„Nationale Bankenfusion würde europäische Bankenunion keinen Schritt weiterbringen“
Im Interview: Michael Kotzbauer
„Nationale Fusion würde Bankenunion keinen Schritt weiterbringen“
Firmenkundenchef Kotzbauer hält Diskussion um Unicredit für falsche Debatte und warnt vor Verlust der Wettbewerbsfähigkeit – Commerzbank eröffnet Auslandsrepräsentanzen
Die Integration der Dresdner Bank war der Anfangspunkt für die schwierigen Jahre der Commerzbank zwischen 2013 und 2020, sagt Firmenkundenvorstand Michael Kotzbauer im Interview mit der Börsen-Zeitung und betont, dass eine Übernahme durch die italienische Unicredit keine wirklich grenzüberschreitende Bankenfusion im Sinne einer Bankenunion wäre.
Herr Kotzbauer, kurz vor Weihnachten hat die Commerzbank ihre neue Repräsentanz im litauischen Vilnius eröffnet, um von dort aus Litauen, Lettland und Estland zu bearbeiten. Warum drängt die Commerzbank genau jetzt ins Baltikum?
Die Region hat eine starke Innovationskraft und gutes Wachstum mit viel Dynamik – in allen drei Ländern. Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner. Außerdem sehen wir eine Zunahme von Infrastrukturprojekten und Projektfinanzierungen, die das Baltikum mit dem Rest von Europa verbinden. Die Region ist für unsere Firmenkunden sehr wichtig geworden. Bisher waren wir im Baltikum nicht vertreten. Da wir aber als Commerzbank immer da sein wollen, wo unsere Kunden uns brauchen, haben wir die Repräsentanz in Vilnius eröffnet.
Wie viele Firmenkunden hat die Commerzbank aus der Region oder mit Bezug zum Baltikum?
Wichtiger als die Anzahl der Kunden ist die Qualität der Geschäfte. Wir wissen, dass für uns substanzielle Kunden bereits dort sind oder konkrete Investitionsvorhaben vor Augen haben. Wenn man mit den Geschäftspartnern vor Ort spricht, spürt man einfach eine ganz andere unternehmerische Dynamik als in Deutschland. Zum Beispiel werden behördliche Genehmigungen deutlich schneller umgesetzt, aber auch Investitionsthemen werden politisch sehr stark unterstützt.
Lassen Sie uns über den Business Case in der Region sprechen. Welches Geschäftspotenzial steckt für die Commerzbank im Baltikum?
Wir haben vor, bis 2030 unser Geschäftsvolumen zu verdoppeln.
Die Commerzbank hat in Vilnius eine Repräsentanz eröffnet, keine Filiale. Worin liegt der Unterschied?
Repräsentanzen sind unsere Schnittstellen in das jeweilige Land hinein. Ihre Aufgabe ist der Know-how-Transfer aus dem Land zu unseren Kunden. Sie halten den Kontakt zu Wirtschaft, der öffentlichen Hand, Zentralbanken, Finanzministerien, Politik und zu internationalen Handelskammern. Daher sind Repräsentanzen für den Außenhandel sehr wichtig. Am Ende sind sie wie Botschaften der Commerzbank im Ausland. Sie machen kein operatives Geschäft. Das betreiben die Auslandsfilialen bzw. unsere Zentrale in Frankfurt. Sie betreuen Kunden, führen Konten und reichen Kredite aus.
Was kostet denn der Unterhalt einer Auslandsfiliale?
Bei vollem operativen Betrieb, inklusive Mitarbeitern, Büromiete, IT und dergleichen, kosten Auslandsfilialen einen unteren zweistelligen Millionen-Betrag. Repräsentanzen sind natürlich deutlich günstiger.
Banken haben in Litauen nicht nur gute Erfahrungen gemacht. Der größte Geldwäscheskandal in Europa war in Litauen. Haben Sie daraus für sich spezielle Lehren gezogen?
Ja, sicher. Seither haben Banken und Unternehmen vor Ort ein massives De-Risking betrieben und das Non-Resident-Portfolio verkleinert. Wir haben ein sehr robustes Compliance-Rahmenwerk.
