Regulierung schlägt Robo
Von Jan Schrader, FrankfurtWie oft denken Fondsverantwortliche an die digitale Revolution? Bald nämlich könnte sich die Blockchain durchsetzen, das dezentrale Register, das Transaktionen vereinfacht und auch haptische Dinge wie Immobilien und Kunst digitalisiert – pardon! – “tokenisiert”. Dann rollt womöglich die Bitcoin heran, die Kryptowährung mit hohem Spekulationspotenzial, die gerne auch in einen Fondsmantel schlüpfen würde. Und falls noch ein Mensch in einer Fondsbude das Sagen hat, welche Aktien ins Portfolio gehören, muss er einer künstlichen Intelligenz weichen, die das viel besser kann.Überzeugt? Die deutsche Fondsbranche macht sich jedenfalls über andere Dinge Gedanken. Über niedrige Zinsen etwa, die anders als bei den Kollegen der Banken allerdings keine Sorgen bereiten, sondern als Treiber für das Geschäft hervorgehoben werden. Über “geopolitische” Risiken, die mit Blick auf das kommende Jahr ein akutes Risiko aus Sicht der 345 befragten Führungskräften der Fondsbranche darstellen. Und auch das R-Wort darf nicht fehlen, wenn der deutsche Fondsverband BVI die Branche befragt: Vier von fünf Befragten sehen steigende Regulierungsvorgaben als “große” oder “sehr große” Herausforderung. Die Klage klingt längst vertraut.In den Führungsetagen der deutschen Fondsbranche sitzen natürlich gewöhnliche Menschen, die im Hier und Jetzt leben und sich von rein hypothetischen Szenarien kaum tangieren lassen. Das zu Ende gehende Jahr brachte immerhin Mifid II mit sich, das EU-Regelwerk, das mit Fondsvertrieb, Kostenangaben, Zielgruppen, Aktienanalysen, Hochfrequenzhandel und Handelsplattformen gefühlt fast alles regulierte und Kräfte absorbierte. Ohnehin herrscht in der Branche niemals Ruhe. Fallende Börsenkurse sind eine weitere Sorge, die aus Sicht von zwei Dritteln der Befragten die Perspektiven für 2019 sichtbar eintrüben und sowieso stets ein Risiko sind. Ein Kursrutsch lässt das verwaltete Vermögen schrumpfen und somit die Grundlage für Gebühren. Wer denkt da schon an Krypto, Blockchain und KI?Selbst naheliegende Themen dringen nicht in alle Chefetagen vor. Die Brexit-Verhandlungen haben in die Sackgasse geführt, doch drei Viertel der Befragten sehen sich “wenig” oder gar “überhaupt nicht” betroffen. Der ETF-Boom ist seit Jahren in aller Munde, doch nur ein Drittel sieht eine Verlagerung zu Passivprodukten als wesentliche Herausforderung. Die Branche sorgt sich bereits um Kosten- und Margendruck, den vier Fünftel ähnlich wie die Regulierung weit oben sehen, und sie macht sich über eine Mehrrendite Gedanken. Das soll wohl reichen. Aufmerksamkeit ist ein endliches Gut.Übersieht die Branche wichtige Themen? Der Begriff der Digitalisierung hat für knapp die Hälfte der Befragten immerhin eine “große” oder “sehr große” Bedeutung, dicht gefolgt vom digitalen Vertrieb und der Robo-Beratung. Die Online-Dienste könnten auch für Kleinsparer die Geldanlage individualisieren und das Erfolgsmodell Investmentfonds herausfordern. Erste Anbieter gibt es bereits. Ob sie eine Gefahr darstellen für die etablierten Spieler, hängt aber insbesondere von den Vorgaben für den provisionsbasierten Vertrieb ab, das verbreitete Verkaufsmodell der Branche. Regulierung ist auch im Robo-Advisory das Maß der Dinge.—–Die Fondsbranche fürchtet staatliche Vorschriften mehr als technischen Wandel.—–