Bilanzierung

Prüfer halten Banken zur Risikovorsorge an

Banken sollen in ihrem Abschluss per Ende Juni nicht nur potenzielle Folgen eines russischen Gaslieferstopps, sondern auch die dabei zugrunde gelegten Szenarien und Annahmen offenlegen, fordert das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW).

Prüfer halten Banken zur Risikovorsorge an

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hält Banken mit einem „fachlichen Hinweis“ dazu an, für den Fall eines russischen Gaslieferstopps vorzusorgen. „Die Risikovorsorge wird steigen“, sagt IDW-Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann der Börsen-Zeitung schon jetzt. Vor allem pocht das IDW darauf, dass Finanzinstitute in ihren Abschlüssen per Ende Juni nicht nur potenzielle Folgen eines Gaslieferstopps aufzeigen, sondern auch transparent machen, auf welche Annahmen sie ihre Berechnungen stützen.

Der Vorstoß des IDW folgt wenige Tage nach einer eindringlichen Mahnung des obersten Bankenaufsehers in Euroland, Andrea Enria, an die Großbanken, die mit dem Krieg verbundenen Risiken und das Szenario einer Rezession in ihrer Kapitalplanung zu berücksichtigen. Zudem hat die EZB die bedeutenden Kreditinstitute Eurolands konkret dazu aufgefordert, die Auswirkungen eines russischen Gaslieferstopps auf ihr Kreditportfolio durchzuspielen. In dieses Bild passt die Prognose bei Bankvorständen, nach der die Ergebnisse für die Monate April bis Juni einen krassen Kontrast zu den Zahlen im Startquartal bilden werden.

Der Krieg Russlands in der Ukraine führe weiterhin zu großen Unsicherheiten, gibt das IDW den Prüfern mit auf den Weg. Diese seien „insbesondere im Rahmen von Szenario-Betrachtungen angemessen abzubilden“, heißt es ausdrücklich mit Bezug auf einen russischen Gaslieferstopp. Soweit Unsicherheiten und Risiken nicht bereits im Zuge des etablierten Bewertungsmodells nach IFRS9 angemessen berücksichtigt werden könnten, sei dies über sogenannte Post Model Adjustments oder Overlays abzubilden.

Jenseits der Modelle

Auf diese Weise hatten Banken schon in der Pandemie über ihre standardmäßigen Modellberechnungen hinausgehende Risikovorsorge gebildet. Dabei hatte die Ankündigung massiver staatlicher Hilfen in der Pandemie einen automatischen Stufentransfer von Forderungen nach IFRS9 und eine in der Folge springende Risikovorsorge verhindert. 2021 lösten Banken entsprechende Rückstellungen vielfach auf. Dass der Staat Härten nun erneut auf dieselbe Art abfedern wird, darauf kann sich der Finanzsektor diesmal indes nicht verlassen. „Die Unsicherheit ist jetzt deutlich größer als zu Beginn der Pandemie. Damals gab es konkrete Unterstützungszusagen der Bundesregierung“, sagt Naumann.

Der IDW-Vorstandssprecher dringt auf Transparenz: „Wir erwarten, dass die Unternehmen ihre eigene Risikolage analysieren, dokumentieren und im Abschluss darstellen.“ So könnten Rückstellungen für Verbindlichkeiten aus der Versicherung für Betriebsunterbrechungen notwendig sein, ebenso aber Veränderungen bei der Barwertbetrachtung von Assets oder Goodwill-Abschreibungen notwendig werden. Auf der Hand liege auch, dass die Kreditportfolien per 30. Juni von der künftigen Entwicklung belastet gewesen seien. Nur wie diese aussehe, sei voll­kommen offen. „Unternehmen müssen daher ihre Risiko-Einschätzung trans­parent machen und in Szenarien darstellen“, fordert er. In seinem „fachlichen Hinweis“ an die Prüfer schreibt das IDW, Unternehmen hätten bei aller Unsicherheit unter Darlegung der wesentlichen von ihnen für die Bilanzierung und Berichterstattung getroffenen Annahmen transparent über mögliche Folgen des Krieges zu berichten: „Die Adressaten müssen dadurch in die Lage versetzt werden, die Überlegungen und Einschätzungen des Managements so nachvollziehen zu können, dass sie sich ein eigenes Bild von der Lage des Unternehmens machen können.“

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