Julian Salisbury und Satish Bapat

Goldman Sachs baut deutsches Fonds­angebot aus

Nach der Übernahme von NN Investment Partners hofft Goldman Sachs im Fondsgeschäft auf eine rasche Expansion in Europa. Dabei zielt die Gesellschaft auch auf private Kunden, denen sie Themenfonds und illiquide Anlageformen anbieten möchte.

Goldman Sachs baut deutsches Fonds­angebot aus

Von Jan Schrader, Frankfurt

Wie die Fondseinheit von Goldman Sachs in Frankfurt künftig aufgestellt sein wird, ist noch nicht entschieden. Die US-Großbank sitzt mit ihren verschiedenen Geschäftseinheiten im Marienturm an der Taunusanlage, während das Frankfurter Team der übernommenen NN Investment Partners im Westhafen Tower residiert. Die Übernahme der Fondstochter des niederländischen Versicherers NN werde das Angebot von Goldman Sachs ergänzen und sei nicht primär als Programm zur Kostensenkung gedacht, wie Julian Salisbury, globaler Co-Chef des Assetmanagements von Goldman Sachs, und Satish Bapat, Chef der frisch übernommenen NN-Fondstochter, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung hervorheben. „Wir werden den Kunden eine breitere Produktpalette anbieten“, sagt Bapat. „Unser Ansatz ist nicht, die Kosten zu senken“, ergänzt Salisbury. Die Bank wolle im Fondsgeschäft wachsen und investieren.

Die im August 2021 angekündigte Übernahme von NN Investment Partners, die 301 Mrd. Euro verwaltet und mehr als 900 Menschen beschäftigt, ist gerade abgeschlossen. Goldman Sachs, die im Assetmanagement nunmehr auf ein betreutes Vermögen von weltweit 2,8 Bill. Dollar kommt, stärkt damit unter anderem das Geschäft mit der Assekuranz. Der Versicherer NN lässt weiterhin um­fangreiche Vermögen von Goldman Sachs verwalten, insgesamt steuert die US-Bank im Assetmanagement 550 Mrd. Dollar für Versicherer. Ein weiterer Schwerpunkt der erworbenen NN-Tochter liegt auf der nachhaltigen Kapitalanlage. Inklusive Zeitgebühr und der Auszahlung von Überschusskapital legte Goldman Sachs 1,7 Mrd. Euro für das Fondshaus auf den Tisch und stach dabei offenbar die DWS aus, der ebenfalls Interesse an der NN-Fondstochter nachgesagt wurde. In Europa steuert Goldman Sachs ein Vermögen von mehr als 600 Mrd. Dollar – wie viel hierzulande anfällt, schlüsselt die Gesellschaft nicht auf.

Hierzulande will Goldman Sachs vermehrt Privatleute erreichen. Die Gesellschaft offeriert unter anderem quantitative Aktienfonds, Schwellenlandfonds und Mischfonds. Einen stärkeren Fokus legt die Gesellschaft seit kurzem auf thematisch zugeschnittene Produkte, von umweltfreundlicher Infrastruktur über Gesundheit bis hin zur Generation der Millennials. Zwar liegt der Fokus auf Aktien, doch auch illiquide Anlagen will Goldman Sachs an Privatleute herantragen. Die Gesellschaft plant dazu die Auflage von Fonds im europäischen Eltif-Format.

Die US-Bank greift damit wesentliche Trends im Assetmanagement auf: Denn branchenbezogene Fonds, die oft mit bestimmten Themen und Schlagworten verknüpft sind, haben in den vergangenen Jahren deutlich an Gewicht gewonnen und bringen hierzulande insgesamt rund 77 Mrd. Euro auf die Waage, wie sich aus den Daten des deutschen Fondsverbands BVI ableiten lässt.

Eltifs voraus

Das europäische Eltif-Format, das als Verpackung von Sachwerten und Infrastruktur gedacht ist und Privatleuten offeriert wird, erlebt nach langem Nischendasein ebenfalls eine Belebung. Mehr als 7 Mrd. Euro entfallen laut Analysefirma Scope­ ­zum Jahresende auf das Fondsformat, darunter 870 Mill. Euro in Deutschland. Angeführt wird das Segment vom „Klimavest“ der Commerzbank-Tochter Commerz Real, aber auch andere Anbieter sind eingestiegen.

Einen einseitigen Schwerpunkt auf Deutschland bei Goldman Sachs will Salisbury nicht erkennen: Die Bank konzentriere sich bei einer europäischen Expansion auf alle großen Märkte, etwa Großbritannien, Frankreich und die Benelux-Länder. Der Manager betont den Anspruch einer breit aufgestellten Fondsgesellschaft, die vom schnell verfügbaren Geldmarktfonds bis hin zur illiquiden Anlage vieles biete. Für Versicherungskunden sei eine breite Aufstellung wichtig, um Rat und Angebote für ein größeres Portfolio einholen zu können und nicht nur für Teilsegmente. Institutionelle Investoren fragen häufig nach illiquiden Anlagen wie Private Equity, Private Credit und Infrastruktur – Salisbury will derartige Investments auch Privatleuten schmackhaft machen. „Das klassische Wertpapierportfolio – 60% Aktien, 40% Anleihen – hat in den vergangenen Jahren nicht gut funktioniert“, sagt er. Der Anleiheteil habe keine wesentlichen realen Renditen bieten können, lautet sein Argument.

Die übernommene NN-Fondstochter soll nun in der „Goldman-Sachs-Familie“ aufgehen, wie die Bank schreibt. Die Investmentteams sollen „vorerst weiterhin Seite an Seite operieren“, während die Kunden über eine „integrierte Plattform“ erreicht werden sollen. Die Research-Prozesse werden im Anleihenportfoliomanagement aufgehen.

Größe sei im Fondsgeschäft ein Vorteil, sagt Salisbury. Eine Gesellschaft könne so Skaleneffekte ausspielen und Expertise in vielen Bereichen bieten. Die Konzentration der Branche werde steigen, wenn auch nur allmählich. Für Goldman Sachs dürfte das eine gute Prognose sein.

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