SERIE: FINANZPLATZ FRANKFURT (13)

Harter Brexit? Private Equity wird's mulmig

Frankfurt und München rangeln um Führungsrolle - Fondsmanager bauen in Luxemburg aus - BaFin befragt Beteiligungsgesellschaften

Harter Brexit? Private Equity wird's mulmig

Die absolute Dominanz von London für “Financial Sponsors” gerät im Falle eines harten Brexit in Gefahr. Noch haben sich meisten Finanzinvestoren kaum auf die neue Situation eingestellt. In Deutschland rangeln München um Frankfurt um Platz 1.Von Walther Becker, Frankfurt Als sich der Private-Equity-Riese KKR, in Europa geführt von dem in Gießen und Frankfurt aufgewachsenen Johannes Huth (58), zu Jahresbeginn entschied, ein Büro in Deutschland zu eröffnen, da fiel die Entscheidung zugunsten der Mainmetropole. Damit zeigt der Branchenriese endlich Flagge in der Bundesrepublik, wo KKR mit Investments in Kion, MTU, WMF, Hertha BSC, Wincor Nixdorf und zahlreichen anderen schon seit fast zwei Dekaden eine große Nummer ist. Bisher wurde das Geschäft von London aus geführt, dem Brückenkopf der US-Finanzinvestoren in Europa. Erzrivale Blackstone kommt nach dem Weggang von Axel Herberg ebenso wie TPG ohne Präsenz in der größten Volkswirtschaft des Kontinents aus. Persönliche Vorlieben zählenWo sich die Berater hierzulande niederlassen, hängt stark ab von den persönlichen Präferenzen der Professionals und ihrer Teams und den dann einmal gefallenen Entscheidungen. Ganz klar rivalisieren München und Frankfurt um den Ruf der Private-Equity-Hauptstadt. Gründe struktureller Art für die Standortwahl gibt es kaum, zumal die Teams sehr überschaubar sind – große und hierzulande sehr aktive Adressen wie EQT, Permira oder Triton haben je kaum 20 Professionals vor Ort.Die klassischen Buy-outs von Konzernaktivitäten oder großen Mittelständlern, gerade auch im Milliardenbereich, können nach wie vor auch leicht von London aus begleitet werden. Für derartige Deals kommen ohnehin nur wenige Finanzinvestoren in Frage. Im Fall von M&A-Prozessen wird diese überschaubare Gruppe stets angesprochen, und zwar unabhängig von einer Präsenz vor Ort. Auf den Mittelstand ausgerichtete Häuser hingegen kommen um eine personelle Präsenz in Deutschland kaum herum, wenn sie in dem umkämpften Geschäft zum Zuge kommen wollen. Passport dabei?Langsam mulmig wird es auch den Fondsberatern, wenn es um das Ausscheiden der Briten aus der EU geht. Denn London ist ganz klar das Zentrum der Zunft in Europa, ebenso wie im Investment Banking. Ein “No Deal”-Brexit hätte wesentliche Auswirkungen auch für Private Equity. Effekte gäbe es bei einem solchen unkoordinierten Ausscheiden vor allem für den Zugang zu Investoren in der EU. Und die deutsche Finanzaufsicht BaFin ist dabei vorzufühlen, wie sich die Fondsgesellschaften auf die neue Situation vorbereiten. Hauptthema: Sind sie “gepassportet”? Denn mit Einführung des Regelwerks AIFMD haben sich viele Managementgesellschaften in London als dem Hauptfinanzstandort in der Gemeinschaft niedergelassen und dort die erforderliche Erlaubnis zur Verwaltung und den europaweiten Vertrieb ihrer Fonds erworben. Dieser “Vertriebspass” würde mit Inkrafttreten des Brexit ohne Übergangslösung entfallen. Vertrieb komplett verwehrt “Insbesondere kleine in Britannien ansässige Managementgesellschaften können es sich nicht unbedingt leisten, von heute auf morgen Personal umzuziehen und/oder neues Personal in der EU einzustellen, um dort eine regulierte Managementgesellschaft aufzubauen”, sagt Patricia Volhard, Partnerin der Kanzlei Debevoise & Plimpton in Frankfurt und London, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Ihnen werde in einigen Mitgliedstaaten der Vertrieb komplett verwehrt sein, in anderen werde er von dem Abschluss entsprechender Kooperationsvereinbarungen abhängen. Und: “Es ist zweifelhaft, ob solche Kooperationsvereinbarungen mit Eintritt des Brexit ohne Übergangslösung bereits mit allen relevanten Mitgliedstaaten rechtzeitig bestehen werden.” Reguliertes ManagementEtwas anders gelagert sei die Situation für größere Häuser. Seit dem Brexit-Referendum, zum Teil aber auch schon davor, haben sie regulierte Managementgesellschaften in der EU gegründet und für Investoren aus