INTERVIEW ZUR SERIE GELDWÄSCHE (2): CHRISTOF SCHULTE

"In der Planung sind mehrere Hundert Stellen"

Der Leiter der Financial Intelligence Unit zur Geldwäschebekämpfung über den personellen Ausbau, neue Aufgaben und die Rekrutierung von Bankern

"In der Planung sind mehrere Hundert Stellen"

Die beim Zoll angesiedelte Financial Intelligence Unit (FIU) wird kräftig erweitert. Die Behörde, deren Aufgabe es ist, Geldwäscheverdachtsmeldungen unter anderem von Banken zu bewerten, soll binnen zwei bis drei Jahren von aktuell 475 auf rund 800 Stellen ausgebaut werden, sagt ihr Leiter Christof Schulte. Herr Schulte, die Kritik an der FIU reißt nicht ab. Zu langsam sei sie, zu ineffizient, personell wie technologisch ausgedünnt, mit zu wenig Expertise versehen. Es blieben dringliche Angelegenheiten liegen, weshalb sie gar als Sicherheitsrisiko bezeichnet wurde. Ist das Schnee von gestern, oder sind die Vorwürfe berechtigt?Wir nehmen jede Form von Kritik ernst, insbesondere wenn sie von unseren Partnerbehörden kommt, das sind vor allem die Strafverfolgungsbehörden der Länder. Allerdings erleben wir insbesondere in den öffentlichen Diskussionen, dass vielen die besondere Rolle der FIU noch nicht klar ist. Die FIU ist die zentrale Meldestelle zur Verhinderung, Aufdeckung und Unterstützung bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. So steht es im Gesetz. Wir sind nicht die “Bundeszentralstelle zur Bekämpfung von Kriminalität aller Art in Verbindung mit Finanztransaktionen”. Wir können nicht die Gesamtheit der Zahlungsverkehre in Deutschland komplett einer Vermutung von Kriminalität unterlegen. Die Erwartungen an die FIU sind zu hoch? Können Sie mit der politisch vorgegebenen Ausstattung und Zieldefinition dem Auftrag nicht gerecht werden?Die Politik hat uns immer unterstützt und wenn erforderlich schnell nachjustiert. So können wir unserem Auftrag gerecht werden und bei der Verhinderung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einen wirksamen Beitrag leisten. Wir sind von anfangs 165 Planstellen auf fast 500 aufgewachsen und haben weitere Befugnisse, insbesondere beim Datenzugriff, bekommen. Im Fall Wirecard wurde Ihnen vorgeworfen, Sie hätten Verdachtsmeldungen nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann bescheinigte Ihrer Behörde, schon 2019 eine heiße Spur gehabt zu haben – er sprach von Smoking Gun. Die von der FIU weitergegebenen Verdachtsmeldungen sollen bei der Staatsanwaltschaft in Bayern versackt sein. Fühlen Sie sich in der Diskussion eigentlich als Prügelknabe?Nein, als Prügelknabe sehen wir uns nicht. Das ist politisches Geschäft. Wir erledigen unsere gesetzliche Aufgabe. Die weitere politische Aufarbeitung des Wirecard-Falls ist nun die Aufgabe des parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Landeskriminalämtern, BKA und Staatsanwaltschaften? In der Vergangenheit war die Rede von heftiger Kritik dieser Institutionen an der FIU.Aus meiner Sicht hat sich die Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden deutlich verbessert. Wir haben zwischenzeitlich bundesweit in fast allen Landeskriminalämtern FIU-Verbindungsbeamte etabliert, die den direkteren Kontakt und Informationsaustausch gewährleisten. Ich habe zu Beginn meiner Tätigkeit bei der FIU zudem mit allen LKA-Leitungen und dem BKA gesprochen und konnte so unmittelbar eine Vielzahl offener Fragen und Anliegen aufklären. Ja, es stimmt, zu Anfang hat es geruckelt. Vielleicht auch, weil Dinge von vorneherein nicht vollständig konsentiert waren. Nun ist es deutlich besser. Zum Beispiel haben wir Risikoschwerpunkte als Grundlage unserer Analysetätigkeit erarbeitet und stimmen diese fortlaufend mit den Strafverfolgungsbehörden ab. Woran hakt es noch?Der Gesetzgeber hat die FIU bewusst als administrative