GASTBEITRAG

Institutsvergütung 3.0 - teils entschärft, teils überraschend

Börsen-Zeitung, 21.1.2017 Eine Zeit voller Anspannung geht zu Ende: Die deutschen Banken hatten mit Nervosität die stark verschärften regulatorischen Anforderungen an die Vergütungsgestaltung durch Neufassung der Institutsvergütungsverordnung...

Institutsvergütung 3.0 - teils entschärft, teils überraschend

Eine Zeit voller Anspannung geht zu Ende: Die deutschen Banken hatten mit Nervosität die stark verschärften regulatorischen Anforderungen an die Vergütungsgestaltung durch Neufassung der Institutsvergütungsverordnung bereits lange erwartet. Der Konsultationsentwurf von August und vor allem die Auslegungshilfe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) enthielten eine gewisse Brisanz. Nun, mit leichter Verspätung, hat die Behörde den finalen Entwurf für die zweite Novelle, also für die Institutsvergütung 3.0, veröffentlicht.Anders als im ersten Entwurf wird der Geltungsbereich nicht drastisch erweitert. Die BaFin hatte zwar im Dezember angekündigt, dass nicht alle Institute Risikoträger identifizieren müssen, sondern nur, wie bisher, bedeutende Institute. Doch mit Blick auf den Gesamtkontext ist es überraschend, dass die Definition für bedeutende und nicht bedeutende Institute im endgültigen Entwurf beibehalten wurde. Die Finanzbehörde hatte zwar schon seit Längerem Befürchtungen beschwichtigt, dass das Proportionalitätsprinzip wegfallen könnte. Die Veröffentlichung der Richtlinien der European Banking Authority (EBA) vor rund einem Jahr hatte Ängste geschürt, dass die Differenzierung zwischen den Instituten abgeschafft werden könnte. Auch wenn sich die Finanzbehörde zum Proportionalitätsprinzip bekannt hatte, folgte sie in ihrem ersten Konsultationsentwurf vom August der EBA-Empfehlung, die Pflicht zur Identifizierung von Risikoträgern zu verallgemeinern.Da die EU-Kommission Ende November ihre Pläne mitgeteilt hatte, wonach nur Institute mit einer Bilanzsumme unter 5 Mrd. Euro nicht alle Regeln umsetzen müssen, hat der jüngste Entwurf überrascht. Die BaFin belässt nun die Grenze für bedeutende Institute bei 15 Mrd. Euro. Somit wird sich der Kreis der betroffenen Institute nicht so stark ausweiten wie angenommen. Viele Sparkassen oder Genossenschaftsbanken werden von einem stark erhöhten Administrationsaufwand verschont. Sie müssen nun keine Risk-Taker-Analyse erstellen, also keine Identifizierung von Mitarbeitern, deren Tätigkeit einen maßgeblichen Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts hat.Die Institute müssen zu den europaweit einheitlichen Identifizierungskriterien lediglich weitere interne Kriterien definieren. Dies könnte die Anzahl der Risikoträger leicht erhöhen. Unter Risk Taker fallen alle Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie das Senior Management, also die Führungsebene unter dem Vorstand. Außerdem zählen auch Bankangestellte dazu, die Kredite ab 0,5 % des harten Kernkapitals vergeben dürfen. Risk Taker ist übrigens kein Synonym für Spitzenverdiener. Auch Mitarbeiter mit einem Jahresgehalt zwischen 60 000 und 70 000 Euro brutto können in diese Kategorie fallen. Strenge “Clawback”-RegelnEine wichtige Änderung für deutsche Banken ist die Einführung von Rückforderungen für bereits gewährte Bonuszahlungen, die sogenannten Clawbacks. Hier wurde der ursprüngliche Entwurf sogar verschärft. Ursprünglich sollten Clawbacks bis zum Ende des Deferral – der Zurückbehaltungsfrist für Boni – greifen, also in etwa drei bis fünf Jahren nach Bonusgewährung. Jetzt wurde die Frist um zwei Jahre verlängert. Muss ein