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Rendite mit Familie

Unternehmen, die von einer Familie geführt werden, sind am Aktienmarkt langfristig überdurchschnittlich erfolgreich. Anleger können mit ausgewählten Fonds und Zertifikaten davon profitieren. Von Werner Rüppel Aktien wie Nemetschek, Ströer, Sixt,...

Rendite mit Familie

Unternehmen, die von einer Familie geführt werden, sind am Aktienmarkt langfristig überdurchschnittlich erfolgreich. Anleger können mit ausgewählten Fonds und Zertifikaten davon profitieren.Von Werner RüppelAktien wie Nemetschek, Ströer, Sixt, Grenke, Bechtle haben in den vergangenen Jahren ihren Wert markant gesteigert, teilweise hat ihre Notierung sich gar vervielfacht. Auch renommierte börsennotierte Gesellschaften wie Rational, Fresenius, Fielmann oder Henkel haben über die Jahre satte Kursgewinne erzielt. Doch was haben diese “Reichmacher” an der Börse gemeinsam? Bei allen hat eine Familie als Aktionär maßgeblichen Einfluss auf die Bestellung des Managements der Gesellschaft sowie auf wesentliche Firmenentscheidungen. Und bei vielen stehen Familienmitglieder auch an der Spitze des Aufsichtrats oder des Vorstands.Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass solche von Familien bestimmten Unternehmen im Durchschnitt langfristig eine signifikante Outperformance im Vergleich mit allen börsennotierten Gesellschaften erzielen. So hat zum Beispiel der DaxPlus Family 30 Index, der die Wertentwicklung der 30 größten und liquidesten deutschen Familienunternehmen widerspiegelt, von Dezember 2012 bis Dezember 2017 um rund 110 % zugelegt und damit den Dax um satte 37 Prozentpunkte geschlagen. Und für Europa stellt Emmanuel Chapuis, Fondsmanager des Oddo BHF Génération, fest: “Die Outperformance ist deutlich. Wir haben mit unserem Ansatz eine systematische Überrendite von drei bis vier Prozentpunkten im Jahr gegenüber dem europäischen Aktienmarkt erzielt.” Auch andere Fonds, die auf familiengeführte Firmen und Unternehmertum setzen, haben langfristig eine besonders hohe Performance generiert. Auch wenn das Kriterium “familiengeführtes Unternehmen” für sich allein genommen kein Selbstläufer sein mag, schließlich können auch einzelne Familienunternehmen enttäuschen, so dürfte es sich für Anleger doch lohnen, auf erfolgreiche Produkte mit dem Fokus familiengeführt zu setzen. Oder einfach formuliert: Familie zahlt sich in der Regel an der Börse langfristig aus.Doch warum schaffen gerade familien- und eigentümergeführte Unternehmen am Kapitalmarkt im besonderen Maße Wert? Dies ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Manager müssen kontrolliert werdenIn der Universität haben die meisten Wirtschaftswissenschaftler die Principal-Agent-Theorie kennengelernt. Das Interesse von Eigentümern (dem Principal) und angestellten Managern (dem Agent) ist eben nicht dasselbe. Auch wenn alle Manager stets betonen, in erster Linie den Shareholder Value steigern zu wollen, so haben sie doch ein starkes eigenes Interesse an einem hohen Gehalt und hohen Boni. Salopp gesprochen, kassieren manche Manager durchaus gerne ab und denken an die eigene Tasche. Befindet sich nun eine Aktiengesellschaft vollständig im Streubesitz, ist die Gefahr groß, dass das Management nicht hinreichend von den Eigentümern kontrolliert wird. Bei Unternehmen, bei denen eine Familie mit dem Großteil ihres Vermögens an einer Gesellschaft beteiligt ist und maßgeblichen Einfluss auf dieselbe ausübt, ist das anders. “Familiengeführte Unternehmen kontrollieren in der Regel das Management besser”, erläutert Chapuis. Und Brigitte Olsen, Fondsmanagerin des auf kleinkapitalisierte Familienunternehmen fokussierten BB Entrepreneur Europe Small B, erklärt zu Gründern und der Gründerfamilie: “Meistens gestalten sie über eine Leitungsfunktion im Vorstand oder über Sitze im Aufsichtsrat das operative Geschäft.” Ein besonderes Kennzeichen von Familienunternehmen ist, dass sie nicht den