EUROBÖRSENTAG 2017 - IM GESPRÄCH: WINFRIED BISCHOFF

J.P. Morgan fordert die duale Euro-Clearing-Aufsicht

Durch den Brexit wird die Bank Hunderte von Stellen nach Frankfurt, Dublin und Luxemburg verlagern

J.P. Morgan fordert die duale Euro-Clearing-Aufsicht

Von Bernd Neubacher, FrankfurtJ.P. Morgan setzt sich im Streit um das Clearing von in Euro denominierten Derivaten nach dem britischen EU-Austritt für eine duale Aufsicht ein. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung am Rande des Eurobörsentags erklärte Winfried Bischoff, Chairman der europäischen Holdinggesellschaft J.P. Morgan Securities, angesichts der Bedeutung von Clearing-Gegenparteien sei eine Art doppelter Aufsicht am besten. Den Wunsch europäischer Behörden, nach dem Brexit Londoner Euro-Clearing-Geschäfte zu beaufsichtigen, könne er voll und ganz verstehen. Für diese Aufsicht sei nicht unbedingt entscheidend, wo das Clearing stattfinde.Verbliebe das Geschäft beim Londoner Anbieter LCH, wären Effizienz und Größeneffekte weiter gewahrt, argumentiert Bischoff. Unter Berufung auf Angaben von Englands Notenbankgouverneur Mark Carney berichtete Bischoff, in Japan betrage die durchschnittliche Prämie für ein Derivate-Clearing innerhalb der Landesgrenzen 1 bis 1,5 Basispunkte. Dies sei nur ein kleiner Betrag. Rechne man ihn indes auf die Volumina im Euro-Clearing um, ergebe sich ein Kostennachteil von jährlich gut 20 Mrd. Euro.Auf Forderungen angesprochen, dass sich Londons Marktakteure in diesem Modell der Zuständigkeit europäischer Gerichte unterwerfen müssten, erklärte er, es würde einen Kompromiss geben müssen. Zurückhaltend gibt sich Bischoff Schätzungen gegenüber, denen zufolge Banken infolge des Brexit 10 000 Arbeitsplätze nach Frankfurt verlagern dürften. Im Falle von J.P. Morgan werde es eine dreistellige Zahl sein, welche sich auf Frankfurt, Dublin sowie Luxemburg verteilen werde, erklärte der frühere Interim-CEO und Chairman der Citigroup sowie Ex-CEO von Schroders und von Lloyds Banking. In diesen Städten verfügt J.P. Morgan bereits über Lizenzen, die sie womöglich erweitern muss, oder die Einheiten müssten mit mehr Kapital ausgestattet werden. Im laufenden Jahr dürfte in dieser Hinsicht aber noch nichts passieren. Einigung in BaselWas die Verhandlungen im Baseler Ausschuss über das Regelpaket Basel III angeht, äußert Bischoff die Erwartung, dass die dort versammelten Bankenaufseher sich einigen werden. Allzu weit lägen die Parteien nicht mehr auseinander und wenn es eine Branche gebe, die wahrhaft global agiere, so sei dies der Finanzsektor, sagte er.Die Einführung der Bilanznorm IFRS 9, die Banken ab kommendem Jahr verpflichtet, Risikovorsorge nicht mehr anhand eingetretener, sondern nach erwarteten Verlusten auszurichten, verteidigt er gegen Kritik, sie wirke derart prozyklisch, dass Banken keine der großen Finanzkrisen in der jüngeren Vergangenheit überlebt hätten, wäre IFRS 9 damals schon in Kraft gewesen.Hätte IFRS 9 damals gegolten, hätten zahlreiche verlustträchtige Transaktionen gar nicht erst stattgefunden, argumentiert der deutsch-britische Manager, seit Mai 2014 Chairman des Financial Reporting Council. Diese halbstaatliche unabhängige Standardisierungsbehörde für Großbritannien und Irland formuliert Standards für Corporate Governance, aber auch Anforderungen an die Arbeit von Wirtschaftsprüfern und Aktuaren. Bischoff: “Ich bin für IFRS 9, doch anfangs wird es die Ergebnisse von Banken belasten.”