Bonus etwa fünf Jahre aufgeschoben werden, so können Bonusanteile bis zu sieben Jahre nach Bonusgewährung zurückgefordert werden.Clawbacks sind ab dem 1. März in Deutschland Pflicht. Bisher sind nur Deferrals vorgeschrieben. Hierfür wird ein Teil des Bonus nicht sofort ausgezahlt, sondern von der Bank einbehalten. Nur dieser geparkte Anteil konnte gekürzt oder komplett gestrichen werden. Deferrals wurden für Risk Taker angewandt. Für sie dürfen bereits vor Inkrafttreten der Novelle Boni ab einer Höhe von 50 000 Euro nicht am Stück ausgezahlt werden, sondern nur über einen Zeitraum von mindestens drei bis fünf Jahren. Die Capital Requirements Directive (CRD) hatten Clawbacks zwar bereits vorgesehen. In Deutschland hatte man diese aber bisher nicht umgesetzt. Hauptargument waren arbeitsrechtliche Hürden.Doch dringlicher als die Konkretisierung der Clawback-Regeln waren für Banken die noch offenen Punkte zur Abfindung. Dass Abfindungen nun zwar als variable Vergütung behandelt werden, aber nicht mehr unbedingt die gleichen Auflagen wie Boni erfüllen müssen, bedeutet für Banken eine wahre Erleichterung. Hier hat sich die BaFin an die Realität angepasst: So können Abfindungen auch bei einer negativen Ertragslage gezahlt werden und müssen nicht unbedingt auf die Bonusobergrenze von eins zu eins zur fixen Vergütung angerechnet werden. Abfindung praxisnahDiese Erleichterung ist wichtig, da so der Stellenabbau in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nun nicht erschwert wird. Andernfalls hätten Abfindungen nur ausgezahlt werden dürfen, wenn es die Ertragslage am Jahresende auch erlauben würde. Bei Abfindungen zu einem deutlich früheren Zeitpunkt im Jahr wäre es schwierig geworden, dies festzustellen. Auch ein anderer Punkt war ursprünglich problematisch: Eine Grundformel für eine Abfindung für langjährige Mitarbeiter ist in der Regel ein Monatsgehalt pro Jahr im Unternehmen. Das wäre bei Mitarbeitern, die zum Beispiel 20 Jahre in einer Bank gearbeitet haben, schwierig geworden. Denn hier hätte dann auch der Bonus-Cap, der die Höhe deckelt, gegolten. Der Bonus eines Bankmitarbeiters darf maximal die Höhe der Fixvergütung und in Ausnahmefällen das Doppelte betragen.Eine weitere Änderung im Vergleich zum ersten Konsultationsentwurf vom Sommer ist, dass Mitarbeiter der Fondssparte einer Bank nicht unter die Institutsvergütungsverordnung fallen. Auf sie werden die zum Teil deutlich schärferen Bonusregelungen, die für ihre Kollegen aus dem Investment Banking gelten, nicht angewandt. Nur wenn diese Mitarbeiter einen Einfluss auf das Risikoprofil der gesamten Bankengruppe haben, unterliegen sie den strengeren Regeln.Die Novelle der Institutsvergütungsverordnung regelt auch einige weitere Punkte neu. So zählt die betriebliche Altersversorgung nun grundsätzlich zur Vergütung – genauso wie auch Dienstwagen. Um den administrativen Aufwand zu verringern, gab es noch eine Erleichterung im Vergleich zum ersten Konsultationsentwurf: Nicht wesentliche Vergütungsbestandteile müssen nicht mehr als Vergütung erfasst und berichtet werden. So muss zumindest in Zukunft der Blumenstrauß zum Dienstjubiläum oder das Diensttelefon nicht als Vergütung erfasst werden. Allerdings: Die Vergütung bei Banken wird insgesamt intransparenter. Früher war leicht ersichtlich, was die Grundvergütung ist. Es war auch klar, dass die variable Vergütung den Bonus umfasst. Nun wird es schwieriger werden, herauszulesen, was ein Mitarbeiter verdient.—-Florian Frank, Leiter Rewards in Deutschland Willis Towers Watson —-Michael Heisig, Senior Berater Willis Towers Watson