Verwaltungsbehörde eingerichtet. Und eine Verwaltungsbehörde darf nach den Grundsätzen der Opportunität Risikoschwerpunkte setzen. Das tun wir. Dagegen ist die polizeiliche Erwartungshaltung, dass der Staat eingreift, wann immer ihm gewahr wird, dass irgendwo eine Straftat begangen worden sein könnte. Diese unterschiedliche Einordnung ist noch immer nicht vollständig gelöst: Die Erwartungshaltung auf Polizeiseite einerseits und unsere klare Lesart des gesetzlichen Auftrags. Wir nähern uns allerdings deutlich an. Inwieweit?Weil es auch die Aufgabe vieler anderer Beteiligter bei der Geldwäschebekämpfung ist, die Schärfung auf das Thema nachzujustieren. Das ist auch der Sinn, weshalb die Bundesregierung eine neue Gesetzesnovelle mit dem All-Crime-Ansatz im § 261 des Strafgesetzbuchs einbringt. Es geht nicht nur um die Umsetzung europäischen Rahmenrechts, es geht auch darum, noch mehr Verpflichtete zu sensibilisieren. Geldwäsche kann unsere gesellschaftlichen Strukturen auf eine ätzende und zersetzende Art und Weise durchdringen. Dass Eigentumsstrukturen und Transaktionswege nicht mehr klar sind, dass die Position wirtschaftlich Berechtigter auch in komplexen Gebilden, in Firmenkonstellationen, unklar ist. So etwas kann destabilisierend wirken. Als Systemrisiko?Ich sehe das so. Zwischen 2012 und 2019 hat sich die Zahl der Verdachtsmeldungen auf 115 000 verzehnfacht und allein von 2018 von 77 000 um die Hälfte erhöht. Wird mehr gewaschen, sind Banken sensibilisierter, oder werden Monitoringsysteme besser?Ich würde es im Wesentlichen auf die Sensibilisierung der Verpflichteten zurückführen. Einige Fälle in der jüngeren Vergangenheit im Finanzsektor haben klar werden lassen, welch hohe Haftungsrisiken die Compliance-Beauftragten der Finanzinstitute haben können. Sie nehmen es so wahr, dass sie aus der Haftung und der strafrechtlichen Verantwortung nur rauskommen, wenn sie alle auffälligen Sachverhalte an die FIU melden. Und dann melden sie und melden und melden. Das ist per se ein positiver Trend, der zeigt, dass ein Bewusstsein für Geldwäscherisiken vorhanden ist. Steigendes Meldeaufkommen ist für uns insofern gar nicht das Problem. Aber es darf damit nicht die Erwartung einhergehen, dass alle uns bekannt gewordenen Daten zur Strafverfolgung gebracht werden. Wenn dem so wäre, bräuchte man die FIU nicht, die Banken könnten genauso gut direkt an die Strafverfolgungsbehörden melden.Richtig. So war es ja früher. Durch die Ausweitung des Straftatbestandes der Geldwäsche nach § 261 Strafgesetzbuch werden künftig alle Straftaten als Vortat der Geldwäsche gezählt. Dadurch kommt auf Banken, Strafverfolger und die FIU noch mehr Arbeit zu. Werden Sie mit dem zusätzlichen Pensum fertig?Welche Fälle sollen das eigentlich sein? Wir bekommen bereits jetzt in der ganz überwiegenden Zahl Geldwäscheverdachtsmeldungen, die von den Verpflichteten insbesondere wegen einfachen Betrugs abgegeben wurden. Welche Formen von bislang nicht als Vortat geeigneten Delikten werden denn künftig für die Bank erkennbar und dann zum Meldetatbestand? Die Strafbarkeit ist das eine, aber die Frage ist, welcher Verpflichtete erhält denn jetzt Einblick in zusätzliche Formen von Kriminalität? Dann wird es ja erst ein Meldetatbestand. Es wird sicherlich eine Form von Zuwachs geben. Wir wissen das zum Beispiel von Erträgen durch Wildtierhandel. Das ist etwas, wofür bisher die Sensibilität nicht bestand und das von der Vortat-Eignung nicht erfasst war. Haben Sie eine Ahnung, was da auf die FIU zukommt?Das lässt sich aus meiner Sicht nicht seriös quantifizieren, denn wie gesagt, ich frage mich, welche Sachverhalte eine Bank künftig als meldungsrelevant ansieht, die sie bislang nicht gemeldet hat. Betrug zum Beispiel ist bislang nur Vortat, wenn er