Versicherung

Gothaer federt „Bernd“ ab

Die Gothaer verkraftet eine halbe Milliarde Euro Schaden durch die Flutkatastrophe dank Rückversicherung gut. Das Konzernergebnis 2021 wird trotz der Belastung steigen.

Gothaer federt „Bernd“ ab

ak Köln

Die Gothaer gehört zu den Versicherern, die das Unwetter „Bernd“ und die daraus folgende Flutkatastrophe im Juli am stärksten getroffen haben. Der Vorstand bezifferte die voraussichtliche Schadensumme am Dienstag auf 530 Mill. Euro. Konzernchef Oliver Schoeller sprach vom wohl teuersten Ereignis in der Geschichte des 200 Jahre alten Versicherers. Bis Oktober hatte sich das Schadenvolumen aus Naturkatastrophen im Vergleich zum Vorjahr für die Gothaer verzehnfacht. Die Schaden-Kosten-Quote in der Schadenversicherung dürfte deshalb brutto 2021 auf weit über 100% in die Höhe schießen. Die genaue Zahl nannte die Gothaer nicht. Netto – also nach Rückversicherung – bleibt sie nach vorläufigen Angaben jedoch knapp unter 100%.

„Wir werden das gut verkraften können“, sagte denn auch Schoeller zu den bilanziellen Auswirkungen der Flutkatastrophe. Die Gothaer rechnet sogar mit einem steigenden Konzernergebnis in diesem Jahr. Denn die Rückversicherer müssen die Schäden von „Bernd“ zum größten Teil übernehmen. Der auskömmliche Rückversicherungsschutz zeige auch, dass eine Naturkatastrophe in dieser Größenordnung nicht vollkommen unvorhergesehen gewesen sei, betonte Schadenvorstand Thomas Bischof. Mit anziehenden Rückversicherungspreisen für die Gothaer rechnet er indes auch. „Wir stehen in Diskussionen mit den Rückversicherern.“

Eine weitere Auswirkung von „Bernd“ ist der Druck auf die Solvenzquote. Sie hat sich in der Schadenversicherung um 20 Prozentpunkte auf 166% reduziert.

Analyse der IT-Gefahr

Die Solidität der Gothaer hat die Ratingagentur Standard  Poor’s im Spätsommer bestätigt und das Rating heraufgestuft. Der Versicherer, der als Verein auf Gegenseitigkeit aufgestellt ist, verfügt jetzt über ein „A“ mit stabilem Ausblick.

Ein gerade aufziehendes Risiko für die Gothaer ist die vor wenigen Tagen entdeckte große IT-Sicherheitslücke Log4Shell. „Wir nehmen das sehr ernst“, sagte Schoeller. Am Wochenende habe die eigene IT begonnen, die Bedrohungslage zu untersuchen. Die Analyse, ob sich bereits Schadsoftware in den Systemen befinde, laufe noch. Auch operativ ist Log4Shell ein Risiko. Die Gothaer ist als Cyberversicherer vor allem im Mittelstand aktiv. Bis sich das Ausmaß möglicher Schäden zeigen wird, wird es noch lange dauern.

Reaktion im Underwriting

Im Underwriting hat die Gothaer bereits reagiert und fragt bei potenziellen Kunden noch, ob sie gefährdete Software nutzen. Für bestehende Kunden stehe die Gothaer, die vor allem Mittelständler versichert, als Ansprechpartner zur Verfügung, hieß es. Und Versicherungsschutz werde selbstverständlich gewährt.

In der Kapitalanlage hat die Gothaer einiges in den vergangenen beiden Jahren bewegt. Der Anteil klassischer Anlagen wie Staatsanleihen, Pfandbriefe und Corporate Bonds ist zwischen 2019 und heute um fast zehn Prozentpunkte auf 68% gesunken, wie CFO Harald Epple erläuterte. Der Versicherer hat die Aktienquote leicht auf 3,3% ausgebaut, aber sich noch stärker in alternativen Anlagen engagiert. Vor allem Baufinanzierungen und Private Debt sind jetzt viel mehr im Portfolio zu finden. Die Gothaer verwaltet Kapitalanlagen mit einem Volumen von rund 30 Mrd. Euro.

Gothaer
Vorläufige Konzernzahlen nach HGB
in Mill. Euro20212020
Beitragseinnahmen46374529
 Schaden/Unfall22852207
   Leben14431433
   Kranken909889
Combined Ratio netto * in Prozent       99,6      92,8
Konzernüberschuss8072
Konzerneigenkapital14111326
*) Schaden/Unfall-Versicherung nach Rückversiche-rung Börsen-Zeitung
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