Neue Sicht auf Credit-Suisse-Krise
Neue Sicht auf Credit-Suisse-Krise
Untersuchungsbericht sieht institutionelle Mängel – Kritik an Finanzmarktaufsicht
dz Zürich
Nebenstehender Kommentar
Bericht Seite 4
Die Credit Suisse hat ihren Beinahe-Kollaps und den Notverkauf an den großen Rivalen UBS am 19. März 2023 durch jahrelanges Missmanagement selbst verschuldet. Mit dieser Bemerkung leitet die Untersuchungskommission des Schweizer Parlamentes (PUK) ihren am 20. Dezember in Bern vorgestellten Bericht über die Hintergründe jenes Debakels ein, das die Schweiz noch immer intensiv beschäftigt.
600 Seiten Bericht mit 20 Empfehlungen
Die Untersuchung konzentrierte sich aber nicht auf die Geschäftsführung der gescheiterten Bank, sondern auf Verhalten und Vorgehen der Bundesbehörden, insbesondere auf die Finanzmarktaufsicht (Finma), das Finanzministerium und die Schweizerische Nationalbank. Der fast 600 Seiten starke Bericht bewertet die Leistungen dieser Institutionen und ihrer Akteure kritisch, aber auch konstruktiv und gipfelt in 20 Empfehlungen für die Regierung sowie in elf parlamentarischen Eingaben. Insbesondere wird die Regierungsbehörde aufgefordert, in der künftigen Ausgestaltung der Too-big-to-fail-Regulierung die internationalen Abhängigkeiten und die relative Größe der UBS im Vergleich zur Schweiz „angemessen zu berücksichtigen“ und den Interessen der Gesamtvolkswirtschaft „mehr Gewicht beizumessen“.
Der Bericht moniert die Umsetzung der Too-big-to-fail-Gesetzgebung seit 2015. Die Credit Suisse profitierte über Jahre von Ausnahmeregelungen bei der Kapitalausstattung, was letztlich in eine gravierende Kapitallücke im Stammhaus führte.
UBS wirbt für eigene Wettbewerbsfähigkeit
Die UBS, die seit der Großübernahme selbst in einem politischen Prozess zur Rekalibrierung der Eigenmittel steckt und deren Erhöhung um bis zu 25 Mrd. Dollar unbedingt verhindern will, reagierte prompt: „Allfällige Anpassungen der regulatorischen Anforderungen müssen zielgerichtet, proportional und international abgestimmt sein, wobei Finanzstabilität und volkswirtschaftliche Kosten ausbalanciert werden müssen. Dies ist entscheidend für eine starke und wettbewerbsfähige UBS“, schreibt die Bank in einer Stellungnahme.
Kritisch beleuchtet der PUK-Bericht auch die Rolle der Finanzmarktaufsicht (Finma), deren Direktor der aktuelle BaFin-Präsident Mark Branson von 2014 bis 2021 war. Die Finma habe die vielfältigen Probleme und Entgleisungen der Credit Suisse zwar stets auf dem Radar gehabt und sich auch nicht vor zahlreichen Rügen und anderen Maßnahmen gescheut, um eine Verhaltensänderung durchzusetzen. Dennoch habe die Credit Suisse kaum Fortschritte gemacht. Das stelle die Wirksamkeit der Interventionen der Finma infrage. Auch Ex-Finanzminister Ueli Maurer erhält für seine Kommunikation keine Bestnote.