Genossenschaftsbanken

Inflation und Zinswende schmerzen

Ein schwächeres Immobiliengeschäft, Abschreibungen auf die eigenen Wertpapiere und erhöhte Rückstellungen für Pensionen – die Wiesbadener Volksbank hatte 2022 mit Inflation und Zinswende zu kämpfen.

Inflation und Zinswende schmerzen

sto Frankfurt

Die Wiesbadener Volksbank hat die sprunghaft gestiegene Inflation und die Zinswende der EZB auf mehreren Ebenen schmerzhaft zu spüren bekommen. Die Inflation sorgte für höhere Rückstellungen bei Pensionen und erhöhte die Sachkosten. Die Zinswende bremste das Immobiliengeschäft aus, erhöhte die Refinanzierungskosten bei der DZ Bank und sorgte für Abschreibungen bei Eigenanlagen. Unterm Strich sorgte dies für einen erheblichen Rückgang von mehr als einem Viertel auf einen Jahresüberschuss von 11 Mill. Euro, wie die Bank bei ihrer Bilanz-Pressekonferenz am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte.

Dennoch begrüßte Vorstandsvorsitzender Matthias Hildner die Kehrtwende der Notenbanken, da die Belastungen nur temporär seien und sich die Ertragsaussichten im Zinsgeschäft endlich wieder normalisierten. „Unser Geschäftsmodell ist robust, operativ haben wir gute Ergebnisse erzielt“, blickte er auf das vergangene Jahr zurück.

Die jähe Zinswende der EZB, die die Kredite für die Kunden verteuerte, sorgte in Wiesbaden für ein rückläufiges Immobiliengeschäft. Bei den Privatkunden wurden ein Viertel weniger Kredite genehmigt als im Vorjahr, bei den Gewerbekunden war es ein Rückgang von einem Zehntel. Der Kreditbestand wuchs insgesamt um 9 % auf 5,56 Mrd. Euro. Für das laufende Jahr erwartet Hildner eine Fortsetzung des Immobilienfinanzierungsgeschäfts auf niedrigerem Niveau als zu den Boomzeiten der Vorjahre sowie ein Kreditbestandswachstum von nur noch 2,5 %. Allerdings geschehe dies auf einem wesentlich höheren Zinsniveau, was die Ertragsaussichten trotz des schwächeren Kreditneugeschäfts deutlich verbessere.

Da bei der Wiesbadener Volksbank der Schwerpunkt des Kreditgeschäfts bei Immobilien liegt, sind trotz Konjunkturschwäche keine ernsthaften Probleme bei der Risikovorsorge zu erwarten. War diese im zurückliegenden Jahr leicht positiv, wird für den laufenden Turnus konservativ gerechnet mit −9 Mill. Euro geplant.

Das Bewertungsergebnis zeigte sich 2022 dennoch stark belastet, und zwar durch die marktbedingt temporären Abschreibungen auf den eigenen Wertpapierbestand (930 Mill. Euro), insbesondere auf die Unternehmensanleihen durch den Zinsanstieg. Das Bewertungsergebnis verschlechterte sich daher von −8,6 auf −21,9 Mill. Euro. Da die Anleihen aber bis Fälligkeit gehalten werden, werden sich diese Belastungen perspektivisch wieder in Zuschreibungen umkehren.

Ziemlich drastisch machte sich die Zinswende im Personalaufwand bemerkbar, der um ein Fünftel auf 68,1 Mill. Euro stieg. Denn die rasant gestiegenen Preise machten eine Anpassung des Rentenniveaus bei den Pensionsrückstellungen von 18 % notwendig. Die Sachkosten wurden u.a. durch die gestiegenen Energiepreise um fast 4 % nach oben getrieben.

Trotz des Gewinnrückgangs sollen die Anteilseigner eine stabile Dividende von 3 % erhalten. Für das laufende Jahr erwartet Hildner wieder ein besseres Ergebnis.

Wiesbadener Volksbank
Kennzahlen nach HGB
in Mill. Euro20222021
Zinsüberschuss 108,1110,4
Provisionsüberschuss 38,238,3
Verwaltungsaufwand 100,887,9
Betriebserg. vor Bew. 49,658,2
Bewertungsergebnis −21,9−8,6
Jahresüberschuss 11,015,1
Aufwand-Ertrag-Rel. (%) 69,061,4
Bilanzsumme 78827305
Börsen-Zeitung