Wie schätzen Sie angesichts der geografischen Nähe zu Russland die geopolitischen Risiken in der Region für das Firmenkundengeschäft ein – insbesondere im Hinblick auf Infrastrukturprojekte, die bekanntlich einen längeren Zeithorizont haben?
Russische Außengrenzen gibt es in Europa viele, nicht nur im Baltikum. Natürlich ist die Bedrohungslage heute eine andere, aber in Europa müssen wir damit umgehen. Ich bin Baujahr 1968 und in einer Zeit groß geworden, als die Bedrohungslage in Europa noch präsenter war. Damals wie heute müssen wir mit der Situation umgehen, und beim Thema Verteidigung spielt das Baltikum heute neben Ländern wie Schweden und Finnland eine entscheidende Rolle. Das ist die Perspektive, die wir einnehmen müssen.
Barcelona, Bratislava, Budapest, Brüssel, Hongkong, Bagdad, Baku, Belgrad, Jakarta, Kuala Lumpur, Tiflis, Minsk und Beirut. Diese Niederlassungen und Repräsentanzen hat die Bank zuletzt alle aufgegeben …
Richtig. Man sollte aber berücksichtigen, in welcher Phase wir damals waren. Ende 2020, als wir begonnen haben, die Standorte zu schließen, war die Commerzbank ökonomisch in einer schwierigen Situation. Mit der fokussierten Strategie 2024 haben wir uns aus dieser herausgearbeitet. Natürlich haben wir damals auch an der Reduzierung unserer Kosten und Komplexität gearbeitet und in diesem Zusammenhang auch unser Auslandsnetzwerk optimiert.
Nach welchen Kriterien hat die Commerzbank ausgemistet?
Ich gebe ein Beispiel: In Spanien hatten wir sowohl in Barcelona als auch in Madrid eine Filiale. Das Hauptgeschäft war und ist aber in Madrid, weshalb wir in Spanien eine Dopplung hatten, die wir aufgelöst haben. Das Gleiche haben wir mit Brüssel und Amsterdam im Benelux-Raum gemacht. Ähnliches gilt für Hongkong, wo wir entschieden haben, dass wir mit Schanghai und Beijing für die Region Greater China gut aufgestellt sind. Wenn ich mir heute anschaue, wie sich seitdem Kundenströme verlagert haben, dann war das auch rückblickend die richtige Entscheidung.
Haben Sie sich aus allen Ländern verabschiedet, wo Sie die Filialen geschlossen haben?
Teilweise haben wir auch Filialen in Repräsentanzen umgewandelt, wie beispielsweise in Dubai oder Sao Paulo. In unserem jährlichen Strategieprozess schauen wir uns immer an, wo wir weiße Flecken auf der Weltkarte haben, wie sich Waren- und Handelsströme verändern und entscheiden dann, ob und wie wir darauf reagieren müssen. Wir wickeln ja rund 30% des deutschen Außenhandels ab. Deshalb haben wir auch neue Repräsentanzen in Marokko und Jordanien eröffnet.
Welche weißen Flecken haben Sie für das Jahr 2025 ausgemacht, die ausgefüllt werden sollten?
Wir fühlen uns mit unserem bestehenden Auslandsnetzwerk sehr wohl, um für unsere Firmenkunden die Brücke von Deutschland in die Welt zu sein. Für uns ist entscheidend, wo unsere Kunden vermehrt unterwegs sind und welche Unterstützung sie von uns in den jeweiligen Ländern brauchen. Da fühlen wir uns in Asien und den USA ganz gut aufgestellt – in Europa sowieso. Was wir uns immer wieder anschauen, ist Indien.
Dort ist die Commerzbank noch nicht?
Doch, wir haben schon lange eine Repräsentanz in Mumbai.
Ist Indien denn ein Kandidat, wo eine Repräsentanz zu einer Filiale aufgewertet werden könnte?
Das wäre aktuell noch zu früh.
Die Commerzbank setzt im Ausland auch auf Partnerbanken. In Osteuropa arbeiten Sie eng mit der Österreichischen Erste Group zusammen. Wie läuft die ab?
