Inflation stresst Versicherer
la Frankfurt
Der „Zangengriff“ aus hoher Inflation und niedrigen Kapitalmarktzinsen führt zu sinkender Realverzinsung. Diese ist laut der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) aktuell so negativ wie nie und werde auch mittelfristig negativ bleiben. Darunter leide die Lebensversicherung. Die DAV fordert daher von der Politik, die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. Versicherer müssten mehr in chancenreiche Anlagen investieren können. Wichtig sei die Lockerung der vollständigen Beitragsgarantie bei Riester bzw. in Teilen der betrieblichen Altersversorgung und umfasse auch die Anpassung handels- oder aufsichtsrechtlicher Hürden für Anlagen in Aktien und Infrastruktur. Außerdem sei jetzt die EZB gefordert, die Zinsen schrittweise zu erhöhen.
Die massiv angestiegene Inflation wird sich mittel- bis langfristig aber auch auf die Schaden- und Krankenversicherung auswirken. In den Schadensparten folgen die Prämien oft automatisch offiziellen Indizes, wie in der Wohngebäudeversicherung dem Baupreisindex oder in der Kfz-Versicherung dem Reparaturkostenindex. Generelle Prognosen zu Prämienerhöhungen lassen sich laut DAV daraus jedoch nicht ableiten, da Umfang und Geschwindigkeit von Preisanpassungen sehr unternehmensindividuell seien.
In der privaten Krankenversicherung war bisher der medizinisch-technische Fortschritt Treiber der Gesundheitskosten, der durch die Inflation nicht per se beschleunigt wird. Nun aber sei damit zu rechnen, dass die ohnehin seit Jahren steigenden Medikamentenkosten zusätzlich von steigenden Herstellungskosten getrieben würden, so die DAV. Und eine große Unbekannte in den Modellen seien zudem die Folgen der Inflationsentwicklung auf die kommenden Tarifabschlüsse und damit die Lohnkosten im Gesundheitswesen. Mit Prämienanpassungen sei wegen des komplexen Verfahrens aber wohl erst für 2024 zu rechnen.
Die steigenden Zinsen führen zu deutlich höheren Solvenzquoten der Versicherer. Lagen sie im Schlussquartal 2021 bereits bei 260 %, sind sie im ersten Quartal voraussichtlich auf über 300 % geklettert. Die höheren Zinsen haben auch dazu geführt, dass die seit 2011 zu stellende Zinszusatzreserve inzwischen in vielen Versicherungsunternehmen komplett ausfinanziert ist. Mit steigenden Zinsen baut sich diese Reserve zudem ab. Die frei werdenden Mittel kommen jedoch wohl erst mittelfristig als Überschussbeteiligung bei den Versicherten an. Denn durch den aktuellen Zinsanstieg werden in den HGB-Bilanzen der Versicherer sogenannte stille Lasten aufgebaut, die wohl zuerst ausgeglichen werden.
Wertberichtigt Seite 8