6. FINANZPLATZTAG

In Sachen Kapital "am Anfang einer langen Reise"

National-Bank-Chef: Quoten der Banken im Mittelstand undenkbar - Fahrenschon bricht Lanze für Handel

In Sachen Kapital "am Anfang einer langen Reise"

ssc Frankfurt – Was die Kapitalquoten betrifft, steht die Bankenbranche erst “am Anfang einer langen Reise”. Diese These hat Thomas A. Lange, Vorstandsvorsitzender der Essener National-Bank, auf dem Finanzplatztag der Börsen-Zeitung geäußert. Wenn mittelständische Unternehmen Eigenkapitalquoten aufwiesen, die so niedrig seien wie die von vielen Instituten heute, würden Banken diesen gar nicht erst Kredit gewähren, gab Lange zu bedenken.Für sein eigenes Haus strebe er eine Quote von mindestens 15 % an – also weitaus mehr, als in Basel III gefordert sei, bekräftigte der National-Bank-Chef, der auch dem Vorstand des Bundesverbands deutscher Banken angehört. Nicht umsonst würden unter Schlagworten wie “Basel IV” und “Basel V” bereits zusätzliche Kapitalanforderungen zur Unterlegung von Staatsanleihen und anderen Risiken diskutiert.Vorschläge der europäischen Liikanen-Gruppe, Handelsaktivitäten intern vom Einlagen- und Kreditgeschäft der Banken abzugrenzen, hält Lange für grundsätzlich gut. Der Ansatz, die von diesen Regeln potenziell betroffenen Institute zu ermitteln, indem die Größe des Handelsbuchs ins Verhältnis gesetzt werde zum Umfang der Bilanz, sei richtig, sagte Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Allerdings wolle er “eine Lanze für diejenigen brechen, die bewusst auch eine Handelsbank sein wollen”, bekräftigte er.Sogar Finanzministerien bräuchten schließlich einen Dienstleister für Handelsaktivitäten. Zudem dürfe eine Regulierung nicht dazu führen, dass am Ende nur noch Investmentbanken übrig blieben, “die zu 100 % von der Wall Street gesteuert werden”, so der DSGV-Präsident.Für Auslandsbanken mit Muttergesellschaften in den USA, Großbritannien oder der Schweiz wiederum sei es ein großes Problem, wenn an allen Standorten unterschiedliche Regelwerke aufgestellt würden, sagte Stefan Winter, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland . Das könne “in Zukunft noch schwieriger werden”. Winter ist im Hauptberuf Vorstandsmitglied der UBS Deutschland AG.Aber auch Vertreter der Bankenbranche selbst hätten noch einiges zu lernen, führte National-Bank-Chef Lange aus. Zweifelhaft seien zum Beispiel Zielvereinbarungen im Geschäft mit Bankdienstleistungen, die seit der zweiten Hälfte der neunziger Jahre en vogue seien. Kaum vorstellbar sei, dass analog zu dem bei Bankangeboten gebräuchlichen Vorgehen beispielsweise eine Zahnarztpraxis ihren Mitarbeitern vorgebe, in einem bestimmten Zeitraum “fünf Brücken, drei Kronen und ein neues Gebiss” zu verkaufen, so Lange. Bei der National-Bank gebe es daher heute “keine Zielvereinbarungen in der Betreuung unserer Kunden”.Insgesamt habe die Bankerzunft “Vertrauen verspielt”, und zwar nicht nur bis zur Finanzmarktkrise, sondern auch anschließend bei ihrer Bewältigung, so der National-Bank-Chef. 2007 bis 2009 habe die Branche “viel zu früh von den Lehren gesprochen, die wir gezogen haben”. Sehr ähnlich hatte sich am Tag zuvor bereits Rainer Neske, Privatkundenvorstand der Deutschen Bank, geäußert (vgl. BZ vom 27. Februar).