Niedrigzins trifft Ärmere
Ärmere Sparer legen ihr Geld vor allem in Einlagen an – und sind damit die “Verlierer des Niedrigzinses”, wie der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) ausgemacht hat.jsc Frankfurt – In der Debatte um die Folgen der niedrigen Zinsen auf das Vermögen privater Sparer führen die genossenschaftlichen Banken ein sozialpolitisches Argument ins Feld: Weil Bundesbürger mit geringem Einkommen wenig Spielraum beim Sparen haben und zudem Einlagen bevorzugen, leiden sie vergleichsweise stärker unter den Konsequenzen der Niedrigzinspolitik, wie ein aktueller Bericht des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) argumentiert.Bis zu mittleren Einkommen hinauf legen Sparer demnach die Hälfte ihrer Geldvermögen und mehr in Form von Bankeinlagen an, während Gutverdiener ein ausgewogenes Verhältnis aus Wertpapieren und Einlagen anstreben. Haushalte mit einem Einkommen unter 1 000 Euro im Monat legen in rund der Hälfte aller Fälle höchstens 50 Euro im Monat zur Seite, während ab Einkommen von 3 000 Euro Sparraten von 250 Euro und mehr üblich sind. Für den Bericht hat der Verband die jüngste Einkommens- und Verbraucherstichprobe des Statistischen Bundesamtes herangezogen und im April Bundesbürger zum Sparverhalten befragen lassen. Menschen mit niedrigem Einkommen seien “Verlierer des Niedrigzinses”, lautet das Resümee.Zum Zinseffekt auf verschuldete Haushalte hat der Verband allerdings keine Daten erhoben. Unberücksichtigt bleiben auch Aussichten höher rentierlicher Anlagen wie Aktien und Sachwerte, so dass der Renditeabstand zu Einlagen unklar bleibt. Bundesbank widersprochenMit der nun vorgelegten Einschätzung setzt der Verband andere Akzente als die Bundesbank, die im Oktober die Renditen der Geldvermögen unter die Lupe nahm und die negativen Folgen niedriger Zinsen auf die privaten Geldvermögen relativierte. Hob die Bundesbank noch hervor, dass die Zinsen bereinigt um die Inflation zwar nachhaltig knapp unter die Nullmarke, aber nicht weit unter das frühere Niveau gesunken seien, prognostiziert der BVR, dass die reale Verzinsung konservativ ausgerichteter Sparpläne bis Ende nächsten Jahres noch weiter zurückgehen werde. Während laut Bundesbank die Renditen für Sparer auch nach Abzug der Inflation positiv waren, unter anderem, weil Aktien positiv abschnitten, betont der Verband, dass eine breite Wertpapieranlage für viele Sparer nicht möglich sei.Zwar haben einige Anleger schon umgedacht, sagt BVR-Volkswirt Jan Philip Weber. Bei kleinen Sparbeträgen sei es aber vergleichsweise aufwendiger, eine Wertpapierstrategie zu verfolgen, und auch eine fehlende Finanzbildung erschwere die Anlage. “Der Tipp, verstärkt in Aktien zu investieren, ist nicht falsch”, sagt er. “Aber er gilt nicht für alle.”