IM INTERVIEW: ALEXANDER SCHINDLER, UNION INVESTMENT

"Korrelation könnte zu simultanem Schock führen"

Vorstandsmitglied warnt vor zunehmender Vernetzung der Finanzakteure durch Regulierung - Investoren und Zentralbanken wetteifern um dieselben Assets

"Korrelation könnte zu simultanem Schock führen"

– Herr Schindler, der Nullzins gepaart mit den seit der Finanzkrise massiv verschärften regulatorischen Vorgaben hat das Umfeld für die Kapitalanlage stark verändert. Gab es jemals eine vergleichbare Situation für institutionelle Investoren und Assetmanager als deren Dienstleister?Wir befinden uns in einer beispiellosen Situation. Niedrigzinsumfeld und Regulierung haben zu einem Paradigmenwechsel in der Kapitalanlage geführt. Investoren stehen vor neuen Herausforderungen, bei denen bewährte Ansätze oft nicht mehr funktionieren. Dies macht es unausweichlich, etablierte Investmentkonzepte auf den Prüfstand zu stellen und neue Wege in der Asset Allocation zu beschreiten – insoweit es die regulatorischen Anforderungen erlauben.- Mit welchen Folgen haben die Investoren allgemein zu kämpfen?Statt eines risikolosen Zinses sehen sich Investoren nun mit einem zinslosen Risiko konfrontiert. Früher bedeutete der Wunsch der Anleger nach Sicherheit lediglich, auf Zusatzerträge zu verzichten. Heute lassen sich dagegen auskömmliche Erträge nur noch mit mehr Risiko erzielen. Bei der Kapitalanlage haben zwar nach wie vor Sicherheitsaspekte Priorität, wie unsere kürzliche Befragung institutioneller Investoren zeigt. Doch spielt die Chancenorientierung allmählich wieder eine größere Rolle, zumal renditestärkere Rentenpapiere allmählich auslaufen. Die besondere Herausforderung besteht darin, dass die dazu erforderlichen Freiheitsgrade sich häufig nicht mit regulatorischen Vorgaben vereinbaren lassen. Insbesondere Liquiditäts- und Eigenkapitalvorschriften führen dazu, dass höher rentierliche Anlagen nur sehr schwer in die Vermögensallokation integriert werden können. Das Investmentuniversum muss also systematisch auf Anlagemöglichkeiten abgeklopft werden, die rentierlich und regulierungskonform sind.- Welche Investorengruppen sind durch welche Vorgaben konkret am stärksten betroffen?Durch die Regelwerke Basel III und Solvency II sehen sich vor allem Banken und Versicherungsunternehmen einem erhöhten Regulierungsdruck ausgesetzt. Für die Profitabilität der Bilanzstruktur und insbesondere das Depot-A-Management der Banken stellt die regulatorische Anforderung, mehr liquide, aber gegenwärtig besonders niedrig rentierliche Aktiva zu halten, einen großen Einschnitt dar. Dadurch dürften die Eigenkapitalrenditen der Banken weiter sinken und der Aufbau größerer Risikodeckungsmassen erschwert werden. Für Versicherer ist durch das Zusammenwirken von Nullzins und Solvency II ein Umfeld entstanden, welches praktisch nur durch Unternehmen mit hohen Eigenkapitalquoten erfolgreich bewältigt werden dürfte. Gleichzeitig müssen die Versicherer über Anlagekompetenzen in Assetklassen mit höheren Renditechancen verfügen.- Haben sich bei Banken und Versicherern die Renditen denn schon sichtbar verschlechtert?Banken und Versicherer sehen sich gegenwärtig einer sehr ungünstigen Kombination aus neuen und sich weiter verschärfenden regulatorischen Rahmenbedingungen und einem Niedrig- bis Nullzinsumfeld ausgesetzt. Bei den Banken ist die durchschnittliche Performance des Depot-A-Portfolios insbesondere aufgrund sinkender Zinserträge von 5,2 % im Jahr 2005 auf circa 1,4 % im Jahr 2014 gesunken, wie unsere aktuelle Risikomanagementstudie mit Professor Hellmich von der Frankfurt School of Finance & Management zeigt. Auch für die Versicherungswirtschaft wird es enger. Betreiben Versicherer die Wiederanlage mit unveränderter strategischer Asset Allocation, wird die durchschnittliche Rendite der Wiederveranlagung im gegenwärtigen Umfeld bei nur geringfügig mehr als 2,1 % liegen und damit das durchschnittliche Niveau der Garantien von circa 3,3 % erheblich unterschreiten.