Online-Banking

„Markteintritt in Deutschland für 1 Mill. Euro“

Die Chefin der von der gleichnamigen Fluggesellschaft Norwegian gegründeten Internetbank, Klara-Lise Aasen, hat ihre Karriere in Konzernen begonnen. Jetzt schwärmt sie von der Wendigkeit eines digitalen Geschäftsmodells.

„Markteintritt in Deutschland für 1 Mill. Euro“

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Die Internetbank Norwegian bietet seit gut einem Jahr auch in Deutschland Kreditkarten, Kredite und Tagesgeldkonten für Privatkunden an. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zeigt sich Bankchefin Klara-Lise Aasen mit Blick auf die Wachstumspläne in Deutschland und den zeitgleich in Angriff genommenen spanischen Markt überraschend gelassen: „Wir sind in beiden neuen Märkten zufrieden, wenn wir bis 2024 einen Marktanteil von 1 bis 1,5% erreicht haben.“ Sorge, dass sie mit dieser Zielsetzung unambitioniert wirken könnte, hat die Managerin nicht. Sie vermittelt eher den Eindruck, als ob sie es als Luxus empfindet, sich in aller Ruhe an die Gegebenheiten der beiden Märkte heranzutasten.

Hohe Skalierbarkeit

Der Grund hierfür sei das rein digitale und somit hervorragend skalierbare Geschäftsmodell: „Für den Markteintritt in Deutschland und Spanien haben wir insgesamt jeweils nur etwa 1 Mill. Euro investieren müssen. Das ist großartig, weil es uns nicht unter Druck setzt, in den für uns fremden Märkten schnell zu wachsen.“ Um neue Kunden in Deutschland und Spanien zu betreuen, habe Norwegian noch nicht einmal eine Repräsentanz eröffnen müssen, betont Aasen: „Wir haben einen rein digitalen Onboarding-Prozess, der sehr schnell und reibungslos funktioniert.“

Statt Räume anzumieten und einen physischen Marktauftritt zu konzipieren, habe die Bank in Menschen investiert: „Für den Markteintritt in Deutschland und Spanien haben wir jeweils sechs Menschen aus diesen Ländern eingestellt, damit wir die neuen Kundinnen und Kunden telefonisch von ihren Landsleuten betreuen lassen können.“

Von Fornebu in die Welt

Die Neuzugänge arbeiten nicht etwa in Frankfurt oder Madrid, sondern in der Firmenzentrale in Fornebu, einem Vorort von Oslo. „Auf diese Weise bekommen wir das Feedback aus den neuen Märkten direkt und sind in der Lage, sehr schnell nachzujustieren, wenn das nötig ist“, sagt die Managerin. „Unser Geschäftsmodell ist einfach und komplett digital. Deswegen können wir im Prinzip von Oslo aus in die ganze Welt expandieren“, ergänzt die 48-Jährige, die es genießt, der Unbeweglichkeit der Konzernwelt entkommen zu sein.

Bevor die Norwegerin im Oktober 2020 zunächst als Finanzchefin zur Bank Norwegian kam, hatte sie unter anderem als Head of Group Financial Management und Chief Financial Officer der skandinavischen Bankriesen DNB und Nordea gearbeitet. „In einem Konzern dauert es in der Regel etwa ein halbes Jahr, bis große Veränderungen beschlossen und dann auch umgesetzt werden. Wir setzen uns einfach mit allen Beteiligten an einen Tisch, und von unseren Technikkollegen höre ich dann ganz oft: Okay, bis Mittwoch sollten wir das programmiert bekommen haben“, erzählt sie. Das sei eine ganz andere Dynamik, die wirklich Spaß mache. Auch die Arbeitskultur sei eine andere als die im Konzern: „Ich war total überrascht, wie anders hier gearbeitet wird. Unser Team ist klein, aber alle sind engagiert und haben eine sinnvolle Aufgabe. Daher ist das Kompetenzlevel insgesamt sehr hoch.“

Aasens Sorge, sich durch die Remote-Expansion in unbekannte Märkte zu hohe Risiken einzuhandeln, halten sich in Grenzen. Die studierte Wirtschaftsprüferin stützt sich dabei auf die Erfahrung aus der 2015 begonnenen Expansion in die skandinavischen Nachbarländer. „Damals haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir die schlechtesten Risiken im ersten Jahr genommen haben“, erzählt sie. Sowohl bei der Vergabe von Krediten als auch bei den Kreditkarten gehe Norwegian in Deutschland und Spanien bislang daher extrem selektiv vor. „In Deutschland heißt das konkret, dass nur 15% der eingereichten Kreditkartenanträge angenommen werden und etwa 10% der Darlehensanfragen“, so Aasen. Lange Wartezeiten gebe es dank der rein digitalen Prozesse nicht: „Wer sich bei uns um eine Kreditkarte oder einen Kredit bemüht, bekommt umgehend die Information, ob es geklappt hat oder nicht.“

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