Investmentfonds werden grundsätzlich neu besteuert
Der von der Bundesregierung am 24. Februar 2016 gebilligte Entwurf eines Investmentsteuerreformgesetzes bedeutet eine Zäsur bei der Besteuerung von Erträgen, die im Rahmen der Vermögensanlage in einen Investmentfonds erzielt werden. Anders als bisher ist zukünftig nicht mehr die tatsächliche Ertrags- und Vermögenslage des Investmentfonds maßgeblich, sondern eine anhand pauschaler Werte ermittelte Bemessungsgrundlage. Eine Ausnahme ist lediglich für Spezial-Investmentfonds vorgesehen, die jedoch in der Regel nicht für Privatanleger zugänglich sind.Der Gesetzesinitiative der Bundesregierung ist eine jahrelange Diskussion vorangegangen, die das hessische Ministerium der Finanzen initiiert hatte. In deren Verlauf gab es zunächst erhebliche Kritik sowohl seitens der Interessenverbände als auch der Politik. Befürchtet wurde insbesondere eine Steuererhöhung sowie daraus resultierend ein Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Anlageprodukten. Den Befürwortern der Investmentsteuerreform ist es gleichwohl gelungen, die Vorbehalte im Lauf der Diskussion weitgehend zu zerstreuen. Bundesregierung stimmt zuZu dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung hat der Bundesrat am 22. April 2016 seine Stellungnahme abgegeben, in der er die Reformpläne befürwortet und lediglich marginale Änderungen und Prüfungen anregt. In seiner Gegenäußerung vom 4. Mai 2016 hat das Bundeskabinett für die Mehrzahl der Punkte eine genauere Prüfung zugesagt. Insbesondere aufgrund der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages am 9. Mai 2016 haben sich aber weitere Aspekte ergeben, zu denen sich die Länderreferenten dem Vernehmen nach am 25. Mai 2016 beraten haben. Auch wenn insoweit offenbar noch Handlungsbedarf gesehen wird, dürften sich die möglichen Änderungen in einem überschaubaren Rahmen bewegen und das Gesetzgebungsverfahren noch vor der parlamentarischen Sommerpause abgeschlossen sein.Die neuen Besteuerungsregeln werden ab dem 1. Januar 2018 anwendbar sein, unabhängig vom Anschaffungszeitpunkt der Investmentanteile und dem Geschäftsjahr des Investmentfonds. Bei Investmentanteilen im Privatvermögen, die vor dem 1. Januar 2009 und somit vor Einführung der Abgeltungsteuer angeschafft wurden, bleiben Wertveränderungen zwischen dem Anschaffungszeitpunkt und dem 31. Dezember 2017 steuerfrei. Die ab dem 1. Januar 2018 eintretenden Wertveränderungen sind hingegen steuerpflichtig, soweit der Veräußerungsgewinn einen Freibetrag in Höhe von 100 000 Euro übersteigt.Inhaltlich ist der Kern der anstehenden Investmentsteuerreform die Abkehr vom sogenannten Transparenzprinzip. Nach diesem seit jeher geltenden Grundsatz soll der Anleger in einem Investmentfonds grundsätzlich so besteuert werden, als hätte er unmittelbar und ohne Zwischenschaltung des Investmentfonds in die zugrundeliegenden Anlagegegenstände investiert. Hierzu wird der Investmentfonds von der Körper- und Gewerbesteuer befreit und eine Steuerbelastung fällt ausschließlich auf Anlegerebene an, wobei diese nicht höher, aber auch nicht geringer sein soll als bei der Direktanlage.Das Transparenzprinzip schafft somit zwar den Rahmen für eine zutreffende Besteuerung des Anlegers, bedingt aus Sicht der Finanzverwaltung und des Gesetzgebers jedoch eine nicht zu rechtfertigende Komplexität, verursacht erhebliche Haushaltsrisiken aufgrund eines möglichen Verstoßes gegen europarechtliche Vorgaben und erhöht die Gefahr, dass Investmentfonds