Regulierungswut versus Entfesselung

DZ Bank-Chef: Globale Standards durch "America First" passé - "EZB umso mehr auf dem Holzweg"

Regulierungswut versus Entfesselung

ski Frankfurt – Europa ist auf dem Weg in die Überregulierung, während US-Präsident Donald Trump in die Gegenrichtung manövriert und amerikanische Banken wieder “entfesseln” will. “,America First` verträgt sich schließlich nicht mit gleichen Wettbewerbsbedingungen, gemeinsame globale Standards sind ebenso passé”, konstatierte der Vorstandsvorsitzende der DZ Bank, Wolfgang Kirsch. Das treffe zuerst die Banken und dann die Realwirtschaft. Ob das in einer globalen Welt gut ist, sei dahingestellt, aber die Europäische Zentralbank (EZB) “gerät in die Defensive und muss sich einmal mehr die Frage gefallen lassen, ob sie mit ihrem aktuellen Kurs nicht umso mehr auf dem Holzweg ist”, sagte Kirsch am Freitagabend in einer Rede beim “Kramermahl”, einer traditionsreichen Veranstaltung der Münsteraner Kaufmannschaft.”Regulierungswut” erlebe man zum Beispiel in Form ständig neuer Meldepflichten immer stärker auch auf dem Arbeitsmarkt. Er sei nicht gegen Regulierung per se, betonte der DZ Bank-Chef, sie sei notwendiger Bestandteil der Sozialen Marktwirtschaft, und die Finanzkrise habe gezeigt, was passiere, wenn zu wenig oder falsch reguliert werde. Er beklagte jedoch erneut, dass die stabile, in der Region verankerte, von den Kunden getragene, eigenkapitalstarke, liquide und profitable Organisation der rund 1 000 deutschen Genossenschaftsbanken, die niemandem auf der Tasche liege, reguliert werden solle “wie Banken, die ohne echte Kunden und ohne echten Heimathafen tatsächlich unter strenger Aufsicht stehen sollten”.Noch schärfer als früher nahm Kirsch die Zinspolitik der EZB aufs Korn, die zu erheblichen Fehlallokationen von Kapital mit gravierenden Langfristschäden für die Volkswirtschaften der Eurozone führe. “Das Interpretieren volkswirtschaftlicher Daten entbindet auch die EZB nicht davon, sich der gesellschaftlichen Konsequenzen ihrer Politik bewusst zu sein.” Wer den positiven Zins abschaffe und damit die Sparleistung von Bürgern unter Strafe stelle, lege die Hand an die Fundamente bürgerlicher Ordnung, abgesehen von den Folgen für Sicherungssysteme oder die Arbeit von Stiftungen. Diese Politik sogar im Angesicht steigender Inflation durchzuhalten sei nicht nur fahrlässig, sondern pflichtvergessen. Schicksal der SaurierZehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise verschonte Kirsch auch die eigene Branche nicht. Auch sie habe zum rapiden Schwund des Vertrauens in die Eliten beigetragen. Es seien Produkte verkauft worden, “die viele nicht buchstabieren, geschweige denn vernünftig erklären konnten”. Boni seien selbst dann gezahlt worden, wenn die Unternehmensentwicklung eher Schmerzensgeld für Anteilseigner gerechtfertigt hätte. Vor allem aber hätten sich viele Banken immer weiter von ihrer Kernaufgabe entfernt: das Wachstum der Realwirtschaft zu ermöglichen. “Sollte es uns als Banken nicht gelingen, wieder für gesellschaftliche Akzeptanz zu sorgen, dann ist uns das Schicksal der Saurier gewiss”, prophezeite er seiner Zunft.—– Bericht zu US-Regulierung Seite 4