Italiens Finanzinstitute geben Rom eine Liquiditätsspritze
Italiens Finanzinstitute geben Rom eine Liquiditätsspritze
Vorübergehender Sonderbeitrag zur Finanzierung des Haushalts der beiden kommenden Jahre wird später zurückgezahlt
bl Mailand
Mit einer Art Sonderbeitrag sollen Italiens Banken und Versicherungen in den kommenden beiden Jahren insgesamt 3,5 Mrd. Euro zum Stopfen von Haushaltslöchern beitragen. Doch anders als im Sommer 2023, als eine Sondersteuer auf „Übergewinne“ der Finanzinstitute für ein Beben an den Börsen sorgte, blieb es nun ruhig an den Märkten. Diesmal muss Premierministerin Giorgia Meloni wohl nicht zurückrudern.
Beitrag für Gesundheitssystem
Denn die Regelung ist das Ergebnis längerer Verhandlungen mit dem Bankenverband ABI über einen „freiwilligen Beitrag“ zur Finanzierung des maroden Gesundheitssystems. Auf die Banken entfallen davon 2,5 Mrd. Euro, auf Versicherungen 1 Mrd. Euro.
„Diesmal ist die Angelegenheit sehr korrekt und viel besser als im Vorjahr geregelt worden“, urteilt Stefano Caselli, Dekan der SDA Bocconi School of Management, gegenüber der Börsen-Zeitung. „Das ist ein vernünftiger Weg, um mehr Mittel für das Gesundheitssystem bereitzustellen. Auch wenn es eigentlich ein Kredit ist.“
Für die Banken ist es de facto (fast) ein Nullsummenspiel. Anders als etwa Frankreichs Regierung, die einen strengen Sparhaushalt vorgelegt hat, wollte Meloni höhere Steuern für Unternehmen und Banken unter allen Umständen vermeiden – obwohl Rom viel höher verschuldet ist als Paris. Es werden lediglich Möglichkeiten der Banken für Abschreibungen auf Steuerforderungen für zwei Jahre ausgesetzt. Doch diese Art von Vorauszahlungen für die Jahre 2025 und 2026 erhalten die Institute dann in den beiden Folgejahren zurückerstattet.
So sind alle zufrieden. Analysten sehen keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf die Rentabilität der Institute, die ihre Gewinne binnen zwei Jahren verdoppelt haben. Die Mediobanca sprach von einer „Liquiditätsspritze“.
Politisch gut zu verkaufen
Und auch innerhalb der zerstrittenen rechtsnationalen Regierungskoalition sorgte die Maßnahme für eine Beruhigung der aufgebrachter Gemüter. Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini ließ sich dafür feiern, dass nicht „Fischer und Arbeiter“, sondern die Banken „mit ihren Riesengewinnen“ für das Gesundheitssystem zahlen. Antonio Tajani, Chef der Mitte-Rechts-Partei Forza Italia und ebenfalls Vizepremier, freut sich, dass es „keine Sondersteuer nach Art der Sowjetunion“ für die Institute gibt. Und vor den bevorstehenden Regionalwahlen in Ligurien, Umbrien und in der Emilia-Romagna lässt sich die Maßnahme auch politisch gut verkaufen als Beitrag der Großbanken, die 2023 auf kumulierte Gewinne von insgesamt 40 Mrd. Euro gekommen sind.
Bankenprofessor Caselli gießt Wasser in den Wein. „Die Banken werden bereits viel höher besteuert als Unternehmen – und das sollte man nicht vergessen“, findet er. Er hätte sich gewünscht, dass im Haushalt „die Steuerhinterziehung entschiedener bekämpft wird“. Und auch bei der Schließung der 625 legalen Steuersonderregelungen im Umfang von mehr als 100 Mrd. Euro, die vor allem Gutverdienern zugutekommen, hätte Rom durchaus entschlossener agieren können.
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