gewerbsmäßig ist. Die Banken melden uns aber jede Form von Betrug. Wir als FIU bleiben bei unserem Kurs der strikten Risikoorientierung. Sie haben einen Datenpool, in den ständig neue Daten einfließen. Somit kann ein Sachverhalt, der bisher nicht weitergegeben wurden, weil er als nicht relevant genug eingestuft war, im Laufe der Zeit mit einer neuen Einschätzung versehen werden, so dass er ans LKA gemeldet wird.Das ist häufig der Fall und ein großer Pluspunkt unserer Arbeit. Viele Dinge sehen Sie erst in der zeitlichen Entwicklung. Deshalb ist es wichtig, einen guten und belastbaren Datenbestand zu haben. Das heißt, wir wollen gar nicht, dass möglichst wenig gemeldet wird. Wir wollen aber auch keine ausufernden Meldungen. Die FIU soll gar nicht über die Daten verfügen, die sie benötigt, weil sie keinen automatischen Datenzugriff auf die Polizei- und Steuerdaten von Bund und Ländern hat. Ist das richtig?Die FIU hatte über Schnittstellen von Anfang an einen automatischen polizeilichen Datenabgleich. Richtig ist, dass die FIU anfangs keine automatisierten Rückmeldungen zu Treffern in sogenannten sensiblen Dateien bekommen hat. Was ist das?Rockerkriminalität, Kinderpornografie, organisierte Kriminalität – Verfahren, die auch in den Landeskriminalämtern so sensibel sind, dass Mitarbeiter in den Nachbarbüros nicht wissen, was ihre Kollegen machen. Ich habe volles Verständnis, dass wir darauf keinen automatisierten Zugriff erhalten. Der Gesetzgeber hat aber mittlerweile mit einem sogenannten Hit-/No-Hit-Verfahren nachgebessert, in dem zwar keine inhaltlichen Angaben gemacht werden, das uns aber anzeigt, ob eine bestimmte Person Gegenstand eines sensiblen Ermittlungsverfahrens ist. Das reicht uns aus. Bei “normaler” Kriminalität erhalten wir aber den vollen Datensatz wie jede Polizeidienststelle. Darüber hinaus wurde der FIU auch der Zugriff auf das zentrale staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister eingeräumt, wodurch ihr eine weitere Quelle relevanter Informationen eröffnet wurde. Die Kritik kreist also in einem leeren Luftballon – nicht anerkennend, dass der Gesetzgeber längst nachjustiert hat. Seit wann haben Sie diese Möglichkeit?Seit 1. Januar 2020. Der Bundesrechnungshof soll dennoch in einem unter Verschluss stehenden Bericht genau das bemängeln, nämlich dass Sie nicht über die erforderlichen Daten verfügen. Warum wird das immer noch so beschrieben?Die aus unserer Sicht in der operativen Tätigkeit wichtigen Datenzugriffslücken sind spätestens seit Anfang des Jahres weitestgehend geschlossen. Ein immer wiederkehrender Vorwurf, gerade von Ermittlern, lautet ja, dass die FIU Verdachtsmeldungen zu langsam bearbeitet. Ist das noch so, oder liegt der Vorwurf darin begründet, dass Verdachtsmeldungen liegenbleiben, die zwar bearbeitet, aber nicht weitergemeldet werden?In der Anfangsphase der FIU von Mitte 2017 bis Anfang 2018 gab es noch keine elektronischen Schnittstellen zu unserem Bearbeitungssystem, also mussten wir – wie im vormaligen polizeilichen Meldesystem – Verdachtsmeldungen temporär weiterhin per Fax entgegennehmen und die Daten in die bereits existierende Datenbank einpflegen. Das ist seit langem erledigt. Heute erreichen uns die Meldungen über elektronische Schnittstellen. Jede Meldung wird unmittelbar nach ihrem Eingang erstgesichtet und priorisiert. Im Juli war die FIU Ziel einer Polizeirazzia wegen Verdachts auf Strafvereitelung im Amt. Acht Geldwäscheverdachtsmeldungen sollen nicht an Strafverfolger weitergegeben worden sein. Laufen die Ermittlungen noch?Es ist schwierig, zu einem laufenden Ermittlungsverfahren Stellung zu beziehen. Nach meiner Kenntnis läuft dieses Verfahren noch. Wir arbeiten hier eng mit der Strafverfolgungsbehörde zusammen, um alle Vorwürfe transparent