Poker um Abwicklung

Verhandlungen in entscheidender Phase - EU-Kommission macht Druck

Poker um Abwicklung

Die Verhandlungen darüber, wie und auf wessen Anweisung in Zukunft marode Banken in Europa abgewickelt werden sollen, treten in die entscheidende Phase. Die EU-Kommission ist zuversichtlich, dass eine politische Einigung über die EU-Richtlinie (BRRD) und den geplanten einheitlichen Mechanismus (SRM) bis Jahresende gefunden wird.fed/bn Brüssel/Frankfurt – Europas Finanzminister müssen bereits am Montag und Dienstag einen entscheidenden Schritt vorankommen, damit der Zeitplan eingehalten werden kann. Im Zentrum ihrer Diskussionen stehen fünf Themen: Rechtsbasis, Kompetenzverteilung, Entscheidungsverfahren, Finanzierung und Anwendungsbereich. Wie eng sie miteinander verknüpft sind, lässt sich an folgender Darstellung veranschaulichen: Vor allem die Bundesregierung hat Bauchschmerzen damit, dass die Einrichtung eines gemeinsamen Abwicklungsmechanismus allein auf die einschlägige Rechtsgrundlage für den Binnenmarkt aufgesetzt wird. Eigentlich, so meint Finanzminister Wolfgang Schäuble, müsse eine Vertragsänderung her.Schäuble dürfte weit weniger Probleme haben, falls – Stichworte Kompetenzverteilung und Entscheidungsverfahren – zunächst einmal keine einheitliche Behörde eingerichtet, sondern eine enge Kooperation nationaler Behörden organisiert und die Rolle der EU-Kommission dabei gestutzt wird. Selbst in der EU-Behörde nehmen hochrangige Beamte den von der Bundesregierung favorisierten Begriff des “Netzwerks” in den Mund. Auch ein Kompromiss in Fragen der Finanzierung hängt eng von der Verständigung bei anderen Streitpunkten ab. Denn je weitreichender der Bail-in von Aktionären, Gläubigern oder vermögenden Sparern mit Einlagen von mehr als 100 000 Euro in der EU-Richtlinie ausgestaltet wird, umso kleiner kann der gemeinsame Restrukturierungsfonds ausfallen. Zudem dürfte die Aussicht auf einen Kompromiss steigen, wenn die EU-Kommission dem deutschen Wunsch nach Begrenzung des Anwendungsbereichs des Abwicklungsregimes auf Großbanken nachkommt.Unmittelbar vor den Verhandlungen der Minister zu Wochenbeginn in Luxemburg gab sich die EU-Kommission noch einmal ausdrücklich kompromissbereit – insbesondere, was ihre Rolle bei der künftigen Abwicklung angeht. “Die EU-Kommission ist nicht besessen von der Idee, dass unbedingt sie das letzte Wort haben muss”, unterstrich eine EU-Beamtin. Aber es müsse sichergestellt sein, dass Abwicklungsbeschlüsse “sehr schnell, glaubwürdig und europäisch” gefällt werden können. Streit um EU-VerträgeEU-Kommissar Michel Barnier warb deshalb vor der Presse in Frankfurt noch einmal dafür, dass der EU-Kommission die Kompetenz über Abwicklung von Banken in Schieflagen zumindest so lange übertragen werden sollte, bis nach einer Änderung der EU-Verträge etwa der Rettungsfonds ESM diese Aufgabe wahrnehmen könne. Er zeigte zwar Verständnis für Schäubles Pochen auf eine Änderung der EU-Verträge als Voraussetzung für die Übertragung der Abwicklung nach Europa. Barnier verweist aber auf die Dauer einer Vertragsänderung. “Das Problem ist, wenn wir in der Zwischenzeit eine Bankenkrise haben, dann können wir nicht auf eine mögliche künftige Vertragsänderung warten. Das heißt, es ist meine Aufgabe, so schnell wie möglich Lösungen zu finden, und zwar im Rahmen bestehender Verträge.” Er wolle nicht später in den Zeitungen lesen, die EU-Kommission habe nichts getan.Nationale Aufseher könnten nicht mit der Abwicklungsentscheidung betraut bleiben, da Schieflagen grenzüberschreitend aktiver Banken sie vor Probleme stellten. Das geplante Gremium im künftigen SRM-Regime, der Ausschuss (Board) mit Vertretern der EZB, der EU-Kommission und nationaler Behörden, sei eine “Agentur” und daher rechtlich nicht befugt, im Falle eines Falles “auf den Knopf zu drücken”. Er sei offen für Vorschläge anderer Lösungen, solange sie effektiv und juristisch praktikabel seien, betonte Barnier.