Die Kooperation entstand, nachdem wir unsere Tochter in Ungarn an die Erste Group verkauft haben. Inzwischen arbeiten wir in neun osteuropäischen Ländern zusammen: Slowenien, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Rumänien und Nordmazedonien. Unsere Kunden nutzen in diesen Ländern die Infrastruktur, Beratung und Produkte der Erste Group. Dafür gibt es eine Kooperationsvereinbarung, die das im Detail regelt.
Die Erträge verbucht die Erste Group. Was hat die Commerzbank davon?
Wir können unseren Kunden Lösungen in Osteuropa anbieten. Erst heute war ich wieder bei einem deutschen Kunden, um unter anderem über das Thema Produktionsverlagerung nach Osteuropa zu sprechen.
Für wie viele Ihrer Kunden ist das relevant?
Ich führe jährlich mehrere Hundert Kundengespräche. In jedem Gespräch kommt der Produktionsstandort Deutschland und die Verlagerung ins Ausland zur Sprache. Natürlich nicht nur nach Osteuropa, sondern auch in die USA. Wenn ein Unternehmen in den USA erfolgreich sein will, muss es am Ende des Tages auch dort produzieren. Das gleiche gilt auch für China.
Umso wichtiger ist es, dass wir große europäische Banken mit einer gewissen Schlagkraft haben …
… war das jetzt die nette Überleitung?
Fast. Es gibt ja noch eine europäische Bank, die in Osteuropa ganz gut sein soll.
Sie meinen unsere Tochter mBank in Polen? (schmunzelt)
Wir dachten da eher etwas italienischer …
Stimmt, da gibt es noch eine nennenswerte Bank.
Wäre die Unicredit nicht ein spannender Partner für Osteuropa?
Ich lebe im Hier und Jetzt, und die Erste Group ist in Osteuropa der Partner unserer Wahl.
Sie wehren sich ja vehement gegen die Idee einer Übernahme durch die Unicredit. Vor Weihnachten haben die Italiener ihre Derivate-Position nochmal auf 18,59% erhöht – zusätzlich zu den 9,49% an Aktien, die sie bereits halten. Hat Sie das überrascht?
Für uns hat sich durch die höhere Derivate-Position nichts verändert. Wir nehmen das zur Kenntnis und fokussieren uns weiterhin auf unsere eigene Strategie.
Wie zufrieden sind Sie denn, wie der Abwehrkampf bislang verläuft – auch mit Blick auf die Unterstützung aus Berlin?
Wir haben immer klar kommuniziert, dass wir als Vorstand einer börsennotierten Bank jeden Vorschlag ergebnisoffen prüfen. Jedoch gibt es kein Angebot, was wir bewerten könnten. Wir sind fest von unserer Strategie überzeugt, die auf Eigenständigkeit fußt und wollen das Beste für unsere drei Stakeholder: Neben den Aktionären sind das auch unsere Mitarbeitenden und unsere Kunden. Die Unicredit ist nach ihrer eigenen Aussage ein Investor. Deshalb führen wir Gespräche wie mit jedem anderen Investor auch.
Glauben Sie einer Bank wie der Unicredit, dass sie ihre Beteiligung an der Commerzbank als reines Finanzinvestment betrachtet? Die Unicredit ist ja kein Finanzinvestor …
Über die Absichten der Unicredit müssen Sie mit der Unicredit sprechen. Aktuell behandeln wir die Unicredit wie jeden anderen Investor auch. Unser Hauptfokus liegt auf der Wertsteigerung für unsere Stakeholder.
Seit Jahren wird in Europa über eine Bankenunion und große grenzüberschreitende Fusionen gesprochen, um ein Gegengewicht zu den großen US-Häusern zu bilden. Wäre in diesem Kontext ein Zusammenschluss zwischen der Commerzbank und der Unicredit nicht sinnvoll?
Ein Zusammenschluss mit der Unicredit wäre im Kern eine nationale Bankenkonsolidierung – keine europäische.
Weil die Unicredit vermutlich die HVB mit der Commerzbank zusammenlegen würde?