aufzuklären. Früher war von Beschwerden seitens der Strafverfolgungsbehörden zu hören, es kämen zu viele Verdachtsmeldungen bei ihnen an. Mittlerweile gibt es Klagen, bei der FIU werde so viel aussortiert, dass den Ermittlern zu wenig vorliege. Wie gehen Sie denn jetzt damit um?Indem wir souverän bleiben. Im Übrigen werden wir womöglich auch nicht jeden Kritiker der Neuausrichtung der Geldwäschebekämpfung von uns überzeugen können. Mit ganz vielen Kolleginnen und Kollegen der Polizei haben wir bereits eine sehr enge Zusammenarbeit etabliert und bekommen kontinuierlich entsprechend positive Rückmeldungen, gerade auch aus den Landeskriminalämtern, die zu Beginn sehr kritisch waren. Wie viele der bei Ihnen auflaufenden Verdachtsmeldungen werden weitergeleitet an Ermittler, also vorwiegend an Staatsanwaltschaften und LKA?2019 etwa ein Drittel. Im internationalen Vergleich ist unsere Abgabequote damit hoch. Die Staatsanwaltschaften haben 2019 der FIU gut 17 500 Rückmeldungen über die von ihr eingereichten Verdachtsmeldungen gegeben. Würden Sie sich mehr wünschen, oder sind Sie damit zufrieden?Nein. Ich hätte eigentlich gerne zu jedem Fall eine Rückmeldung. Das ist aber schwierig, denn wir bekommen sie erst zum Ende des justiziellen Verfahrens. Einstellungsverfügungen bekommen wir schnell. Aber Urteile bekommen wir möglicherweise erst in zwei, drei Jahren. Die Banken wiederum beschweren sich, zu wenige Rückmeldungen von Ihnen zu bekommen.Diese Diskussion mit den Instituten ist eine lange geführte. Das Gesetz sieht vor, dass wir Rückmeldung geben. Diesen Auftrag erfüllen wir. Wir geben hier insbesondere eine Rückmeldung über die Qualität. Aber inhaltlich geben Sie keine Rückmeldung, also über den weiteren Stand des Verfahrens und ob Meldungen weitergereicht wurden oder nicht?An diesem Thema sind wir dran. Wir überlegen, künftig in geeigneten Fällen auch mitzuteilen, welche Meldungen wir weitergegeben haben. Welche Note würden Sie den Banken im Allgemeinen für die Qualität ihrer Verdachtsmeldungen an die FIU geben?Das Compliancewesen der Banken, nach dem zu beurteilen, was hier ankommt, ist im Wesentlichen in Ordnung bis gut. Teilweise sehr gut. Ich sehe den Nachholbedarf eher bei den Verpflichteten des Nichtfinanzsektors. Die ja nur sehr wenige Verdachtsmeldungen abgeben: 1,5 % des Gesamtvolumens. Woran liegt das?Das ist branchenspezifisch sehr heterogen. Im Immobilienhandel beispielsweise bohren wir gerade einiges auf. Der Jahresbericht 2020 wird schon mal mehr Meldungen von Maklern verzeichnen. Ich habe gesagt, dass ich denke, die Branche hat noch einiges nachzuholen. Und wir sehen jetzt, es bewegt sich so langsam. Sie haben den Finger in die Wunde gelegt und den Maklern gesagt, sie sollen bitte mehr melden? Und dann tut sich auch etwas?Die Kausalität ist schwer zu beweisen, ich würde aber unterstellen, dass es sie gibt. Bestehen Unterschiede zwischen Instituten, was die Güte der Verdachtsmeldungen angeht?Es gibt sehr qualifizierte Compliance-Beauftragte auch in kleinen Geldhäusern, und es gibt gelegentlich auch Meldungen großer Institute, die besser sein könnten. Die FIU hat sich neu organisiert. Warum die Neustrukturierung von zwei auf sieben Referate?Es ist eine schlanke Struktur, in der Aufgaben fachlich sinnvoll zusammengeführt wurden. Alle sind direkt bei mir angebunden. Durch das Wachstum von 165 auf 475 Mitarbeiter war es dringend nötig, angemessene Leitungsspannen zu haben. Handelt es sich um 475 Vollzeitäquivalente oder um Kopfzahlen?Vollzeitäquivalente. 