Provisionsverbot offenbar vom Tisch
Provisionsverbot offenbar vom Tisch
EU-Kleinanlegerregeln gewinnen Konturen – Belgischer Ratsvorsitz drückt aufs Tempo
fed Frankfurt
Die europäische Kleinanlegerstrategie wird zusehends konkreter. Der auch als Retail Investment Strategy bekannte Vorstoß, um privaten Haushalten einen einfacheren und sichereren Zugang zu Investmentprodukten zu bieten, bewegt sich auf die Zielgrade zu. Nachdem sich der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments bereits im Frühjahr auf eine gemeinsame Position verständigt hat, sind die EU-Mitgliedstaaten kurz davor, sich auf eine „allgemeine Ausrichtung“ zu einigen.
Gemeinsame Ratsposition Mitte Juni realistisch
Die belgische Ratspräsidentschaft hat den Ehrgeiz, noch unter ihrem Ende Juni endenden Vorsitz eine Einigung auf einen Ausgangspunkt für die Schlussverhandlungen mit dem EU-Parlament zu vermitteln. Mehrere mit den Treffen der zuständigen Ratsarbeitsgruppe vertraute Personen schätzen eine Verständigung bereits Mitte Juni als realistisch ein.
Trilog könnte im Herbst starten
Unterhändler des neu gewählten EU-Parlaments und des neuen ungarischen EU-Ratsvorsitzes (ab Juli) könnten noch im Herbst den Trilog starten. Ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wäre somit Anfang 2025 oder sogar noch dieses Jahr möglich.
Viele Streitpunkte schon ausgeräumt
Viele Streitpunkte sind schon ausgeräumt worden. Beispielsweise gab es zuletzt bei Veröffentlichungspflichten oder dem Umsetzungszeitplan keinen Diskussionsbedarf mehr. Auch bei dem Thema Provisionsverbot, das in der öffentlichen Debatte und in der Finanzwirtschaft die größte Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, zeichnet sich im Rat die Zielzone für einen Kompromiss ab.
Keine Unterstützung für partielles Verbot
Die EU-Kommission hatte in ihrem im Mai 2023 veröffentlichten Gesetzesvorschlag zwar auf ein generelles Provisionsverbot verzichtet, aber sich für einen partiellen Bann von Zuwendungen starkgemacht – nämlich in Zusammenhang mit reinen Ausführungsgeschäften („execution only“). Aber selbst dieser partielle Ansatz fand bereits im EU-Parlament keine Unterstützung. Der zuständige Ausschuss strich das Provisionsverbot komplett aus dem Kompromisstext, mit dem das EU-Parlament in den Trilog zieht. Nun zeichnet sich ab, dass auch im Rat eine Löschung des partiellen Verbots aus dem Gesetzestext breite Zustimmung findet. Damit dürfte das Thema Provisionsverbot erst einmal vom Tisch sein.
Diskussionsbedarf über „bestmögliches Interesse“
Diskussionsbedarf gab es zuletzt noch darüber, wie festgestellt werden soll, ob ein Finanzprodukt im „bestmöglichen Interesse“ eines Kunden ist. Und inwieweit durch ein verschärftes Testverfahren der bisherige „Qualitätsverbesserungstest“ in der EU-Marktrichtlinie Mifid und in der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD ersetzt werden soll.
Detailfragen zu Preis und Leistung
Davon unbeschadet gibt es noch unbeantwortete Fragen rund um das „günstige Preis-Leistungs-Verhältnis“ („Value for Money“). Insbesondere gab es zuletzt noch Diskussionen über Referenzwerte (Benchmarks) respektive Vergleiche mit anderen Produktanbietern. Aber auch hier gibt es keinen Grundsatzstreit mehr, sondern nur offene Fragen über Details, die als kurzfristig lösbar gelten.