Genau. Es gibt zwei entscheidende Punkte, die oft übersehen werden. Wenn ich eine grenzüberschreitende Bankenfusion in ihrer vollen Effizienz haben wollte, bräuchte es dafür – und das ist die völlig richtige Diskussion – eine Bankenunion. Die haben wir aber nicht. Liquidität und Kapital würden an der deutsch-österreichischen Grenze anhalten. Wir haben in Europa keine Bankenunion, weil wir beispielsweise keine gemeinsame europäische Einlagensicherung haben. Die lehnt ja bekanntlich Deutschland ab. Italien im Gegenzug lehnt die ESM-Reform ab. Wir haben keinen gemeinsamen Kapitalmarkt und keinen einheitlichen Verbriefungsmarkt, den wir dringend bräuchten. Eine nationale Bankenfusion würde die benötigte Bankenunion daher keinen Schritt weiterbringen.
Man könnte natürlich sagen, dass so eine Fusion den politischen Druck erhöhen würde.
Dieser Logik folgend müssten wir heute schon eine Bankenunion haben. Die HVB und Bank Austria sind ja schon lange Teil der Unicredit. Beide Übernahmen haben allerdings kein bisschen dazu geführt, näher an die Banken- und Kapitalmarktunion zu kommen. Der Beweis ist also schon erbracht, dass eine nationale Konsolidierung dabei nicht hilft. Das ist meine ganz nüchterne Betrachtung der Fakten.
Sie argumentieren auch gerne, dass die Commerzbank nach einer Fusion wieder lange mit sich selbst beschäftigt wäre, was schlecht für das Kundengeschäft sei.
Dem ist auch so. Ich war 2009 Leiter für ein Teilprojekt bei der Integration der Dresdner Bank in die Commerzbank. Ich weiß also, was es heißt, wenn eine Bank mit sich selbst beschäftigt ist. Und wenn ich zurückblicke, dann waren die Integrationsjahre der Anfangspunkt für die schwierigen Jahre, die wir bei der Commerzbank zwischen 2013 und 2020 erlebt haben. Eine große Bankenfusion führt immer auch zu Kundenabrieb. Das sehen wir gerade bei der Zusammenlegung von Credit Suisse und UBS.
Inwiefern?
Die Schweiz ist einer unserer Heimatmärkte. In Zürich sind wir mit einer Niederlassung vertreten. Und obwohl die Integration der Credit Suisse in die UBS wirklich gut läuft, sind wir einer der großen Profiteure daraus. Firmenkunden wollen nicht alles auf eine Karte setzen und suchen sich deshalb neben der UBS eine zweite starke Firmenkundenbank. Das passiert bei einer Bankenfusion ganz automatisch. Daher freuen wir uns sehr, dass unsere Finanz- und Kapitalmarktexpertise auch von Schweizer Firmenkunden sehr geschätzt wird.
Was sagen denn Ihre Kunden zur Unicredit?
Diese Frage hat auch eine Umfrage vom Finance-Magazin im Oktober 2024 unter rund 170 CFOs, Finanzleitern und Treasurern adressiert. Ergebnis: Zwei Drittel der Befragten sind skeptisch – und von den Finanzentscheidern, die uns als Hausbank haben, bewerten sogar 77% eine Übernahme als „negativ“ oder „eher negativ“.
Aus meinen Gesprächen mit unseren Firmenkunden nehme ich mit, dass sie eine Bank haben möchten, die ihre Kreditentscheidung in Deutschland trifft. Im Commerzbank-Vorstand können wir jeden Kredit in Frankfurt entscheiden. Des Weiteren wünschen sich Firmenkunden eine Betreuerin beziehungsweise einen Betreuer, dem sie in die Augen schauen können. Und je tiefer Sie in den Mittelstand gehen, desto wichtiger wird dieses Thema.
Wie viele Ihrer Firmenkunden unterhalten denn auch eine Kundenbeziehung zur Unicredit?
Wir kennen unsere Kunden und wissen sehr genau, welche Banken dort noch engagiert sind. Unser Mittelstandsgeschäft geht vom kleinen Unternehmenskunden, über KMUs bis hoch zu den internationalen Großkonzernen. Wir decken also die gesamte Breite des deutschen Mittelstands und der deutschen Firmenkundenlandschaft ab. Egal wie eine andere Bank ihr Mittelstandssegment zuschneidet, es wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Überschneidungen geben.