75 im Overhead, also Organisation, Personal, Haushalt und IT-Betrieb, und 400 im fachlichen Bereich. Ist die Umstrukturierung abgeschlossen?Dieser Umbau ist beendet. Aber nach dem Umbau ist vor dem Umbau. Es wird weitere Personalzuführungen an die FIU geben: In der Planung sind mehrere Hundert Stellen. Wir gehen von einem Aufbau der FIU von derzeit 475 auf insgesamt circa 800 Stellen aus. Wir wären mit der künftigen Ausbaustärke, die zurzeit noch politisch in Planung ist, eine der größten, wenn nicht sogar die größte FIU weltweit. Was werden die tun? Bekommen sie auch neue Aufgaben?Teile davon umfassen neue Aufgaben, insbesondere, was die künftig zusätzlich zu registrierenden Verpflichteten angeht. Es werden sicherlich über eine Million Gewerbetreibende aller Art verpflichtet, sich zu registrieren. Bei dem steigenden Aufkommen an Verdachtsmeldungen ist es natürlich auch erforderlich, unsere Analyseeinheiten zu stärken, damit unsere Berichte für die Strafverfolgungsbehörden einen echten Mehrwert bieten. Und auch die strategische Zusammenarbeit mit den Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden sowie privatrechtlich organisierten Institutionen und Unternehmen des Finanz- und des Nichtfinanzsektors wollen wir weiter intensivieren. Ist das direkte Folge der Änderung des § 261 Strafgesetzbuch?Nein, das sehe ich unabhängig davon. 800 Mitarbeiter werden am Standort Köln-Dellbrück vermutlich nicht alle Platz finden.Nein. Die FIU wird künftig ihren Hauptsitz voraussichtlich in einem neuen, ausreichend großen Standort in Köln haben. Wann haben Sie die 800 Mitarbeiter?Das dürfte ein Prozess von zwei, drei Jahren sein. Qualifiziertes Personal?Selbstverständlich. Bislang bin ich zufrieden damit, wie es hier läuft. Insbesondere der Strukturwandel in der Finanzbranche trägt dazu bei, dass sich viele Leute aus den Geldhäusern bei der FIU bewerben. Sie haben viele Banker?Ja. Sie stellen also nicht nur frühere Compliance-Mitarbeiter aus Banken ein?Compliance ist ja davon abhängig, dass die Menschen merken, dass ein Sachverhalt “faul” ist. Wenn wir zum Beispiel aus dem Firmenkundengeschäft befähigtes Personal bekommen, sind sie mir genauso lieb. Denn sie wissen, wie Firmenkreditvergabe, Bonitätsprüfungen und verschachtelte Konzernstrukturen laufen, wie Haftungsfragen von Kapitalgesellschaften geregelt sind, wie eine Eigentümerstruktur recherchiert wird und dergleichen. Das Compliance-Geschäft zu kennen ist sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich. Sind Banken Ihre Hauptquelle, aus der sich neue Mitarbeiter speisen?Sie sind es zu einem guten Teil, und zum anderen Teil sind es Kolleginnen und Kollegen der Zollverwaltung. Wir sind Teil der Zollverwaltung, die einen eigenen kriminalistischen Zweig hat, den Zollfahndungsdienst und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Wir bemühen uns darum, Leute mit kriminalistischer Erfahrung aus dem Zollfahndungsdienst und anderen Teilen der Zollverwaltung zu bekommen. Parallel dazu brauchen wir Leute, die beispielsweise wissen, wie Versicherungsvertrieb funktioniert, denn auch über versteckte Provisionen kann ich Geld waschen. Leute, die wissen, wie Konzernstrukturen zusammengesetzt sind und wie Finanztransaktionen laufen. Wir müssen multidisziplinär arbeiten. Wie sieht es auf technologischer Seite aus? Es soll auch künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen.Ein entscheidender Schlüssel für erfolgreiche Geldwäschebekämpfung ist der Einsatz von potenter KI. Wir nutzen sie zurzeit im Probebetrieb. Die ersten Erfahrungen sind ermutigend. Für die Zukunft halte ich KI für unverzichtbar. Sie sind seit rund zweieinhalb Jahren Leiter der FIU. Worauf schauen Sie positiv?Ich bin gerne Behördenleiter und mag es, neuen Herausforderungen zu begegnen. Nämlich sehr gestalterisch zu sein und eine gerade aus dem Geburtsstadium hervorgegangene Behörde unter schwierigen Rahmenbedingungen zu konsolidieren. Das Interview führte Tobias Fischer.Bisher erschienen: Willkommen im Dunkelfeld (22. Dezember)