Munich Re will Cyberpartnerschaft mit Staat
ak Köln
Die Munich Re will die Cyberversicherung weiter ausbauen. Mit Blick auf Wettbewerber, die in dem jungen, aber zunehmend schadenträchtigen Markt zum Teil Kapazitäten schon wieder reduzierten, sagte Vorstandsmitglied Stefan Golling: „Wenn wir relevant bleiben wollen, müssen wir für Cyberrisiken Lösungen finden.“ Der Rückversicherer wolle weiterhin zu den Marktführern in dem Geschäft zählen. Erstmals rechnet Munich Re in der Sparte in diesem Jahr mit Beitragseinnahmen von über 1 Mrd. Dollar, wie Golling am Dienstag auf einer Konferenz des erneut virtuell stattfindenden jährlichen Branchentreffens ausführte. Der Marktanteil liegt damit bei rund 10%.
Bestimmte Bereiche von Cybergefahren könnten private Versicherer jedoch nicht allein decken. Golling bezeichnete kritische Infrastrukturen oder die Auswirkungen eines Ausfalls des Internets als systemische Risiken. Er plädierte für Kooperationen mit der öffentlichen Hand für diese Fälle. „Wir müssen staatlich unterstützte Pool-Lösungen entwickeln für systemische Risiken – auch für Cyber. Wir brauchen Public Private Partnerships – und zwar nicht nach dem ersten großen Schadenereignis, sondern davor.“ Damit würden private Versicherer und Staat in einem weiteren Bereich kooperieren. Für Terror- und Nuklearrisiken existieren bereits entsprechende Pools. Für eine staatlich-private Pandemieversicherung liegt ein Grobkonzept der deutschen Versicherungsbranche mittlerweile vor. Golling mahnte, dass sich die Erfahrungen in der Pandemie nicht wiederholen dürften. Verträge müssten klar formuliert sein, Ausschlüsse für Kunden nachvollziehbar und ein nicht versichertes Risiko wie Cyberwar klar definiert sein.
In der Cyberversicherung, in der sich die Beitragseinnahmen der Munich Re jeweils zur Hälfte auf Erst- und Rückversicherung verteilen, bewegt sich der weltgrößte Rückversicherer ebenso wie in seinem Kerngeschäft in einem Markt mit tendenziell steigenden Preisen. Die Reihe großer Naturkatastrophenschäden in den vergangenen Jahren ist laut Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek einer der Haupttreiber. Er geht für die Erneuerungsrunde zum Jahreswechsel von mindestens stabilen, wenn nicht leicht steigenden Preisen für Rückversicherung aus, mit unterschiedlichen Ausprägungen in den verschiedenen Regionen und Risikoarten.
Neben den Naturkatastrophen rückt laut Munich Re auch die steigende Inflation als Preistreiber für Rückversicherungsschutz in den Fokus. Das gelte vor allem für das langfristige Geschäft in der Haftpflichtversicherung, sagte Jeworrek. Preissteigerungen erwarten auch die Ratingagenturen. Sie geben sich auch optimistisch für die Profitabilität der Branche. Der Ausblick für 2022 verspreche signifikante Verbesserungen in der finanziellen Performance, schreibt Fitch in einer am Dienstag veröffentlichten Studie. Grund seien höhere Preise in einem sich weiter verhärtenden Markt, die globale wirtschaftliche Erholung und geringere pandemiebedingte Verluste. Die positiven Faktoren überwiegen nach Ansicht von Fitch, auch wenn Druck auf die Ergebnisse durch sinkende Kapitalanlageerträge, zunehmende Naturkatastrophenschäden durch den Klimawandel sowie steigende Inflationsdaten bestehe.
Ähnlich argumentiert auch Moody’s. Die Ratingagentur erwartet ebenfalls weitere Preissteigerungen. „Die weltweite Erholung der Wirtschaft sowie die jüngsten signifikanten Schäden durch Naturkatastrophen werden die Nachfrage nach Rückversicherung befeuern“, kommentiert Kreditanalystin Helena Kingsley-Tomkins. Die Unsicherheit in Bezug auf Pandemierisiken ist gesunken, obwohl Schäden im Zusammenhang mit Covid-19 anhalten. Das betreffe vor allem einige große Lebensrückversicherer. Denn die Belastung der Assekuranz aus der Übersterblichkeit sei teilweise höher als erwartet.
Die Kapitalausstattung der Branche macht wenig Sorgen. Die Solvenzquoten zeugten von hoher Widerstandsfähigkeit gegen mögliche Stressszenarien, heißt es bei Moody’s. Die Kapazitäten im Markt sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Moody’s und Fitch gehen von insgesamt rund 650 Mrd. Dollar aus, davon entfallen etwa 100 Mrd. Dollar auf den alternativen Markt, also den Transfer von Risiken an den Kapitalmarkt.