- Und wie sind die Erwartungen für die kommenden Jahre? Was werden Niedrigzinsen und Regulierung bei der Rendite kosten?Die von uns im Rahmen der Studie befragten Banken glauben, dass knapp 70 % der Banken ihre Anlageziele aufgrund des Niedrigzinsumfeldes in den nächsten drei Jahren verfehlen werden. Bei den Versicherern liegt die genannte Zahl bei rund 50 %.- Was sollten Investoren nun vorrangig im Portfolio tun, um gegenzusteuern?Entscheidend ist, dass es den Investoren gelingt, ihr Geschäftsmodell erfolgreich weiterzuentwickeln. Im Portfolio wiederum ist eine breite Diversifikation der Kapitalanlage gefragt. So ist es nicht verwunderlich, dass vor allem Anlagen nachgefragt werden, die noch vergleichsweise attraktive Risikoprämien bieten, wie zum Beispiel Hochzins- und Wandelanleihen oder Verbriefungen und Nachranganleihen. Darüber hinaus sollten Aktienstrategien und Immobilieninvestments zum Einsatz kommen. Grundsätzlich empfiehlt sich eine Internationalisierung der Anlagestrategien, um von globalen Zins- und Wachstumsunterschieden zu profitieren. Mehr Flexibilität und mehr Risiko sind das Gebot der Stunde – allerdings kontrolliert und im Rahmen der regulatorischen Möglichkeiten.- Was bedeutet dies für die bislang favorisierten Anlageklassen deutscher Investoren?Die Rendite spielt für die Investoren in Deutschland eine immer größere Rolle. So sieht ein Viertel der von uns befragten institutionellen Anleger die Rendite als wichtigstes Kriterium bei ihrer Kapitalanlage an. Das ist der höchste Wert seit 2007. Die Krux ist allerdings, dass von vielen Anlegern und auch der EZB ähnliche Anlageklassen bevorzugt werden, wodurch sich die Spreads tendenziell immer weiter einengen. Umso mehr gilt es, sämtliche verfügbaren Renditequellen im Portfolio zu nutzen.- Alternative Anlageformen, die unter Renditegesichtspunkten und aus Diversifikationsgründen nun empfohlen werden, unterliegen aber besonders engen regulatorischen Vorschriften.Das ist durchaus nachvollziehbar, denn alternative Anlagen sind mit besonderen Risiken verbunden, vor allem in Hinblick auf die Liquidität. Eine wachsende Zahl von Investoren ist angesichts des steigenden Renditedrucks zwar bereit, Abstriche bei der Liquidität zu machen. Doch dabei droht die Tatsache vernachlässigt zu werden, dass Illiquidität ein wachsendes Risiko darstellt. Auch hier gilt das Gebot, das Gesamtportfolio ausreichend zu diversifizieren. Auch traditionelle Anlageklassen können neue Renditequellen bieten. Beispielsweise eignen sich alternative Risikoprämien dank ihrer günstigen Korrelationseigenschaften und hohen Liquidität sehr gut für die Diversifikation und Optimierung des Rendite-Risiko-Profils.- Inwieweit haben sich deutsche Banken und Versicherer denn schon im Portfolio bewegt?Derzeit sind noch keine wesentlichen Umschichtungstendenzen bei der Eigenanlage der Banken sichtbar, da die Struktur des Depot A durch zahlreiche Restriktionen weitestgehend determiniert ist. Der überwiegende Teil der Anlagevolumina liegt in Renten-/Geldmarktpapieren. Die Aktienquote und der Immobilienbestand bewegen sich meist unterhalb von 5 %, und Genussscheine, Rohstoffe oder Private Equity dienen lediglich als geringfügige Beimischungen. Gleiches gilt für die Kapitalanlage der Versicherer. Hierbei ist hervorzuheben, dass Lebensversicherungsunternehmen einen sehr wichtigen Beitrag für die stabile und langfristige Refinanzierung der Banken leisten, indem sie einen wesentlichen Anteil ihres gebundenen Vermögens in Pfandbriefen, Bank- und Nachranganleihen halten.- Wie stehen sie im internationalen Vergleich da, und wie schneiden sie verglichen mit Investoren aus anderen Ländern ab?Vergleiche auf internationaler Ebene sind vor dem Hintergrund heterogener regulatorischer Anforderungen schwierig. Bei den Banken übt die Kombination von höheren Kapital- und Refinanzierungskosten bei einem gleichzeitig höheren Anteil von liquideren, dafür aber deutlich niedriger rentierenden Aktiva auf der Bilanz sowohl auf die Profitabilität des Kreditgeschäfts als auch des Depot-A-Geschäfts einen erheblichen Druck aus. Andererseits sind die aggregierten Bilanzsummen des europäischen Bankensektors im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung immer noch deutlich größer als in den USA.