Panama bringt Schweiz an Grenzen

Finanzmarktaufsicht warnt vor zunehmendem Geldwäscherisiko

Panama bringt Schweiz an Grenzen

Von Daniel Zulauf, ZürichEs gibt immer noch zu viele schwarze Schafe unter den Schweizer Banken, die den Finanzplatz einem erheblichen Reputationsrisiko aussetzen. Diese Auffassung vertritt kein Geringerer als Mark Branson, der in seiner Funktion als Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht im Grunde die Rolle eines Chefpolizisten ausübt. Gestern in Bern sprach Branson an der Jahresmedienkonferenz seiner Behörde Klartext: “Das Geldwäschereirisiko in der Schweiz hat zugenommen. Und die Banken sollten Geldwäscherei noch stärker bekämpfen.”Noch sei es zu früh, die Enthüllungen der “Panama Papers” zu werten, sagte Branson. Sie seien bislang lediglich “der jüngste Beweis dafür, dass Vermögen wie Wasser durch verschiedene Länder fließt”. Die Anfälligkeit des globalen Finanzsystems für Missbrauch werde durch die Panama Papers ebenso offensichtlich wie die Notwendigkeit, stärker gegen diesen anzukämpfen. Dass die internationale Geldwäsche für den Schweizer Finanzplatz als weltgrößter Ort für Offshore-Vermögen ein Risiko darstellt, ist keine Neuheit. Der erste nationale Bericht über das Thema, den die Regierung selbst in Auftrag gegeben hat und im Juni in Empfang nehmen durfte, kommt exakt und wenig überraschend zu diesem Ergebnis. Die Schweiz sei für das Waschen von Erträgen aus Straftaten im Ausland nach wie vor attraktiv, heißt es in dem Bericht. Das Problem sei aber nicht die Ausgestaltung der Gesetze, sondern vielmehr deren operative Anwendung, die “noch verbessert werden sollte”. “Ein Viertel ist zu viel”Wenn nicht alles täuscht, wappnet sich die Finma schon jetzt vorsorglich gegen eine neue Welle der Kritik, die in den in naher Zukunft absehbaren spektakulären Fällen von Geldwäsche auf sie niederprasseln könnte. Branson verweist auf zwei eklatante Fälle von politisch exponierten Personen im Ausland, bei denen Bestechungsgelder auch über Schweizer Banken geflossen sind. Im brasilianischen Petrobras-Skandal hat die Finma im vergangenen Jahr drei Verfahren gegen Beaufsichtigte eingeleitet, im Fall des malaysischen Staatsfonds 1MDB sind es vier Verfahren. Insgesamt seien allein im Zusammenhang mit diesen beiden Skandalen Abklärungen bei mehr als 20 Banken vorgenommen worden. Im Fall Petrobras seien die Geldwäschebestimmungen bei einem Viertel der untersuchten Banken nicht angemessen angewendet worden. “Ein Viertel ist zu viel”, stellte Branson fest.Beunruhigend findet der Aufsichtschef den Umstand, dass es bei den aktuellen Geldwäschefällen nicht um Altlasten geht. Man stelle vielmehr eine Häufung neuer Vorfälle fest, die zudem klare Hinweise auf den Tatbestand von Korruption enthalten und hohe Beträge betreffen.Offensichtlich fehlt gewissen Banken also immer noch die Sensibilität für das Thema – oder sie sind durch die schwierigen Marktverhältnisse so sehr unter Druck, dass sie bei Risikokunden im Zweifelsfall eben lieber ein Auge zudrücken. Während sich Branson gegen eine weitere Verschärfung der Gesetze ausspricht, plant er offensichtlich, die Gangart gegenüber fehlbaren Banken weiter zu verschärfen. 2015 kam es erstmals zu einem Lizenzentzug, und das Instrument des Berufsverbotes wendet die Behörde seit einiger Zeit offensiv an. Doch im Wissen um die im internationalen Vergleich doch eher beschränkten Mittel plädiert die Finma auch für ein Umdenken im Meldewesen.Über viele Jahre hinweg zeigten sich die Schweizer Banken und Behörden stolz auf die ausgeklügelte Selbstregulierung in der Geldwäschebekämpfung. Die Banken sollen mögliche Fälle erst dann melden, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt. Als Folge davon kam es in der Schweiz 2014 nur zu 1 753 Meldungen, während beispielsweise in Großbritannien 350 000 Hinweise eingingen. Das Schaffen riesiger Datenmengen, die kaum sinnvoll verarbeitet werden könnten, sei zwar nicht die Lösung des Problems, sagte Branson. Doch auch das Schweizer System, das auf wenigen, dafür qualitativ hochstehenden Meldungen beruhe, habe seine Grenzen. Die Meldungen kämen in vielen Fällen sehr spät und oft erst dann, wenn schon die Presse Alarm geschlagen habe.Ein Grund für die Zurückhaltung der Banken könnte sein, dass die als verdächtig gemeldeten Vermögenswerte unter alter Geldwäschegesetzgebung sofort einer vorsorglichen Sperrung unterzogen wurden. Diese Bestimmung wurde Anfang Januar allerdings gelockert. Meldungen können daher nun schneller erfolgen. Die Probleme im Meldewesen machen dennoch deutlich, dass der Effizienz in der Aufsicht Grenzen gesetzt sind.—– Bericht Seite 6