Marktplatz für kleine Stromprojekte
Bei Anlegern sind große Windparks oder Solaranlagen schon länger sehr beliebt. Für die Energiewende sind jedoch auch Tausende von kleineren und mittleren Projekten entscheidend. Doch haben Betreiber kleinerer Anlagen oft Probleme, an das nötige Startkapital zu kommen. „Traditionell kommt die Finanzierung für Solaranlagen von den Banken. Aber auch institutionelle Investoren haben Interesse an solchen Aktiva, nur ist der Marktzugang sehr schwer und ineffizient“, erklärt Miguel Solana, einer der beiden Gründer des spanischen Fintech Alter 5.
Die Plattform bringt Promotoren von Sonnenenergieprojekten mit potenziellen Investoren zusammen. Der Kern des Modells ist die Standardisierung und Digitalisierung der Aktiva und Prozesse. Das Unternehmen kassiert eine Provision bei geglückten Operationen.
Solana arbeitete für die Weltbank, Telefónica und war zehn Jahre bei der Großbank Santander für die Finanzierung von Ökostromprojekten verantwortlich. Mit Salvador Carrillo, der zuvor diverse Start-ups im Digitalbereich aufgezogen hatte, gründete er 2019 Alter 5. Seit letztem Jahr ist die Plattform auf dem Markt. Die Projekte sind hauptsächlich Solaranlagen in Spanien. Die Heimat der beiden Gründer hat aufgrund der weiten, dünn besiedelten und sonnenreichen Flächen großes Potenzial als Energieerzeuger für Europa.
Das Fintech hat bereits Investitionen in Höhe von 35 Mill. kanalisiert, und weitere 300 Mill. Euro sind derzeit im Gange. Auf der Plattform stehen den Anlegern derzeit mehr als 200 Projekte mit einem Investitionsvolumen von gut 1 Mrd. Euro zur Verfügung. Es handelt sich um Anlagen mit Kapazitäten von 5 Megawatt bis 50 Megawatt.
Bauherren von Solaranlagen können ihre Projekte auf Alter 5 anbieten. Das Unternehmen lässt die Aktiva durch auswärtige, international anerkannte Experten, wie die britische Kanzlei Ashurst, validieren, bevor ein standardisiertes Angebot auf die Plattform gesetzt wird. Der Betreiber kann Kredite zur Finanzierung anfordern oder das Geschäft ganz oder teilweise zum Verkauf anbieten. Die Transaktionen werden über einen in Luxemburg ausgegebenen Green Bond vollzogen.
Alter 5 hat die Garantie des Europäischen Investitionsfonds (EIF), der Ausfälle zu 70% abdeckt. Ziel der Organisation ist, die für die Energiewende wichtige private Finanzierung anzukurbeln. „Die Garantie des EIF hilft uns dabei, Anleger anzuziehen, die kaum Erfahrung in dieser Branche haben“, so Solana. Dies seien Investoren, die bislang lediglich in Aktien von Ökostromproduzenten oder Green Bonds von Firmen und Banken investieren, aber nicht direkt in Aktiva der Solarenergie.
Der Investor kann für Projekte, die ihn interessieren, ein Angebot mit seinen Finanzierungsbedingungen und Renditevorstellungen abgeben. Der Promotor wählt dann aus. Es gehe aber nicht um Wettbewerb zwischen den Anlegern, versichert der Spanier. „Unser Ziel ist es, den Anlegern ein beständiges Angebot an Aktiva zu bieten“, sagt Solana. So können Kunden ihr Portfolio auch nach der unterschiedlichen Risikobewertung erstellen.
Obwohl die Gründer als Philosophie die „Demokratisierung“ der Investition in Ökostrom ausgaben, wollen sie sich auf institutionelle Anleger beschränken. Das Minimum der Anlage beträgt 125000 Euro, doch in der Praxis legen die Anleger mindestens 3 Mill. Euro auf den Tisch. „Wir sind kein Crowdfunding“, unterstreicht Solana.
Die mangelnde Liquidität der Geldanlage sei bislang kein Problem, versichert der Chef von Alter 5. Die Laufzeiten reichen von drei bis vier Jahren bei kurzfristiger Finanzierung bis zu mehr als sieben Jahren bei langfristigen Projekten. Man denke aber über die Schaffung eines Sekundärmarktes nach. Die beiden Gründer von Alter 5 wollen sich zunächst auf die Solarenergie beschränken. Diese sei leichter zu standardisieren, sagt Solana: „Amazon hat zehn Jahre lang nur Bücher verkauft, bevor sie andere Dinge im Angebot hatten. Die Solarenergie ist so etwas Ähnliches wie Bücher.“
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