Lehnen Sie eine Fusion mit einer anderen Bank denn grundsätzlich ab, oder wären Sie für eine andere Bank offen, die vielleicht etwas freundlicher auftritt und besser zur Commerzbank passt? Mit der Ersten Group scheinen Sie sich gut zu ergänzen – und Ihr halber Vorstand kommt aktuell von dort …
Na, dann ist die Sache natürlich klar. (lacht) Spaß beiseite, wir haben doch vorhin über das eigentliche Thema gesprochen: Wir brauchen zuerst die europäische Bankenunion.
Bis wir eine Bankenunion haben, kommt für Sie eine Fusion also nicht in Frage?
Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass die Bankenunion für die Sinnhaftigkeit einer grenzüberschreitenden Bankenfusion von entscheidender Bedeutung ist. Wenn wir die Kapitalmarkt- und Bankenunion haben, werden sich natürlich auch andere Optionen auftun. Aber die Realität ist nun mal, dass wir in Europa noch immer sehr viel Kleinklein haben. Das ist der große Unterschied zu den USA, die einen einheitlichen Kapital- und Verbriefungsmarkt haben. Die derzeitige Debatte über eine nationale Bankenkonsolidierung ist meiner Meinung nach die Falsche.
Was wäre denn die richtige Debatte?
Wir müssen mehr über unsere Wettbewerbsfähigkeit sprechen und in Deutschland aufpassen, nicht weiter zurückzufallen. Deutschland und Europa müssen als Standorte sowohl für die Industrie als auch für Kapital attraktiv bleiben. Die Größe einer deutschen oder europäischen Bank spielt da eine untergeordnete Rolle. Gerade für die großen notwendigen Infrastrukturprojekte braucht es neben den Banken und der öffentlichen Hand vor allem auch privates Kapital und den Verbriefungsmarkt. Diese Hausaufgaben müssen wir machen. Nur, wenn wir das hinbekommen, haben wir wirklich einen integrierten europäischen Markt. Der Rest, inklusive grenzüberschreitender Bankenfusionen, kommt dann danach – aber nicht umgekehrt.
Rund 40 Mill. Euro: Keine andere Branche hat 2024 in Deutschland so viel für Lobbyarbeit ausgegeben wie die Finanzbranche. Braucht es noch mehr?
Es braucht vor allem mehr Diskussion und Meinung! Wir haben in Deutschland neben Bürokratie auch ein Haltungs- und Einstellungsthema und müssen schauen, als Standort wieder attraktiver zu werden. Wettbewerbsfähigkeit ist ein hohes Gut, denn sie kreiert Wohlstand, zieht Investitionen an und schafft Arbeitsplätze. Wenn ich lese, dass in einem Unternehmen hier 10.000 Stellen und dort 14.000 Arbeitsplätze abgebaut werden, dann ist das ein alarmierendes Signal. Wir stehen im Standortwettbewerb mit anderen Ländern – ob wir das wollen oder nicht. Und wir müssen lernen, uns wieder attraktiver darzustellen.
Wie die baltischen Länder?
Von diesen können wir durchaus etwas lernen. Dort ist die Bürokratie sehr schlank, die Administration ist hoch digitalisiert. Genehmigungen erfolgen sehr schnell. Als wir im Vorfeld unserer Repräsentanz-Eröffnung in Litauen waren, hatten wir innerhalb von eineinhalb Tagen Gespräche mit drei Ministerien. Die Politik dort möchte Investitionen ins Land holen und hat daher eine ganz andere Haltung – sie wollen attraktiv und wettbewerbsfähig sein. Und ich glaube, zu dieser Haltung müssen wir in Deutschland zurückfinden. Wir sind ein reiches Land, haben kein Staatsdefizit wie andere Länder. Aber Wohlstand muss erarbeitet werden.
Zur Person
Michael Kotzbauer begann seine Karriere als Auszubildender bei der Commerzbank in Frankfurt und arbeitet seitdem durchgehend für die Mittelstandsbank. Heute ist er Firmenkundenvorstand und stellvertretender CEO der Commerzbank und weiß, was es heißt, wenn eine Bank im Zuge der Integration einer großen Bank über Jahre mit sich selbst beschäftigt ist. Die Übernahme der Dresdner Bank erlebte Kotzbauer hautnah mit.
Das Interview führten Philipp Habdank und Carolin Kassella.
Das Interview führten Philipp Habdank und Carolin Kassella.