schnellen Euro anstreben wie vielleicht ein angestellter Manager, der seinen nächsten Bonus im Visier hat, sondern langfristig ausgerichtet sind. Dazu zählen dann auch der Aufbau und die Sicherung eines qualifizierten Personals sowie eine auf Dauer ausgerichtete Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden. Persönliche Kontakte sind wichtig und werden gepflegt, alle Stakeholder werden ernst genommen. “Sie alle sind wichtige Assets für ein Unternehmen”, betont Chapuis. Solide KapitalausstattungNachhaltigkeit und der Erhalt der erreichten Werte gehören ebenfalls zu den Eigenschaften von Familienunternehmen. Damit einher gehen solide Bilanzen mit hoher Eigenkapitalquote, die interne Finanzierung von Wachstum nebst der Vermeidung zu hoher Schuden sowie die Fokussierung auf einen hohen und kontinuierlichen Cash-flow. “Diese solide Kapitalausstattung infolge der eigenen Rücklagen erlaubt es Familienunternehmen, antizyklisch zu investieren, vor allem in Krisenzeiten, in denen es schwieriger ist, an Fremdkapital zu gelangen”, erklärt Olsen. “Die akribische Kostenkontrolle kommt den Anlegern ebenso zugute wie niedrige Löhne und Managerboni.”Doch nicht nur Investitionen, auch Akquisitionen lassen sich leichter mit einer soliden Basis finanzieren. Wobei die meist mit Bedacht agierenden Familienunternehmen in die Entscheidung über Akquisitionen auch mögliche Risiken stark mit einbeziehen. Es geht ja stets um das eigene Geld der Familienaktionäre und -manager. BMW profitiert von Familie QuandtEin häufig genanntes Beispiel für die Vorzüge von Familienunternehmen stellt der Vergleich der langfristigen Entwicklung von BMW und Daimler dar. Denn der von der Familie Quandt gelenkte bayerische Autobauer hat über die Jahrzehnte besser abgeschnitten als Daimler, das sich nicht in Familienhand befindet. Zwar passierten auch bei BMW Fehler wie die kostspielige Übernahme von Rover. Jedoch wurde dieses Abenteuer nicht zuletzt durch den Einfluss der Familie Quandt rasch beendet. Hingegen wurde bei Daimler erst versucht, mit AEG und Airbus einen globalen Mischkonzern aufzubauen. Nachdem dies gescheitert war, kam die Vision eines globalen Automobilkonzerns mit Chrysler. Auch dies hat dann nicht geklappt. Darüber hinaus wurden bei Daimler mehrfach hoch dimensionierte Vorstandsboni kritisiert. Viele “Hidden Champions”Börsennotierte Familienunternehmen sind zudem häufig “Hidden Champions”, sprich in der Nische exzellent positionierte Unternehmen, die in ihrem Segment mitunter weltweit führend sind. So ist zum Beispiel Nemetschek auf Bausoftware, Sixt auf Autovermietung, Rational auf Großküchen und Fielmann auf Brillen spezialisiert. Entsprechend finden sich gerade im Nebenwertesegment zahlreiche erfolgreiche Familienunternehmen.Anleger, welche die Vorteile von Familienunternehmen nutzen wollen, können zum einen aus mehreren aktiven Fonds auswählen. Als All-Cap-Fonds investiert der knapp 900 Mill. Euro schwere Oddo BHF Génération (FR0010574434) sowohl in Standard- als auch in Nebenwerte. Fondsmanager Chapuis orientiert sich bei seiner Definition von Familienwerten nicht an einem Mindestanteil eines Familienaktionärs an der Gesellschaft von beispielsweise 25 %. Vielmehr analysieren er und sein Team anhand von drei Kriterien den maßgeblichen Einfluss einer Familie auf ein Unternehmen (vgl. Interview Seite 16). Für Chapuis sind auch SAP und VW Familienunternehmen, und die beiden Titel gehören aktuell auch zu den Top-Positionen im Fonds. Bei allen aktiven Fonds, auch beim Oddo BHF Génération, spielt für die konkrete Auswahl eines Familienunternehmens auch dessen Bewertung eine Rolle. So hält Chapuis Fielmann für “viel zu hoch bewertet.” In den vergangenen zehn Jahren hat der Oddo BHF Génération seinen Referenzindex, den MSCI EMU Net Return, immerhin um rund 30 Prozentpunkte geschlagen. Erfolgreich mit Familie und Small CapsGleich mit zwei von Brigitte Olsen, die sich Head of Entrepreneur-Strategien nennen darf, gesteuerten Fonds setzt Bellevue Asset Management auf eigentümergeführte Unternehmen. Entscheidend ist hier, dass die Firmen von einem Unternehmer oder einer Unternehmerfamilie mit mindestens 20 % der Stimmrechtsanteile maßgeblich beeinflusst werden. Während der auf mittlere und große eigentümergeführte Unternehmen fokussierte BB Entrepreneur Europe B (LU0415391860) in den vergangenen fünf Jahren eine Performance von 9 % p.a. erzielt hat, überzeugt besonders der auf Nebenwerte spezialisierte BB Entrepreneur Europe Small B (LU0631859229) mit einer Performance von satten 21,9 % p.a. über fünf Jahre. Der von Morningstar mit der Höchstnote von 5 Sternen bewertete Fonds wählt 25 bis 40 der als am attraktivsten angesehenen europäischen Familienunternehmen mit kleiner Marktkapitalisierung aus. Zu den Top-Positionen gehören zum Beispiel Cancom oder Ströer. Viele Fonds mögen SixtIm Dezember 2016 hat die Banque de Luxembourg den in europäische Familienunternehmen investierenden BL European Family Businesses (LU1305479153) aufgelegt. Immerhin hat der All-Cap-Fonds seitdem ein Plus von rund 25 % erzielt.Zu den Fondsmangern, die auf Unternehmertum und familiengeführte Gesellschaften setzen, zählt auch Olgerd Eichler mit seinem MainFirst Germany Fund (LU0390221256). Für Eichler sind innovative und fokussierte Gesellschaften mit konservativem und verlässlichem Vorstand besonders attraktiv. Ein Beispiel dafür ist Sixt, die Vorzüge befinden sich entsprechend auch unter den Top-Positionen des Fonds. Allerdings ist Eichler nicht allein auf familiengeführte Unternehmen beschränkt. In den vergangenen fünf Jahren hat der von Morningstar mit 5 Sternen bewertete MainFirst Germany Fund mit einer Performance von hohen 23,8 % p.a. mehr als überzeugt. Ein familiengeführtes Unternehmen wie Sixt oder United Internet befindet sich auch in den größten Positionen des Lupus Alpha Smaller Champions (LU0129233093). Auch dieser Fonds ist nicht allein auf Familienunternehmen beschränkt, doch finden sich gerade bei den erfolgreichen deutschen Nebenwerten viele Familienunternehmen. Im Gegensatz zu manchen Großkonzernen zählt dort Unternehmertun, Engagement nebst langfristiger Ausrichtung. Der von Björn Glück und Peter Conzatti gesteuerte Smaller German Champions zählt zu den Top-Nebenwertefonds und wird auch von Morningstar mit 5 Sternen bewertet. Entsprechendes gilt auch für den UniDeutschland XS (DE0009750497). Fondsmanager Michael Muders hält engen Kontakt mit etlichen Vorständen von Nebenwerten. Häufig handelt es sich dabei um Familienunternehmen.Anleger, die passiv auf Familie setzen wollen, können zum Beispiel in den Xtrackers Germany Mittelstand & MidCap ETF (IE00B9MRJJ36) investieren. Abgebildet wird auch hier kein reiner Index auf Familienunternehmen. Doch enthält der 70 Titel umfassende deutsche Mittelstandsindex zahlreiche Familienwerte. Schließlich sind Familienunternehmen das Rückgrat der heimischen Wirtschaft und des Mittelstands.Weltweit und breit gestreut in Familienunternehmen legt ein von der UBS begebenes Zertifikat auf den Solactive Global Owned Companies Total Return Index (DE000UBS1FA8) an. Zumindest die Rückberechnung des Index über mehrere Jahre fällt klar positiv aus. Zertifikat auf Dax-FamilienindexDarüber hinaus hat die HypoVereinsbank (HVB) ein Zertifikat auf den DaxPlus Family 30 Index (DE000HV1DB41) begeben. In den Dax Family werden nur Titel aus dem Prime Standard der Frankfurter Börse aufgenommen, bei denen die Gründerfamilie mindestens einen Stimmrechtsanteil von 25 % hält oder im Vorstand oder Aufsichtsrat vertreten ist und dabei mindestens auf einen Anteil an den Stimmrechten von 5 % kommt. Die 30 größten und liquidesten Titel davon bilden den Family 30 Index. Da dieser den Dax langfristig deutlich geschlagen hat, stellt das HVB-Zertifikat ein attraktives Investment dar.Alles in allem bestehen also etliche Investitionsmöglichkeiten, um vom Renditeplus Familie zu profitieren.