GastbeitragFinanzierung der Energiewende

Privates Kapital für die Energiewende muss stärker in den Fokus rücken

Die Energiewende wirft drängende Fragen auf, auf die es Antworten zu finden gilt. Unter anderem ist zu klären, wie administrative und rechtliche Hürden abgebaut werden können, um mehr privates Kapital zu mobilisieren, schreibt Gastautor Robert Pottmann von Meag.

Privates Kapital für die Energiewende muss stärker in den Fokus rücken

Gastbeitrag

Privates Kapital für die Energiewende muss stärker in den Fokus rücken

Deutschland hat mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz KSG die gesamteuropäische Ambition des European Green Deals für seinen Teil verbindlich umgesetzt und sogar noch gesteigert: Net Zero soll in Deutschland bereits 2045 erreicht werden. Dabei soll die notwendige Transformation des Energiesystems „sicher, sauber und bezahlbar“ sein, wie es die aktuelle Bundesregierung formuliert.

Regenerativ erzeugter Strom

Die Transformation des deutschen Energiesystems soll konzeptionell auf Grundlage einer möglichst weitreichenden direkten und indirekten Nutzung regenerativ erzeugten Stroms gelingen. Diese Elektrifizierung umfasst neben der klassischen Stromversorgung auch die Bereiche Industrie, Transport und Wärme. Flankiert wird das Energiesystem der Zukunft durch einen möglichst effizienten Umgang mit Energie, die Nutzung von Wasserstoff, Biomethan und Batteriespeichern sowie eine weitgehend IT-basierte Flexibilisierung auch der Stromnachfrage.

Allein der Netzentwicklungsplan Strom (NEP) 2023 sieht bis 2045 rund 4.800 Kilometer neuer Leitungen und circa 2.500 Kilometer Verstärkung bereits vorhandener Verbindungen vor. Das korrespondierende Investitionsvolumen in die Stromübertragungsnetze onshore und offshore beträgt mehr als 300 Mrd. Euro.

Privates Kapital unterstützt Transformation

Die Transformation des deutschen Energiesystems und damit auch der Ausbau der Stromübertragungsnetze stellt für private Kapitalgeber wie Versicherer und andere institutionelle Investoren eine attraktive Chance dar, Investitionen entsprechend den für sie geltenden regulatorischen Anforderungen zu tätigen. Insbesondere die großen deutschen, europäischen, aber auch globalen Akteure haben die Möglichkeit, umfängliche Investitionen in dringend benötigte, hoch regulierte Infrastruktur mit moderatem Risikoprofil und systemimmanentem Inflationsschutz zu investieren. De facto handelt es sich dabei also um die Art von Investitionen, die seitens der Banken- bzw. Finanzmarktregulierung unter dem Aspekt Resilienz und Stressresistenz erwünscht bzw. regulatorisch privilegiert sind.

Drängende Fragen

Um den allein für Deutschland kaum vorstellbar hohen Investitionsbedarf zu decken und das gewünschte und benötigte private Kapital mobilisieren zu können, bedarf es umso mehr einer holistischen, politischen und behördlichen Problemerkenntnis, Problemlösungs- und Managementkompetenz. Folgende Fragen gilt es zu beantworten, welche die Herausforderung bei der Mobilisierung privaten Kapitals zur Finanzierung der Energiewende verdeutlichen: Wie können Energie-, Banken- und Finanzmarktregulierung ideal aufeinander abgestimmt werden? Gibt es rechtliche bzw. steuerliche Hürden – inklusive Fragen des Investment- und Investmentsteuerrechts –, die beseitigt werden müssen? Welche Verhältnisse treffen Investoren auf den nationalen und internationalen Kapitalmärkten an? Wie ist die erwartete Rentabilität von Investitionen in Deutschland zu vergleichbaren Investitionen außerhalb Deutschlands zu bewerten? Werden die unternehmerischen Wagnisse insgesamt hinreichend angemessen vergütet? Ist das regulatorische Regime hinreichend verständlich, um in substanziellem Umfang Kapital von Finanzinvestoren mobilisieren zu können?

Breiter Rückhalt ist nötig

Die deutsche Energieinfrastruktur – seien es die Stromübertragungsnetze, die Verteilnetze, das Wasserstoffkernnetz oder die benötigten Reservekraftwerke – stehen im globalen Wettbewerb um Kapital. Entscheidend ist somit, dass private Investoren angemessen für das Eingehen unternehmerischer Risiken vergütet werden. Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen zudem verständlich und wettbewerbsfähig ausgestaltet sein. Der Gesetzgeber, die zuständigen Ministerien und die Aufsichtsbehörden sind angesichts des massiven Kapitalbedarfs gut beraten, ganzheitlich, vernetzt und pragmatisch zu denken und zu handeln.

Risiko, sich im Klein-Klein zu verlieren

Dem Risiko, sich angesichts der Komplexität der Herausforderung im Klein-Klein zu verlieren und für Investoren wichtige Entscheidungsparameter zu übersehen bzw. ihnen nicht die notwendige Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen, muss aktiv entgegengetreten werden. Die Transformation der Energieversorgung setzt zudem einen breiten politischen und gesellschaftlichen Rückhalt voraus. Auch dieser Aspekt sollte nicht unterschätzt werden.

Beitrag zum Klimaschutz leisten

Je mehr Zeit der gesellschaftliche Konsens braucht, je langsamer die notwendigen Abstimmungen und Genehmigungen vorankommen und je weniger die Politik die dringend notwendige Transformation mit tarifären und nichttarifären Maßnahmen unterstützt, desto länger unterbleiben Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen. Deutschlands Anteil an den weltweiten CO₂-Emissionen ist zwar vergleichsweise gering, doch wir sollten unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Schon heute sind große Kapitalsammelstellen wie Versicherer und institutionelle Investoren in der Transformation der deutschen Energiewirtschaft engagiert. Ungeachtet dessen können sie noch erheblich mehr beitragen. Es geht dabei nicht nur um die Höhe des Beitrags, sondern vor allem auch um Schnelligkeit.

Robert Pottmann

Lead Asset & Structures Alternative Assets bei Meag

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.