- Warum gab es bislang nur geringe Veränderungen in den Portfolios der Kreditinstitute und der Assekuranz?Aufgrund der Capital Requirement Regulation (CRR) besteht wenig Freiheitsgrad für Banken, die strategische Asset-Allokation in ihren Depot-A-Portfolien anzupassen. Lediglich der über den Erfüllungsgrad von 100 % der Mindestliquiditätsquote LCR hinausgehende Teil des Depot A ist frei gestaltbar und kann in Aktiva mit höheren Renditen investiert werden. Zugleich ist aufgrund neuer regulatorischer Initiativen die Unsicherheit über die Auswirkungen auf die künftige Kapitalplanung noch sehr hoch. Auch bei den Versicherern ist primär der geringe Freiheitsgrad die Ursache, dass es in der Gewichtung der verschiedenen Assetklassen keine nennenswerten Verschiebungen gab.- Erwarten Sie, dass es künftig deutliche Veränderungen geben wird?In der Summe dürften sich die genannten Entwicklungen in Zukunft sehr deutlich auf die strategische Asset Allocation von Banken, Versicherern und zahlreichen Fonds auswirken. Die veränderte Nachfrage großer Investorengruppen wird wiederum zu einer Neuadjustierung von Preisen und Risikoprämien führen. Beispielsweise gibt es eine erhebliche Überlappung bei den Aktiva, welche auf der Bankenseite für die Erfüllung der LCR zulässig sind, gleichzeitig auf der Versicherungsseite den Hauptanlagefokus darstellen, darüber hinaus den wesentlichen Anteil der Ankaufprogramme der Europäischen Zentralbank stellen und als Sicherheiten in Derivate- und Refinanzierungsgeschäften akzeptiert werden. Andererseits führen die Änderungen in der Nachfrage zu Änderungen der Relative Values im Investmentuniversum und damit auch zu Opportunitäten.- Welcher Art?Da verschiedene Anlageklassen bei verschiedenen Investorengruppen hinsichtlich der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen unterschiedlich behandelt werden, könnten sich hier zum einen regulatorische Arbitragemöglichkeiten bieten – zum anderen aber auch die Möglichkeit einer strategischen Zusammenarbeit zwischen Investorengruppen. In der jüngeren Vergangenheit waren zum Beispiel immer wieder strategische Partnerschaften zwischen Banken und Versicherern bei der Aufsetzung von Loan Funds zu beobachten. Diese sollten Versicherern den Zugang zu einer neuen Assetklasse und Banken eine regulatorische Eigenkapitalentlastung ermöglichen.- Klassische Portfolio- und Risikomodelle haben in der Finanzkrise ihre Unzulänglichkeit bewiesen. Der gleichzeitige Absturz vieler Assetklassen in der Krise war in den Modellen nicht enthalten. Wie fit sind die seitdem überarbeiteten Modelle?Das Risikomanagement ist in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt worden, um die erkannten Schwächen der klassischen Modelle anzugehen. Dabei ging es vor allem darum, die stark auf historischen Renditeprognosen und Korrelationen beruhenden Modelle wie die Portfoliooptimierung nach Markowitz besser an die dynamische Entwicklungen der Märkte anzupassen, um so zu einer zeitnäheren und realistischeren Risikoeinschätzung sowie zu stabileren Portfolien zu gelangen. Die Berücksichtigung von Verfahren der risikogesteuerten Asset-Allokation eröffnet Investoren die Möglichkeit, sich von unsicheren Renditeprognosen unabhängig zu machen und breit diversifiziert Risikoprämien zu erzielen. Idealerweise sollten entsprechende Techniken mit einem prognosebasierten, aktiven Management kombiniert werden. Doch die Entwicklung muss stets weitergehen und auch der zunehmenden Vernetzung der Finanzmarktteilnehmer, von Professor Hellmich als “Connectedness” bezeichnet, Rechnung tragen.