"Komplexe Geschäfte brauchen komplizierte Regeln"

Bei einem Risikomanagement-Seminar verteidigt BdB-Geschäftsführer Kemmer interne Risikomodelle

"Komplexe Geschäfte brauchen komplizierte Regeln"

jur München – Die unerwartet hohen Verluste von Banken in der Finanzkrise haben das Vertrauen in die Aussagekraft interner Risikomodelle verpuffen lassen. Doch mit solchen Modellen bewerten die Institute, unter den Argusaugen der Aufsicht, weiterhin ihre Engagements. Und aus den ermittelten risikogewichteten Assets wird noch immer abgeleitet, wie es um die Kapitalausstattung der Institute steht.Die geplante Einführung einer Verschuldungsgrenze für Banken ganz unabhängig von der Struktur der eingegangenen Risiken (Leverage Ratio), aber auch die anhaltende Diskussion über mangelnde Vergleichbarkeit der internen Modelle und ihrer Ergebnisse hält die Debatte über die Risikogewichtung durch Banken am Köcheln. “Natürlich kann man sich die Frage stellen, wie nützlich solche Modelle wirklich sind”, betonte denn auch Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), am Dienstag bei einem Vortrag auf einer Risikomanagement-Konferenz von der TU München und KPMG. Modelle könnten nicht als einzige Basis dienen beim Messen, Managen und Verringern von Risiken im Handelsbuch, so Kemmer: “Ehrlicherweise, vor der Krise haben wir das aber gedacht.”Eine völlige Abkehr vom Ansatz der Risikogewichtung, etwa durch eine Leverage-Ratio, hält der Ex-BayernLB-Chef dabei aber ebenso für falsch wie eine umfassende Anwendung des Standardansatzes, der derzeit vor allem von kleinen Banken genutzt wird. Letzteres berge etwa die Gefahr von Herdenverhalten. “Komplexe Geschäfte brauchen komplizierte Regeln”, sagt Kemmer, auch wenn diese dann eben nicht so einfach zu vermitteln wären.Völlig klar ist aber auch für Kemmer, dass eine Weiterentwicklung der Vorgaben, die durch Basel 2,5 und Basel III bereits angepasst wurden, nötig ist. Die Regulatoren würden dieses Thema gerade mit Banken diskutieren. “Wir sind zuversichtlich, dass wir Wege finden werden, wie wir die internen Modelle anpassen können.” Dabei sperrt sich Kemmer nicht gegen eine gewisse Standardisierung der Modelle, er plädiert etwa für eine einheitliche Modellierung von Migrations- und Ausfallrisiken: “Auch eine Vorgabe der Aufsicht für den Zeitrahmen zur Ermittlung des Stressed Value at Risk würde die Vergleichbarkeit erhöhen.” Als wohl einen der wichtigsten Ansatzpunkte bezeichnet Kemmer allerdings den Fokus auf mehr Transparenz. “Wir müssen möglichst genau erklären, wie unsere internen Modelle funktionieren, nur so lässt sich das Vertrauen wieder herstellen”, betont der BdB-Geschäftsführer, der sogar nichts dagegen hätte, sollte die Aufsicht die Banken dazu verpflichten, die internen Modelle öffentlich zu machen: “Das wäre eine gute Idee, auch wenn wir aufpassen müssen, dass es nicht zu einer Informationsüberflutung kommt.”