In der Politik ist „zu viel redundante DNA am Tisch“
„Zu viel redundante DNA am Tisch“
Axel Weber mahnt bei Firmenjubiläum von Flossbach von Storch Reformtempo in Deutschland an – Lindner hält dagegen
hei Köln
In einem Punkt waren sich die drei prominenten Teilnehmer der Podiumsdiskussion anlässlich des 25-jährigen Firmenjubiläums des Assetmanagers Flossbach von Storch (FvS) einig: Deutschland hat eine Rückkehr zu echtem Wachstum dringend nötig, +0,2% ist zu wenig. Axel Weber, Berater des Vorstands bei FvS, kritisierte dabei vor allem einen Regulierungsrahmen für die deutsche Wirtschaft, „der nicht zur deutschen Wirtschaft passt“. Der ehemalige Bundesbankchef und Ex-Präsident des UBS-Verwaltungsrats sprach angesichts wichtiger Leitbranchen wie Automobilindustrie, Chemie und Maschinenbau von einem mangelhaften Bekenntnis der Politik zum Industriestandort Deutschland. „Wir haben in Deutschland eine rot-grüne postindustrielle Illusion“, schimpfte Weber.
Unzufrieden ist der Manager, der im EZB-Rat stets für eine konservative Geldpolitik eingetreten ist, generell mit dem Reformtempo der Politik, ob es um die „missglückte“ Aktienrente, die stockende Kapitalmarktunion oder andere Zukunftsthemen geht. In Anlehnung an seine Erfahrungen in langatmigen und wenig entscheidungsfreudigen Debatten bei internationalen Beratungen unter Notenbankern verwies er auf das Bonmot eines Ex-Kollegen: „Hier ist zu viel redundante DNA am Tisch“, lautete damals dessen Befund, wenn die Diskussionen ufer- und tendenziell ergebnislos wurden.
Bundesfinanzminister Christian Lindner räumte zwar ein, dass es bei den drückendsten Wachstumsbremsen wie „Energiepreise, Steuern, Fachkräftemangel, überbordende Bürokratie“ nicht schnell genug vorangehe, allerdings störte er sich an einer ebenfalls ausufernden „Delegationskultur“, bei der die Wirtschaft unentwegt an der Klagemauer stehe. „Es ermüdet mich, dass ständig Forderungen an den Staat herangetragen werden. Nicht nur der Staat muss für Wettbewerbsfähigkeit sorgen, sondern jedes einzelne Unternehmen muss auch selbst seinen Beitrag leisten, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern“, unterstrich der Politiker.
Lindner stimmte allerdings mit Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing darin überein, dass es darum gehen muss, angesichts des großen Kapitalbedarfs in der Altersvorsorge oder für die Dekarbonisierung primär privates Kapital zu mobilisieren. Er erklärte, das beschlossene Generationenkapital sei „immerhin ein positives Signal für die Aktie“, es unterstreiche, dass „nicht der Kapitalmarkt das Risiko ist, sondern ein dauerhafter Verzicht auf den Kapitalmarkt“. Der Minister kündigte an, dass der konkrete Gesetzentwurf für einen ETF-Sparplan für die Altersvorsorge noch vor der Sommerpause vorgelegt werden solle.
Sewing wies unterdessen darauf hin, dass Deutschland es sich auch angesichts der geopolitischen Herausforderungen „nicht leisten kann, die Finanzindustrie nicht als strategisch anzusehen" und „ohne eigene Großbank“ dazustehen, die mit internationalen Champions mithalten könne. Es sei sein Anspruch, aus der Deutschen Bank einen solchen Champion zu formen. „32 Mrd. Euro Marktkapitalisierung kann nicht nur Anspruch sein!“ Allerdings brauche es dafür „ein Level Playing Field", gerade mit den amerikanischen Banken, betonte Sewing, der vehement für die Vollendung der Kapitalmarktunion eintritt.