- Die Eingriffe der Notenbanken als Reaktion auf die Finanzkrise haben die Märkte in einen künstlichen Modus versetzt. Dies hat die Korrelationen zwischen den Assetklassen verschoben. Inwieweit bilden die überarbeiteten Portfolio- und Risikomodelle diese Entwicklung schon ab?Dieses Umfeld stellt neue Anforderungen an das Risikomanagement. Massive Zentralbankinterventionen führen zu hohen Korrelationen bei unterschiedlichen Assetklassen. Gleichzeitig wird das Nachfrageverhalten von Investoren durch regulatorische Rahmenbedingungen in einer Weise determiniert, welche die Korrelationen zwischen Investoren auf der einen Seite und Vermögenspreisen auf der anderen Seite verstärkt. Damit steigt die Gefahr von Ansteckungseffekten, die sich kausal nur in komplexen Netzwerkmodellen beschreiben lassen. Das Studium von komplexen Netzwerken als Ganzes erfordert jedoch aufwendigere mathematische Methoden, eine leistungsfähigere IT und viel größere Datenmengen als die bislang im Risikomanagement verwendeten.- Haben die regulatorischen Verschärfungen womöglich dafür gesorgt, dass Investoren und die gesamte Finanzbranche sich auf dieselben Wertpapiere stürzen? Welche Papiere sind dabei gefragt? Inwieweit führt dies zu Verzerrungen an den Märkten?Die regulatorische Bevorzugung bestimmter Assetklassen wie zum Beispiel Staatsanleihen wirkt sich über die Nachfrageseite natürlich auf die Preise aus und führt zu verzerrten Risikoprämien. So liegen etwa die Renditen der Bundesanleihen mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren derzeit alle im negativen Bereich. Viele Investoren treffen ihre Investmententscheidungen gerade nicht auf Basis der erwarteten Renditen, Varianzen und Kovarianzen, sondern primär mit Blick auf interne wie externe Restriktionen.- Gibt es schon Modellberechnungen hierfür?Die Komplexität und Vielfalt der Einflussfaktoren macht es schwer, kausale Zusammenhänge zu etablieren. Viele institutionelle Anleger sind jedoch überzeugt, aufgrund interner wie externer Restriktionen signifikante Renditeeinbußen hinnehmen zu müssen. So glauben 73 % der von uns befragten Investoren, ohne Restriktionen höhere Renditen erwirtschaften zu können. Für 30 % liegt der mögliche Mehrertrag über der Schwelle von 1 %. Die Gesamtheit aller Befragten erwartet, dass mehr als 43 % der deutschen Großanleger ihre Anlageziele aufgrund regulatorischer Vorgaben in den nächsten drei Jahren nicht erreichen werden.- Haben Regulierer und Zentralbanken mit ihren Reaktionen auf die Finanzkrise also neue systemische Risiken geschaffen?Durch die Schaffung neuer regulatorischer Rahmenbedingungen allein werden die Finanzmärkte nicht sicherer und effektiver werden. Große Investorengruppen wie Banken und Versicherer investieren, unter anderem getrieben durch regulatorische Rahmenbedingungen, in ähnliche Positionen und Assetklassen. Die dadurch induzierten Korrelationen könnten zu einem simultanen Schock bei mehreren Banken oder Versicherern führen. Zudem könnten Strategien der Zentralbanken, insbesondere das Quantitative Easing, zu einer hohen Korrelation von wichtigen Assetklassen wie zum Beispiel Aktien oder Bonds führen. Damit würde der Diversifikationseffekt für viele Investoren entfallen. Insbesondere wären Fixed-Income- und Aktieninvestoren in einem Schockszenario gleichzeitig betroffen.- Sorgt die Regulierung nicht letztlich dafür, dass perspektivisch nur große Investoren und Assetmanager überleben können?Die immer komplexeren Anforderungen können große Investoren mit stärkerer Kapitaldecke sicherlich besser bewältigen. Schließlich bringt der steigende Aufwand rasant wachsende Kosten mit sich – sei es, dass zusätzliche Mitarbeiter mit dem nötigen Spezialwissen eingestellt werden oder externe Dienstleister beauftragt werden müssen. Auf Seiten der Assetmanager haben solche Häuser einen Vorteil, die aufgrund ihrer Größe in der Lage sind, die Kompetenz in der Kapitalanlage und auch das erforderliche Regulierungs-Know-how auszubauen. Insofern dürfte die Regulierung Konsolidierungstendenzen verstärken.- Gibt es auch positive Auswirkungen der Regulierung, hat sie womöglich neue Möglichkeiten für Investoren und Assetmanager geschaffen?Die neuen Marktverhältnisse bieten auch neue Anlagechancen. Da bestimmte Assetklassen bei verschiedenen Investorengruppen unterschiedlich behandelt werden, eröffnen sich Möglichkeiten der gezielten regulatorischen Arbitrage. Assetmanagern wiederum eröffnen sich neue Wachstumschancen, sofern sie es schaffen, ihren Kunden im Spannungsfeld von Nullzins und Regulierung überzeugende Anlagemöglichkeiten aufzuzeigen.