für Gestaltungsmodelle eingesetzt werden.Die identifizierten Probleme lassen sich insbesondere nach Einschätzung der Finanzverwaltung nur durch eine Beseitigung des Transparenzprinzips lösen. Die Erträge aus einem Investmentfonds sollen zukünftig daher auf Basis des Trennungsprinzips besteuert werden, wonach ähnlich wie bei einer Kapitalgesellschaft sowohl der Investmentfonds als auch der Anleger der Besteuerung unterworfen sind. Der Investmentfonds ist hierbei nicht vollständig, sondern lediglich partiell körperschaftsteuerpflichtig, das heißt insbesondere mit deutschen Dividenden und Mieten sowie Gewinnen aus der Veräußerung von in Deutschland gelegenen Immobilien.Der Anleger versteuert zukünftig die Ausschüttungen eines Investmentfonds unabhängig von ihrer Zusammensetzung (zum Beispiel auch Kapitalrückzahlungen), eine sogenannte Vorabpauschale sowie den Gewinn beziehungsweise Verlust aus der Veräußerung von Investmentanteilen. Insbesondere die Vorabpauschale stellt hierbei ein Novum dar, weil sie nicht etwa auf Basis der tatsächlichen Erträge des Investmentfonds ermittelt wird, sondern aus der Anwendung von 70 % des Basiszinses auf den ersten Rücknahmepreis des Investmentanteils am Anfang des Kalenderjahres resultiert. Etwaige Ausschüttungen des Investmentfonds werden hierbei abgezogen, um im Ergebnis sicherzustellen, dass der Anleger zumindest eine risikolose Marktverzinsung versteuert.Laut Gesetzesbegründung soll die Vorabpauschale vermeiden, dass die Erträge auf der Ebene des Investmentfonds dauerhaft steuerfrei thesauriert werden können. Gleichwohl ist anzumerken, dass die Vorabpauschale zum einen die Komplexität des neuen Systems signifikant erhöht und folglich einem der Motive der Reform zuwiderläuft. Zum anderen bedeutet sie eine erhebliche Benachteiligung der Investmentanlage gegenüber der Direktanlage, auch wenn die Gesetzesbegründung dies naturgemäß anders einschätzt. Es wäre begrüßenswert gewesen, wenn sich der Gesetzgeber zu einer echten Cash-flow-basierten Besteuerung hätte durchringen können. Teilfreistellung möglichZwecks Ausgleich der steuerlichen Vorbelastung auf der Ebene des Investmentfonds kann auf die Ausschüttungen, die Vorabpauschale und auf den Gewinn aus der Veräußerung von Investmentanteilen eine Teilfreistellung zur Anwendung gelangen, wenn es sich um einen Aktien-, Misch- oder Immobilienfonds handelt. Für Anleger wird es wichtig sein, dass die entsprechenden Anforderungen von dem Investmentfonds erfüllt werden.Im Ergebnis wird das Investmentsteuerreformgesetz erhebliche Auswirkungen auf Investmentfonds, Anleger, Banken und Verwahrstellen haben. Ob sich für Anleger eine steuerliche Mehrbelastung ergibt, hängt im Wesentlichen von der Höhe des Basiszinses ab, dessen Entwicklung daher sorgfältig beobachtet werden sollte.Für institutionelle Anleger, die in Spezial-Investmentfonds investiert sind, wird sich verhältnismäßig wenig ändern, weil insoweit das Transparenzprinzip fortgeführt wird, wenn auch in erheblich modifizierter Form. Soweit institutionelle Anleger demgegenüber in Investmentfonds investiert sind, ist eine Analyse der steuerlichen Auswirkungen mehr als empfehlenswert, um gegebenenfalls in Spezial-Investmentfonds umzuschichten und so Performanceverluste zu vermeiden. Im Hinblick auf Spezial-Investmentfonds ist allerdings anzumerken, dass auch für diese eine Abschaffung des Transparenzprinzips in nicht allzu ferner Zukunft diskutiert werden könnte.—-Alexander Wenzel, Partner Financial Services Deloitte