, sind an den Märkten zahlreiche Saisonmuster festzustellen. So weist zum Beispiel nicht nur der Dax, sondern auch der amerikanische Aktienmarkt eine ausgeprägte saisonale Schwäche in den Sommermonaten auf. Der japanische Aktienmarkt wiederum verfolgt ein etwas anderes Muster: Hier beginnt die Schwächephase bereits nach Ende des Fiskaljahres am 31. März. September mit 71 Prozent VerlustIm Dax sind die Unterschiede in der monatlichen Performance durchaus signifikant. So weist der September seit 1980 im Durchschnitt einen Verlust von 1,91 % auf. Wären Anleger in diesem Zeitraum also nur im September investiert gewesen, hätten sie 70,8 % ihres Einsatzes verloren. Zu mitunter besonders hohen Verlusten in diesem Monat – wie zum Beispiel ein Einbruch um mehr als 25 % im Jahr 2002 – kommt noch hinzu, dass der September in der Mehrzahl der Fälle Verluste produziert. Übrigens als einziger Monat im Dax, die anderen schließen in der Betrachtung ab 1980 mehrheitlich mit Gewinnen ab. Dies gilt auch für den August, der 2001 ein Minus von mehr als 19 % verzeichnete, so dass sich aufgrund solch’ hoher Einbrüche eine im Durchschnitt negative Performance errechnet.Der Oktober gilt vor allem aufgrund des Dax-Einbruchs von knapp 24 % im Jahr 1987 als Crash-Monat und als eher schwierig. Doch hat er auch oft positiv abgeschnitten, so dass in der Langfristbetrachtung bereits ab diesem Monat für den Dax die saisional gute Zeit beginnt. Diese hält dann mit im Durchschnitt deutlichen Zuwächsen in den Monaten November, Dezember, Februar, März und April bis Juli an. Insofern wäre aktuell zumindest von der Saisonalität her ein Einstieg am deutschen Aktienmarkt vorteilhaft.Welche Erklärungen gibt es nun für dieses und andere Saisonmuster? Sentix-Experte Hübner analysiert die Märkte aufgrund menschlicher Verhaltensweisen und erklärt: “Bestimmte Usancen und Gewohnheiten können wir nicht ablegen, selbst wenn sie uns bewusst sind.” Kapitalströme liefern ErklärungSolche jährlich wiederkehrenden Ereignisse haben auch Auswirkungen auf die Kapitalströme an den Aktienmärkten. Zum Beispiel bilanzieren in Deutschland und in den USA Unternehmen meist zum 31.12. Bis die Jahresbilanz dann vorliegt, dauert es oft mehrere Monate. Für Börsengänge und mitunter auch für Kapitalerhöhungen sollte aber ein testierter Jahresabschluss schon vorliegen. Daher belastet ein derartiges zusätzliches Angebot nicht im Januar und Februar, sondern in der Regel erst ab März den Aktienmarkt. Wobei in Deutschland wiederum im Frühjahr die Dividendensaison mit ihren Mittelzuflüssen an Anleger die Börse stützt. Optimismus zu JahresbeginnOhne die Ausschüttungen kann es dann im Sommer am Aktienmarkt kritisch werden. Dies gilt besonders dann, wenn die Kurse zuvor kräftig geklettert sind. Eine Rolle mag auch spielen, dass viele Akteure am Aktienmarkt gerade zu Jahresbeginn zu Optimismus neigen. Stellen sich dann die von den Unternehmen erwarteten Gewinnsteigerungen nicht entsprechend ein, drohen Abgaben.Die Besserung ab Oktober läßt sich zum einen auf die erfolgte Korrektur zurückführen, denn durch dieselbe lockt wieder ein preiswerterer Einstieg. Zum anderen belasten gegen Jahresende immer weniger Kapitalmaßnahmen. Kurz vor Weihnachten geht in der Regel kein neues Unternehmen an die Börse, auch Kapitalerhöhungen sind dann selten.Inwieweit lohnt es sich aber, das Saisonmuster zu beachten? Viele Jahre lang gab es ein Dax-Indexzertifikat von ABN Amro (später von BNP Paribas), das in den gefährlichen Monaten August und September nicht investiert war. Auf Dauer hat es den Dax signifikant geschlagen. Leider wurde dieses Zertifikat gekündigt und steht nicht mehr zur Verfügung. Sentix hat auch ein einfaches Handelssystem auf den Dax entwickelt, das nur auf dem Saisonmuster beruht. Auch dieses führt zu einer Outperformance. Bisher hat es sich also gelohnt, das Saisonmuster zu verfolgen.Investments am deutschen Aktienmarkt haben aber in der Historie zu recht unterschiedlichen Ergebnissen geführt. Auf sehr lange Sicht kam es zu klaren Wertzuwächsen. Doch gab es auch Phasen mit hohen Verlusten, die über mehrere Monate und mitunter auch Jahre gingen. Folglich wäre es wohl zu einfach, ein Investment im Dax allein vom Saisonmuster abhängig zu machen. Angestrebt wird zudem ja auch nicht allein, besser als der Dax abzuschneiden, sondern möglichst hohe Gewinne zu erzielen.Anleger sollten aber gleichwohl die Saisonalität beachten. “Denn die Grundtendenz wird durch Saisonalitäten gefördert oder gehemmt”, erklärt Hübner. Sind also die Voraussetzungen für einen Dax-Anstieg günstig, dürfte der Aktienindex in seiner guten Phase deutlich zulegen. Dann, wenn sozusagen die Post an den Märkten abgeht, gilt es für Anleger, investiert zu sein. Stehen die Zeichen aber eher auf Baisse, so kommt es besonders in Monaten wie August und September zu deutlichen Einbrüchen. Grundtendenz eher positivLiegt nun aktuell eine positive Grundtendenz für den deutschen Aktienmarkt vor? Nun ja, ein weitere Befestigung des Euro oder Probleme im Automobilsektor könnten zu Belastungsfaktoren werden. Auch eine schwierige Regierungsbildung nach der Bundestagswahl könnte vorübergehend verunsichern. Doch steigende Unternehmensgewinne sowie eine nicht allzu hohe reaktive Bewertung sprechen dafür, dass der Dax noch Potenzial nach oben haben dürfte. Alles in allem ist daher unter Beachtung der positiven Saisonalität die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Dax in den kommenden sechs Monaten weiter zulegt. Doch zurück zum Spezialfonds, der vor einigen Jahren ausgerechnet im Sommer massiv in den Dax investierte und dadurch hohe Verluste erlitt. Was ist mit diesem passiert? Die Einbußen führten letztendlich dazu, dass das dahinter stehende Versorgungswerk dem verantwortlichen Assetmanager kündigte.