- Und das Niedrigzinsumfeld?Solange die Zinserträge von Staatsanleihen mit hoher Bonität auskömmlich waren, mussten sich Investoren um den Grundsatz der Diversifikation kaum Gedanken machen. Entsprechend einfach war ihre Asset-Allokation oftmals strukturiert. Das Niedrigzinsumfeld – so schmerzhaft dessen Auswirkungen auch sein mögen – zwingt Investoren nun, sich mit einem erweiterten Investmentuniversum auseinanderzusetzen und Erfahrungen mit neuen Anlageklassen zu machen. Die damit verbundene Professionalisierung der Kapitalanlage könnte sich langfristig als positiver Nebeneffekt des Niedrigzinsumfeldes herausstellen.- Haben Regulierung und Nullzins eine bessere oder eine schlechtere neue Welt für Fondsgesellschaften geschaffen?Die Investmentwelt hält ständig neue Herausforderungen bereit. Assetmanager, die langfristig Erfolg am Markt haben wollen, müssen in der Lage sein, sich darauf einzustellen. Auch heute ist es noch möglich, Erträge zu erwirtschaften – wenn auch deutlich anspruchsvoller. Die beste aller Welten ist dann die, in welcher die neu aufgebauten Kompetenzen den Kunden einen klaren Mehrwert bieten und entsprechend nachgefragt werden.- Was sind die größten Herausforderungen für Vermögensverwalter durch die neuen Vorgaben und den Niedrigzins?Die Fondsbranche ist durch die neuen regulatorische Rahmenbedingungen zum einen direkt und zum anderen über die neuen regulatorischen Anforderungen an ihre unterschiedlichen Kundengruppen betroffen. Beispiele dafür sind Durchschauprinzipien für Investments in Fonds zur Berechnung des notwendigen regulatorischen Kapitals für Banken und auch Versicherer, die sich auf Anlageprinzipien vieler Spezialfonds auswirken. Gleichzeitig haben auch veränderte Strategien von institutionellen Investoren in der Direktanlage Auswirkungen auf die Branche. Assetmanager müssen ihre Anlagestrategien von vornherein so aufsetzen, dass sie mit den Regulierungsanforderungen der unterschiedlichen Investorengruppen konform gehen. Sie müssen ihnen auskömmliche Erträge und ein maßgeschneidertes Reporting liefern.- Operationelle Risiken wie rechtliche, Reputations- oder politische Risiken werden immer stärker bei der Anlageentscheidung mitberücksichtigt, wie die jährliche Risikomanagementstudie Ihres Hauses zeigt. Operationelle Risiken werden allgemein in der Finanzbranche bedeutender, denkt man allein an die verhängten Strafzahlungen für Banken. Lassen sich diese in Risikomodelle einbinden?Wichtig ist für Investoren, ihr Risikomanagement auf eine möglichst breite Basis zu stellen und quantitative und qualitative Faktoren einzubeziehen. So berücksichtigen immer mehr institutionelle Investoren in Deutschland Nachhaltigkeitskriterien bei ihrer Kapitalanlage. Die Analyse von Umwelt-, sozialen und Governance-Kriterien kann einen wichtigen Beitrag bei der Identifikation von Ereignis- und Reputationsrisiken leisten. Bei der Quantifizierung der global zunehmenden politischen Risiken wiederum ist eine eingehende Länderanalyse samt Rating hilfreich.- Die internationalen Bankenaufseher in Basel und die EZB als oberste europäische Aufsicht wollen die individuellen Risikomodelle der Banken weitestgehend für einen Standardansatz verdrängen. Hintergrund ist die stark abweichende Risikoeinschätzung bei den Großbanken. Ist das in Ihren Augen sinnvoll oder eher kontraproduktiv bei der angestrebten Transparenz über Risiken in der Finanzbranche?Diese Initiativen haben im Wesentlichen die Zielrichtung, die Abhängigkeit sowohl von internen Modellen als auch von Ratingagenturen zu reduzieren und weitere Risikoarten mit Eigenkapitalvorschriften zu versehen. Die Reduzierung der Abhängigkeiten von internen Modellen und die gestiegene Bedeutung von Standardmodellen verbessert zwar aus Sicht der Aufsicht die Vergleichbarkeit von Finanzinstituten. Allerdings dürfte sich durch die Vereinheitlichung der Methoden zur Risikomessung auch die Struktur der Bilanzen weiter angleichen und damit die “Connectedness” der Banken erhöhen.—-Das Interview führte Silke Stoltenberg.