Kommunen entdecken grüne Finanzierungen
Bei Unternehmen gehören grüne Finanzierungen wie Green Bonds längst zum Standardrepertoire. Öffentliche Emittenten sind seltener vertreten – dabei bringen sie gute Voraussetzungen mit, erklärt Axel Wilhelm, Geschäftsführer Ethifinance Deutschland, im Podcast „Nachhaltiges Investieren“ der Börsen-Zeitung. Die ESG-Ratingagentur hat über Second Party Opinions schon mehrere grüne Finanzierungen von Emittenten aus dem öffentlichen Sektor verifiziert.
„Kommunen sind eigentlich ideale Emittenten für nachhaltige Anleihen, weil sie sowieso von Haus aus eine Vielzahl von Projekten finanzieren – im Zuge der allgemeinen Daseinsvorsorge, aber auch im Zuge der Infrastrukturmaßnahmen, die Kommunen natürlich sowieso vornehmen“, sagt Wilhelm. Viele dieser Projekte ließen sich gut unter der Klammer nachhaltiger Anlagen fassen.
Nahverkehr und Wohnungsbau
Klassische Beispiele sind für Wilhelm der öffentliche kommunale Nahverkehr, Projekte zur Förderung erneuerbarer Energien oder auch der soziale Wohnungsbau. Ethifinance agiert bei den grünen Finanzierungen als externer Verifizierer und prüft die Prozesse des Emittenten sowie die Wirkungen der Investments: „Wir schauen im Auftrag der Investoren, dass das Geld auch wirklich sozial und ökologisch investiert wird und nicht in irgendwelche anderen Zwecke umgelenkt wird“, erklärt Wilhelm.
Dabei erlebt der Geschäftsführer von Ethifinance Deutschland die Kommunen als „sehr ernsthafte Emittenten von Green und Social Bonds“. Sie agierten mit großer Sorgfalt. Dafür seien die Entscheidungswege innerhalb einer Kommune allerdings mitunter etwas länger als bei emittierenden Unternehmen, räumt er ein.
Eine erste grüne Finanzierung aufzugleisen, dauert nach Wilhelms Erfahrung etwa drei bis vier Monate. Sind die Prozesse einmal etabliert, gelingen die Folgeemissionen schneller.
Kommunen müssen Strukturen schaffen
Noch ist der Anteil grüner Emissionen an den Finanzierungen im kommunalen Umfeld überschaubar, Wilhelm schätzt ihn auf bis zu 10%. „Es werden tendenziell mehr“, sagt er. Ethifinance, die bis zur Integration in den neuen französischen Eigentümer als Imug Rating firmierte, hat die grünen Finanzinstrumente von etwa zwei Dutzend Kommunen zertifiziert.
Zwingend ist die Second Party Opinion nicht, doch Zertifizierung und regelmäßige Berichte würden von den meisten Investoren erwartet. „Vieles an diesem Prozess ist freiwillig, aber es ist der aktuelle Marktstandard“, sagt Wilhelm. „Es wird sehr schwer fallen, als Emittent, als Kommune insbesondere, an den Markt zu gehen und nicht diesen Standards zu folgen.“
Viele Städte schon aktiv
Städte wie München, Köln, Hannover und Münster nutzen bereits grüne Finanzierungen. Eine gewisse Mindestgröße sollten die Emittenten mitbringen. Ein Finanzierungsvolumen zumindest im hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich hält er für sinnvoll, um den Aufwand zu rechtfertigen.
Ob die Kommunen sich durch grüne Finanzinstrumente auch günstiger finanzieren, lässt sich Wilhelm zufolge nur schwer beurteilen. Er findet aber: „Wenn man den Willen hat, eine grüne, soziale Finanzierung aufzulegen, auch als Kommune, sollte man das immer tun.“ Der finanzielle Aspekt sei nur einer unter mehreren, hinzu käme etwa noch der Imagegewinn für die Stadt.
Wenn man den Willen hat, eine grüne, soziale Finanzierung aufzulegen, auch als Kommune, sollte man das immer tun.
Axel Wilhelm, Ethifinance
Die Nachfrage nach grünen und sozialen Finanzierungen ist seiner Wahrnehmung nach hoch. Dies könne helfen, neue Investorengruppen zu erschließen. Institutionelle Investoren suchten „händeringend nach nachhaltigen Anlagen für die Investmentportfolios“, beobachtet Wilhelm. Green Bonds und Social Bonds seien daher „eine sehr begehrte Ware“.
Im Podcast: Axel Wilhelm
Kommunen entdecken grüne Finanzierungen
Emissionen mit ESG-Bezug laut Ethifinance gut fürs Image
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt
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