TITEL

Nicht nur Pech gehabt

Risikobegrenzung

Nicht nur Pech gehabt

Den Klassiker kennt fast jeder Deutsche, der über 40 Jahre alt ist: Um die Jahrtausendwende zu Höchstkursen einen großen Betrag, mitunter gar das ererbte Vermögen, allein in Aktien der Deutschen Telekom oder einen Technologiefonds investiert. Schließlich irgendwann verkauft, nachdem die Kurse massiv gefallen waren, einfach um dem Schrecken ein Ende zu setzen. “Pech gehabt”, mit solch einem Urteil werden diese Extremverluste oft beiseite gewischt. Allein: Die drastischen Einbußen konnten passieren, weil bei Investments alles auf eine Karte gesetzt wurde und alle Regeln der Risikobegrenzung sträflich missachtet wurden.William F. Sharpe, seines Zeichens Wirtschaftsprofessor und für die Entwicklung der Portfoliotheorie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, erzählt gern, dass er in seinem Leben nur einmal auf einen Aktientipp eines Freundes gehört hat und prompt danebengriff. Seine drei Ratschläge für Anleger lauten daher: “Streuen, streuen, streuen.”Wobei das Diversifizieren mitunter zu eng betrachtet wird. Wer nur in Aktien anlegt, geht erhebliche Risiken ein, auch wenn er seine Investments in Dividendentitel breit streut. Das haben nicht zuletzt auch die Aktiencrashs der vergangenen Jahre gezeigt. So ist auch der Diversifikationseffekt nicht allzu hoch, wenn zum Beispiel zusätzlich zu einem europäischen Aktienfonds noch ein amerikanischer gekauft wird.Das Streuen verringert vor allem das Risiko, wenn es über mehrere Assetklassen erfolgt. So haben sich Anleihen als guter Diversifizierer von Aktienrisiko erwiesen, stellt Morningstar-Analyst Ali Masarwah fest (vgl. Interview). Auch zusätzliche Anlagen in Wohneigentum oder auch in offenen Immobilienfonds vermindern in der Regel die Portfoliorisiken deutlich. Nicht zuletzt wirkt auch das Halten einer Cashquote risikomindernd und läßt manch einen ruhig schlafen, weil ein üppig bemessener Notgroschen nicht dem Unbill der Märkte ausgesetzt ist.Langfristig stellen Aktien eine der einträglichsten Anlageformen dar, das beweist nicht zuletzt das Dax-Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts (vgl. www.dai.de). Daher sollten sich Anleger nicht völlig von ihnen verabschieden, zumindest, wenn es um langfristige Sparprozesse geht. Auch bei Aktieninvestments bestehen Möglichkeiten, Risiken einzugrenzen.Zum einen gibt es auch bei Anlagen in Aktien unterschiedliche Risikoklassen. So weisen breit gestreute Anlagen in etablierte Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen und auskömmlichen Dividenden, wie sie zum Beispiel ausgewählte Dividendenfonds bieten, im Allgemeinen geringere Risiken als der Gesamtmarkt auf. Hingegen bergen Investments in Börsenneulinge, Start-ups oder in fundamental hoch bewertete Branchen, die gerade in Mode sein mögen, meist überdurchschnittlich hohe Risiken. Zum anderen können Investoren das Risiko von Aktienanlagen reduzieren, indem sie nicht mit all ihrem Vermögen auf einmal einsteigen. Wer gestaffelt kauft oder Aktien über eine Sparplan erwirbt, entgeht der Gefahr, ausgerechnet dann zu kaufen, wenn Dax oder Dow gerade ein langjähriges Hoch erreicht haben, das dann erst wieder in mehreren Jahren in Sichtweite rückt. Auch ein gestaffelter Ausstieg reduziert das Risiko, zum falschen Zeitpunkt zu verkaufen.Verluste am Aktienmarkt können auch durch automatische Verkaufsorders begrenzt werden, sobald ein bestimmtes Kursniveau unterschritten wird. Gerade bei langfristigen, diversifizierten Sparprozessen in Standardtiteln können solche Stopp-Loss-Orders aber auch kontraproduktiv wirken. Denn sie verursachen Transaktionskosten und können dazu führen, dass ausgerechnet bei tiefen Ständen dann kein Engagement am Aktienmarkt mehr besteht.