Investmentsteuerreform steht auf dem Prüfstand

Ambitionierte Agenda - Wirklich zukunftsweisende Reform beschließen

Investmentsteuerreform steht auf dem Prüfstand

Am 24. Februar 2016 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz – InvStRefG) beschlossen. Nachdem sowohl Diskussions- als auch Referentenentwurf bei der Fondsbranche und deren Investoren auf – zum Teil heftige – Kritik gestoßen waren, wurde an verschiedenen Stellen nachgebessert. Zum einen durch höhere und nach Anlegergruppen differenzierte Teilfreistellungssätze oder die Berücksichtigung der Steuerbefreiung von Pensions- und Unterstützungskassen, die im Regierungsentwurf dann auch auf Versorgungswerke ausgedehnt wurde. Zum anderen ist – zumindest vorläufig – die geplante Einschränkung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen entfallen. Und schließlich soll auch die Umsatzsteuerbefreiung auf die Managementvergütung auf – offene – alternative Investmentfonds (AIF) ausgeweitet werden.Ob mit dem nunmehr beschlossenen Regierungsentwurf das Ziel, ein einfacheres, gut administrierbares und zugleich aufkommenssicheres Regime der Investmentbesteuerung zu schaffen, welches zudem EU-rechtskonform ist, erreicht werden kann, bleibt aber dennoch offen. Intransparentes SteuersystemDer Regierungsentwurf knüpft weiter an das schon im Diskussionsentwurf enthaltene neue Grundkonzept an, und zwar die Einführung einer intransparenten Besteuerung bei (Publikums-) Fonds auf der einen Seite und die Beibehaltung der semitransparenten Besteuerung bei Spezial-Investmentfonds auf der anderen Seite. Die erst durch das AIFM-Steueranpassungsgesetz eingeführte Unterscheidung zwischen Investmentfonds und (Personen- beziehungsweise Kapital-) Investitionsgesellschaften wird damit schon wieder aufgegeben.Zu den wesentlichen Neuerungen gehört zunächst, dass Personengesellschaften im Grundsatz vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen werden. Für einen “normalen” Investmentfonds im Sinne des InvStRefG ist es sodann unerheblich, wie er rechtlich ausgestaltet ist und in welche Anlagegegenstände er investiert. Er unterliegt jedenfalls künftig partiell mit bestimmten inländischen Einkünften der Körperschaftsteuer. Im Übrigen findet die Besteuerung auf Anlegerebene statt. Diese werden auf Basis von Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Gewinnen aus der Veräußerung von Fondsanteilen besteuert.Für Spezial-Investmentfonds soll das System der semitransparenten Besteuerung beibehalten werden, allerdings nur dann, wenn der Fonds in einen sehr dezidiert ausgestalteten konservativen Katalog von Anlagegegenständen, die zum Teil wiederum mit zu geringen Anlagegrenzen kombiniert werden, investiert. Ein solcher Katalog findet sich allerdings nicht im Aufsichtsrecht, also dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), so dass es im Ergebnis zu einem schwerwiegenden Bruch von Aufsichts- und Steuerrecht kommt. Unverständlich ist dabei zudem, dass dieser Katalog gegenüber dem Status quound auch dem Diskussionsentwurf signifikant verschärft wurde, unter anderem durch den geänderten – engen – Wertpapierbegriff, der zum Beispiel nicht notierte Schuldverschreibungen ausschließt, und durch signifikante Beschränkungen der Anlagen in Zielfonds, die gerade im Hinblick auf den Anlagenotstand vieler Investoren und die fehlenden Renditemöglichkeiten bei traditionellen Anlageklassen und -konzepten kontraproduktiv sind. Diskriminierung von AIFIm Ergebnis wird eine Vielzahl von alternativen Investmentfonds – und zwar nicht nur Fonds für Kleinanleger, wie es in der Begründung mehrfach suggeriert wird, sondern auch entsprechende alternative Investmentfonds für institutionelle beziehungsweise (semi-) professionelle Anleger – ausnahmslos aus dem Besteuerungsregime für Spezial-Investmentfonds ausgeschlossen. Durch den überkommenen Katalog der “privilegierten” Vermögensgegenstände werden gleichzeitig wichtige Anlageklassen diskriminiert, die für Einrichtungen der Altersvorsorge wie