Risikomodelle

Kehrseite der ESG-Vermessung 

Die Risiken aus Klimawandel, sozialen Missständen und unlauterer Unternehmensführung müssen von der Finanzbranche ernst genommen werden, lautet ein verbreitetes Credo. Doch ein enger Fokus kann gefährlich sein.

Kehrseite der ESG-Vermessung 

jsc

Zum Kanon der Binsenweisheiten gehört mittlerweile, dass Faktoren der Nachhaltigkeit, subsumiert unter dem Kürzel ESG, auch das Risiko für Geldgeber anzeigen. Doch der allgegenwärtige Ruf, entsprechende Faktoren doch bitte schleunigst in Finanzmodelle zu überführen, kann zu Trugschlüssen verleiten. Erstens sind die vielfältigen Folgen, die sich aus globaler Erwärmung, einer Dekarbonisierung, aus sozialen Missständen und aus unlauteren Praktiken der Unternehmensführung ergeben, schwer kalkulierbar. Selbst wenn sich konkrete Messmethoden etablieren, wird das Risiko damit noch lange nicht greifbar sein. Zweitens können tiefgreifende Krisen in der Wirtschafts- und Finanzwelt auch von Ereignissen angestoßen werden, die nicht oder nur teilweise per ESG-Formel beschreibar sind, wie die zurückliegende Finanz­krise und die laufende Pandemie vor Augen geführt haben. Nachhaltigkeitskriterien haben im Risikomanagement einen Platz verdient, aber ein allzu starker Fokus geht vermutlich selbst mit einem Risiko einher: der Gefahr einer einseitigen Betrachtung.