Bericht des EU-Rechnungshofs

Kein echter Binnenmarkt für Investmentfonds

Der Europäische Rechnungshof kritisiert, dass es immer noch keinen echten Binnenmarkt für Investmentfonds gibt. Die Kosten für Anleger sind daher hoch, heißt es in einem Sonderbericht.

Kein echter Binnenmarkt für Investmentfonds

ahe Brüssel

Der Europäische Rechnungshof kritisiert, dass es in der EU immer noch keinen echten Binnenmarkt für Investmentfonds gibt. Viele potenzielle Vorteile in der Branche blieben ungenutzt, heißt es in einem Sonderbericht, den die Luxemburger Prüfer am Montag veröffentlichten. „Es bestand die Hoffnung, dass ein stärker integrierter Markt für Investitionsfonds den Unternehmen in der EU vielfältigere Finanzierungsquellen und den Investoren besseren Schutz und größere Auswahl bieten würde“, erklärte das für den Bericht zuständige Rechnungshof-Mitglied Rimantas Sadzius. „Doch noch immer gibt es grenzübergreifende Hindernisse, noch immer existieren in der EU unterschiedliche Aufsichtsstandards und noch immer können Investoren nicht alle potenziellen Vorteile ausschöpfen.“

Kritisiert wird in dem Bericht, dass sich das Investmentfondsgeschäft in den meisten EU-Ländern überwiegend auf den Inlandsmarkt konzentriert. Ohnehin konzentriert sich das Fondsgeschäft in der EU nur auf die vier Mitgliedstaaten Deutschland, Luxemburg, Irland und Frankreich. 2020 hielten die Fonds in der EU Vermögenswerte in Höhe von fast 19 Bill. Euro.

Zu den zahlreichen Kritikpunkten in dem Bericht gehört, dass – anders als erhofft – bislang weder die Gebühren für Anleger gesunken sind noch die Auswahl an Produkten größer geworden ist. Die Kosten seien noch immer hoch und würden zudem von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat stark variieren, hieß es. Auch bestünden weiter Hindernisse für den Marktzugang, so dass es nach wie vor keine gleichen Wettbewerbsbedingungen gebe. Für Anleger ist es nach Einschätzung des Hofes nach wie vor sehr schwierig, Fonds EU-weit zu vergleichen. Außerdem seien die Anleger noch immer nicht gut genug geschützt, etwa vor undurchsichtigen Verkaufspraktiken oder auch vor einseitiger Beratung durch Anlagevermittler, hieß es. Die Prüfer verwiesen in diesem Zusammenhang auch auf das Problem des Greenwashings: Das „ESG“-Label für nachhaltige Fonds unterliege derzeit noch keiner Regulierung und könne daher missbraucht werden.

Uneinheitliche Aufsicht

Ein Problem sehen die Prüfer auch darin, dass es noch immer keine EU-einheitliche­ Fondsaufsicht gibt. Sie verweisen darauf, dass die europäische­ Marktaufsichtsbehörde ESMA beim Zugang zu Informationen vom Wohlwollen der nationalen Aufsichtsbehörden sowie dem Engagement ihres eigenen „Rates der Aufseher“ abhängig sei.

Die Ursache für den fragmentierten Fondsmarkt sieht der Rechnungshof vor allem darin, dass die EU-Kommission­ bei der bisherigen Regulierung mit Richtlinien gearbeitet hat, die dann national unterschiedlich ausgelegt wurden. Der Hof warnte, dass geringfügige Überarbeitungen des Rechtsrahmens allein nicht ausreichen würden, um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Hoffnung setzen die Prüfer auf eine neue Retail-Investmentstrategie der EU-Kommission, für die am Montag Konsultationen begonnen haben.