Versicherungen, Pensionskassen etc. im andauernden Niedrigzinsumfeld wichtiger denn je sind. Denn genau diese Anlageklassen (zum Beispiel Infrastruktur, Private Debt, Absolute Return) können nicht beziehungsweise nur sehr eingeschränkt für Spezial-Investmentfonds erworben werden.In Kombination mit der Einführung der Pauschalbesteuerung und der partiellen Aufgabe des Realisationsprinzips, dem Regel-Ausnahmeprinzip von intransparentem und transparentem System, neuen Risiken im Hinblick auf die Gestaltungsanfälligkeit und die EU-Rechtswidrigkeit sieht daher der BAI auch den Regierungsentwurf weiterhin kritisch. Widersprüchliche RegelnZielsetzung im weiteren parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren muss daher sein, zum einen die Anlagemöglichkeiten von Spezial-Investmentfonds i. S. d. Steuerrechts an diejenigen für Spezial-AIF i. S. d. Aufsichtsrechts anzugleichen. Gleichzeitig sollte alternativen Investmentfonds, die nicht die engen Anforderungen an einen Spezial-Investmentfonds erfüllen, die Option eingeräumt werden, für Steuerzwecke als Investmentvermögen in der Rechtsform einer Personengesellschaft behandelt zu werden beziehungsweise hilfsweise als Spezial-Investmentvermögen unter Verzicht auf das Thesaurierungsprivileg.Die Widersprüchlichkeit und der Anachronismus der hier skizzierten Regelungen zeigen sich gerade auch im politischen Kontext. Sowohl Bundesregierung als auch EU-Kommission wollen Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen (KMU), erneuerbare Energien, Infrastruktur (außerhalb von ÖPP) und Venture Capital durch private Investoren explizit fördern (vgl. nur das Grünbuch der EU-Kommission zur Schaffung einer Kapitalmarktunion und den Bericht “Stärkung von Investitionen in Deutschland” der Expertenkommission im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft und Energie). Neben konkreten Initiativen und Gesetzesvorschlägen der EU-Kommission wird auch die Bundesregierung schon kurzfristig Eckpunkte zur Änderung der institutionellen Rahmenbedingungen für Infrastrukturinvestitionen vorstellen.Die sonderbare Folge des Entwurfs – sollte er in dieser Form verabschiedet werden – wäre aber, unmittelbar und tatsächlich derartige Investitionen zu verhindern! Viele Fonds, die häufig für die Altersvorsorge vorgesehene Gelder verwalten, würden bei Umsetzung künftig – insofern steuerlich motiviert – nicht (mehr) in derartige Vermögensgegenstände investieren, was sowohl für die Anleger als auch volkswirtschaftlich nachteilig wäre. UmsatzsteuerbefreiungSchließlich muss unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 9. Dezember 2015 (Rs. C-595/13; Fiscale Eenheid) endlich klargestellt werden, dass auch die Verwaltung von geschlossenen Fonds, die dem KAGB unterliegen, unter die Umsatzsteuerbefreiung fällt. Die auch im Regierungsentwurf manifestierte sehr enge Interpretation dürfte unionsrechtlich nicht mehr haltbar sein.Anpassungsbedarf besteht schließlich auch im Hinblick auf die neue BFH-Rechtsprechung zur Pauschalbesteuerung von sogenannten “intransparenten Fonds”, hat dieser doch die Unvereinbarkeit der Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG mit dem Unionsrecht festgestellt. Dennoch soll aber auch nach dem Regierungsentwurf an diesem System festgehalten werden. Enger ZeitplanNoch vor der Sommerpause soll das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein. Es bleibt zu hoffen, dass sich Bundestag und Bundesrat die notwendige Zeit nehmen, um eine wirklich zukunftsweisende Reform zu beschließen. Dazu gehört insbesondere, dass es- weder zu einer Ungleichbehandlung von Investmentvehikeln im Hinblick auf deren Anlagestrategie, Anlagegegenstände, Strukturierung oder Ansässigkeit- noch zu einer Ungleichbehandlung von deren Anlegern kommt und zudem- sinnvolle – alternative – Anlagemöglichkeiten in Infrastruktur, Private Equity, Private Debt, Absolute Return etc. nicht ausgeschlossen oder behindert werden.—Frank Dornseifer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Alternative Investments (BAI)