der Gemeinschaft in der EU ansässige Fonds – häufig als Luxemburger Personengesellschaften ausgestaltet – aufgelegt, beobachtet Volhard: “Damit sind sie im Grundsatz vorbereitet. Aber auch hier wird häufig ein Teil der Dienstleistungen von der in der EU ansässigen regulierten Managementgesellschaft ausgelagert auf eine verbundene, ebenfalls regulierte Gesellschaft in London.” Nach dem Gesetz erlaubtMeist sei man in London für das Portfoliomanagement zuständig. Diese Auslagerungen an regulierte Gesellschaften außerhalb der EU seien ausdrücklich nach dem Gesetz erlaubt, setzten aber auch voraus, dass eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Mitgliedstaat der Managementgesellschaft – oftmals Luxemburg und Irland – und Großbritannien bestehe. “Auch hier wird es wichtig sein, dass die Aufsichtsbehörden in Irland und Luxemburg Kooperationsvereinbarungen mit der FCA in Großbritannien rechtzeitig bereithalten.” Ist dies nicht der Fall, seien Auslagerungen nach Großbritannien vom Brexit-Eintritt an unzulässig – anders als beispielsweise Auslagerungen in die USA, mit denen eine Kooperationsvereinbarung bestehe. Mit einer stärkeren Präsenz in Deutschland als beliebter Zielregion für Beteiligungen versprechen sich die Investoren auf Zeit auch besseren Zugang zu hoffnungsfrohem Nachwuchs. Doch obwohl KKR seit 1999 mehr als 5 Mrd. Dollar in deutsche Unternehmen investiert hat und etwa auch das IT-Unternehmen Arago und die Deutsche Glasfaser zum aktuellen Portfolio zählt, kommt nur ein Manager fest nach Frankfurt – zunächst. Neben der Europazentrale in London ist KKR seit längerem in Dublin, Paris, Madrid und Luxemburg präsent. Hippes BerlinAls die skandinavische FSN Capital im Frühjahr in Deutschland personell loslegte, da ging man nach München. Die Millionenstadt an der Isar und das überschaubare Frankfurt sind denn auch die beiden “heimlichen Hauptstädte” für Private Equity. Berlin hat zwar unter anderem Capiton, ist Hauptstadt für die hippe Venture-Szene und zieht auch die globale Branche zur Super Return einmal im Jahr an. In Hamburg sitzt BC Partners – weil der damalige Deutschland-Chef Jens Reidel zuvor für Beiersdorf tätig war und der Elbe treu bleiben wollte. Auch IK ist in Hamburg traditionell ansässig. Wer aber länger keinen Deal mehr gemacht hat, der trifft in Frankfurt auf der Fressgas oder an der Alten Oper sicherlich jemanden, der ihm etwas flüstern kann; und wer in München einen Deal gemacht hat, der kann sich in den Alpen von den Strapazen erholen. Beobachter meinen, dass an der Isar eher die beschaulichen, familiennäheren Häuser sitzen, in Frankfurt verstärkt die mehr institutionellen Adressen. Dies stimmt aber nicht ganz – so sind etwa Bain und EQT ebenso wie Carlyle oder PAI Partners und Equistone in Bayern präsent. Frankfurt kann mit Cinven und CVC punkten, mit Permira und Advent, Triton, Quadriga und Ardian oder 3i, ebenso mit Nordic Capital, CD&R und Warburg Pincus. “Wir sind seit 2002 mit einem Büro in Frankfurt und mit einem Team von rund 40 Experten einer der größten Private-Equity-Player vor Ort. Wir schätzen, dass hier als Finanzzentrum praktisch alle Banken vertreten sind. Zudem verfügt Frankfurt über die größte für uns relevante Beraterdichte”, unterstreicht Jan-Philipp Schmitz, Co-Leiter Ardian Deutschland.Die Entscheidung für oder gegen einen Standort der Fondsberater ist denn auch kein grundsätzliches Votum für oder gegen eine bestimmte City, sondern meist getrieben von persönlichen Vorlieben der Teams. Mit dem Brexit dürfte allerdings ein größerer Sog von Berlin ausgehen – denn wer von London weg muss, den zieht es eher nach Paris oder in die Bundeshauptstadt als ins doch überschaubare Frankfurt. Dass die börsennotierte Deutsche Beteiligungs-AG am Main sitzt, erklärt sich aus ihrer Historie bei der Deutschen Bank; die zur DZ Bank zählende VR Equitypartners ist hier ebenso präsent wie die aus der Nord/LB entstandene Nord Holding in Hannover oder Hannover Finanz, wo die Hannover Rück ein wesentlicher Gesellschafter ist.—-Zuletzt erschienen:- Die Wall Street steht auf einem Abstellgleis (24. August)- Bei der Lebensqualität ganz vorn (23. 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