Nachhaltigkeit steht schon länger auf unserer Agenda

Die Landesregierung will Aktivitäten und Initiativen zu Green Finance am Finanzplatz Frankfurt bündeln

Nachhaltigkeit steht schon länger auf unserer Agenda

Die Weltgemeinschaft steht vor der immensen Herausforderung, die Klimaerwärmung zu begrenzen und die natürlichen Ressourcen für kommende Generationen zu sichern. Dies erfordert den Übergang zu einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Wirtschaftsweise. Mit der Klimaschutzvereinbarung der 21. UN-Klimakonferenz in Paris (COP 21) und den UN-Zielen zur nachhaltigen Entwicklung – den Sustainable Development Goals (kurz “SDG”) – hat sich die Weltgemeinschaft zu diesem Ziel bekannt. Das im November 2016 in Kraft getretene Abkommen von Paris wurde mittlerweile von rund 170 Staaten ratifiziert. In dem Abkommen verpflichten sie sich, Maßnahmen zu ergreifen, um den globalen Temperaturanstieg auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen.Für das Land Hessen steht das Thema Nachhaltigkeit bereits länger auf der Agenda. Aktuell arbeiten wir daran, unsere Nachhaltigkeitsziele mit einer neuen umfassenden Klimaschutzstrategie systematisch in allen Handlungsfeldern zu verankern – auch im Finanzwesen. Denn Energie- und Verkehrswende sind Vorhaben mit enormem Investitionsbedarf, und wenn wir von Investitionen reden, reden wir auch von Finanzierungen. Privatkapital mobilisierenEs besteht kein Zweifel, dass staatliche Investitionen nur einen kleinen Teil der benötigten Investitionen bereitstellen können. Deshalb ist eine Mobilisierung von Privatkapital – gerade von institutionellen Investoren – dringend notwendig. Ob Klimaziele erreicht werden, hängt mit davon ab, welche Anlagestrategien Finanzinvestoren verfolgen, welches Angebot an ökologisch ausgerichteten Finanzprodukten für Privatanleger besteht und welche Finanzierungsinstrumente es für Projekte der Energie- und Verkehrswende gibt. Ein klimafreundliches Wirtschaftssystem bedingt ein klimafreundliches Finanzsystem.Derzeit ist eine sehr positive Entwicklung im Bereich nachhaltiger Investments zu verzeichnen. Was anfangs nur ein Nischendasein für besonders Überzeugte fristete, hat sich zu einem anerkannten Investmentkonzept entwickelt. Bei den Unternehmen hat sich ein Bewusstsein etabliert, dass Marktwert und Zukunftsfähigkeit stärker als je zuvor davon abhängen, welche Rolle sie in einer emissionsarmen Welt spielen können.Mit nachhaltigen Investments lässt sich auch sehr gut Geld verdienen: Allein beim Schlüsselthema Energieeffizienz werden weltweit jährlich Investments in Höhe von rund 3 Bill. US-Dollar getätigt – ein echter Zukunftsmarkt. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen, dass nachhaltige Anlagen gegenüber konservativen Investments keine Nachteile hinsichtlich ihrer Renditeerwartung aufweisen. Teilweise sind diese mit Blick auf ihre Performance sogar stärker, da geschäftsschädigenden Risiken rechtzeitig vorgebeugt wird. Verändertes AnlageverhaltenKontinuierlich ändert sich daher das Anlageverhalten, und es etablieren sich Klima- sowie soziale Gesichtspunkte auch beim Investment. Unternehmen mit besonders hohen Treibhausgas-Emissionen werden daher in Zukunft nur noch schwer Investoren finden. Großinvestoren wie zum Beispiel der norwegische Staatsfonds oder auch der Allianz-Konzern sind längst dabei, ihre Finanzmittel aus dem Kohlesektor umzuschichten.Nicht zu vergessen: Der Klimawandel bedroht die Finanzmarktstabilität. Klimabezogene, politische und technologische Risiken, die nicht rechtzeitig erkannt werden, können eine Neubewertung von Vermögenswerten erforderlich machen und so zu immensen Verlusten am Kapitalmarkt führen. Die Finanzwirtschaft sollte daher ein hohes Eigeninteresse daran haben, diese Risiken jetzt anzugehen und abzusichern. Die Stärkung nachhaltiger Finanzanlagen kann der Schlüssel sein. Beispiele sind Green Bonds und Climate Bonds. Zentrales AnliegenDieser Bewusstseinswandel eröffnet sehr gute Aussichten für die Entwicklung nachhaltiger Anlagestrategien. Erfreulicherweise befassen sich inzwischen viele Initiativen mit praktischen Konzepten der Green Finance. Diese verschiedenen Aktivitäten und Initiativen am Finanzplatz Frankfurt zu bündeln, ist ein zentrales Anliegen der Hessischen Landesregierung. Daher hat das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung zusammen mit vielen engagierten Akteuren den Innovations-Hub “Green Finance Cluster Frankfurt e. V.” ins Leben gerufen. Er soll sich zu einer zentralen Anlauf- und Koordinierungsstelle entwickeln, die den Akteuren des Finanzplatzes zur Mitwirkung offensteht. Das Cluster ist mit eigenen Ressourcen und einer Geschäftsführung ausgestattet; Marktakteure des Finanzplatzes unterstützen es finanziell und mit Know-how.Ein besonderes Merkmal des Green Finance Clusters Frankfurt ist seine Fokussierung auf pragmatische und umsetzungsorientierte Lösungen. Es wird Methoden und Instrumente für den Transformationsprozess zu einer Green Economy entwickeln und gleichzeitig den Unterschied zwischen wirksamen Instrumenten und “Greenwashing” sichtbar machen. In erster Linie geht es um praxisgerechte Messansätze und -methoden für die Wirksamkeit von Green Finance – beispielsweise für die Bestimmung von CO2-Risiken in Finanzportfolien.Die zweite Aufgabe des Clusters ist es, von Frankfurt aus eine wahrnehmbare Stimme in der internationalen Diskussion über Green Finance zu artikulieren. Denn diese Diskussion wird in hohem Maße außerhalb des Landes geführt, das bei der praktischen Seite der Energiewende so erfolgreich ist. Bedeutende internationale Akteure sind beispielsweise der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB) mit seiner Task Force on Climate-related Financial Disclosure (TCFD), die G 20 Green Finance Study Group, die Finanz-Initiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme Finance Initiative, UNEP FI), die Nachhaltigkeitsinitiativen anderer bedeutender Finanzplätze der EU sowie die Europäische Kommission, die die Erkenntnisse der High-Level Expert Group on Sustainable Finance in konkrete Maßnahmen umsetzen möchte. Es gibt viel ArbeitMit ihnen in einen Dialog zu treten und gemeinsame Lösungen zu entwickeln, ist ein sehr wichtiges Ziel des Green Finance Clusters Frankfurt. Und auch auf nationaler Ebene benötigen wir ebenfalls eine enge Kooperation mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung und dem Hub for Sustainable Finance. Für das neue Cluster gibt es also viel Arbeit.—Tarek Al-Wazir, Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung