National-Bank profitiert vom Wettbewerb
IM GESPRÄCH: THOMAS LANGE
„Regional ist das neue Bio“
Die National-Bank aus Essen zügelt ihren Risikoappetit nicht nur bei Immobilien – Commerzbank-Kunden suchen das Gespräch
Von Annette Becker, Essen
Die Essener National-Bank hat ein Kunststück vollbracht: Trotz Umstieg auf ein neues Kernbanksystem hat die Regionalbank im vorigen Jahr Rekorderträge eingefahren. Sicher, vor Steuern hat das Institut mit 73,6 Mill. Euro 4% weniger verdient als im Vorjahr. Doch darin enthalten sind allein 24 Mill. Euro an Sachkosten für die IT-Umstellung, die intern unter dem Namen „Projekt Jupiter“ läuft. „Es war das größte Projekt mit einer Privatbank, das die Atruvia seit ihrer Fusion GAD/Fiducia gestemmt hat“, erzählt Vorstandschef Thomas Lange im Gespräch mit der Börsen-Zeitung und ergänzt: „Wir haben die Migration auf Agree21 ohne nennenswerte Friktionen hinbekommen, obwohl wesentliche Schnittstellen neu aufzusetzen waren.“
Der Geschäftserfolg hat verschiedene Gründe. Letztlich ist es nach Einschätzung von Lange aber der regionale Fokus, der sich auszahlt. „Regional ist das neue Bio“, bringt es der Bankchef auf den Punkt. Die Firmenkunden kämen vorwiegend aus dem Mittelstand, seien meist familiengeführt und hätten keinerlei Interesse an der Verlagerung der Produktion ins Ausland. Doch eigentümergeführte Mittelständler seien eben auch bereit, auf die Ausschüttung zu verzichten, um das Unternehmen zu erhalten, verdeutlicht Lange. Das bringe Stabilität ins Bankgeschäft.
Kreditbestand sinkt
Lange stimmt explizit nicht in den Abgesang auf den Standort Deutschland ein, wenngleich ihm die Problematik der hohen Energiekosten bewusst ist. Dem Regierungswechsel in den USA blickt er mit gemischten Gefühlen entgegen. Für Europa liege darin „die einmalige Chance, die internationale Volljährigkeit zu erreichen und das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen“, glaubt Lange.
Trotz der guten Ertragsentwicklung gehört allerdings auch zur Wahrheit, dass der Kreditbestand im vorigen Jahr um fast 5% gesunken ist. Lange macht dafür drei Gründe aus: erstens die Flaute am gewerblichen Immobilienmarkt. „In diesem Geschäftsfeld haben wir unseren Risikoappetit auf null zurückgefahren“, verdeutlicht der Banker. Zweitens hat sich die deutsche Wirtschaft auch 2024 in der Rezession befunden. „Daher haben wir unseren Risikoappetit auch im Geschäft mit mittelständischen Firmenkunden angepasst.“ Der dritte Punkt hängt wiederum mit der IT-Umstellung zusammen. So seien die Kundenbetreuer vor allem im Einsatz gewesen, um die Kunden bei dem reibungslosen Übergang bestmöglich zu unterstützen. „Vor diesem Hintergrund ist das Volumenergebnis durchaus beachtlich“, sagt Lange.
Mittelstand schaut sich um
Zwar bestreitet der Banker nicht, dass auch die Kreditnachfrage dürftig war. Sie beschränkte sich im Wesentlichen auf Ersatzinvestitionen und klimabezogene Transformationsfinanzierungen. Dafür gebe es derzeit von anderer Seite erste Gespräche. Die Nachfrage von Kunden der Commerzbank habe in den letzten Monaten deutlich angezogen, räumt Lange ganz unumwunden ein. Es sei zwar nicht so, dass die Kunden der Commerzbank, nach der die italienische Unicredit die Finger ausstreckt, die Flucht ergriffen. Aber sie schauten sich perspektivisch um.
Das Thema beschränke sich jedoch nicht auf den Mittelstand. Auch wohlhabende Privatkunden aus dem gelben Lager fühlten vor. Mit dem Ertragssprung im Assetmanagement im vorigen Jahr – in diesem Geschäftsfeld sprang der Provisionsüberschuss um fast 40% auf 33,8 Mill. Euro – habe das jedoch nichts zu tun.
Assetmanagement brummt
Im Assetmanagement rechnet sich Lange perspektivisch gute Wachstumschancen aus. Zumal Wettbewerber ihre entsprechenden Geschäftsbereiche restrukturierten und dabei häufig mit neuen Betreuungsmodellen ihre eigenen Ziele über die Wünsche der Kunden stellten. In Summe stieg der Rohertrag der National-Bank um 4,6%, nicht zuletzt, weil der Zinsüberschuss nur minimal abbröckelte. Das war Lange zufolge vor allem der erfolgreichen Anlagestrategie bei den Eigenanlagen (Depot A) zu verdanken.
Die IT-Umstellung spiegelt sich im Verwaltungsaufwand, der um 16,7% anzog. Das Projekt hat die Bank in Summe in den vergangenen beiden Jahren knapp 50 Mill. Euro gekostet. Und auch wenn in diesem Jahr noch einmal Sonderkosten zu stemmen sind, werden diese mindestens 10 Mill. Euro geringer ausfallen als im Vorjahr. Ab Mitte 2025 sollen sich die Kosten wieder auf dem annualisierten Niveau von rund 40 Mill. Euro einpendeln.
Angesichts der guten Ertragsentwicklung wollen die Essener unverändert 0,90 Euro je Aktie ausschütten. Mit Blick auf die Kapitalausstattung kann sich die Bank das erlauben, ist die Kernkapitalquote vor Ergebnisverwendung zum 31. Dezember doch auf 13,8% gestiegen und bewegt sich damit im Zielband, das von 13 bis 15% reicht. Dennoch will Lange die Substanz weiter stärken.
Trotz rückläufigen Kreditgeschäfts ist Thomas Lange, Vorstandschef der Essener National-Bank, weit davon entfernt, in den Abgesang auf den Standort Deutschland einzustimmen. Der Mittelstand erweise sich als Stabilitätsanker für die Regionalbank. Außerdem klopften inzwischen erste Commerzbank-Kunden an die Tür.