"Rezepte aus totalitären Staaten"

DZ-Bank-Führung verreißt industriepolitische Ideen der Bundesregierung und fordert marktwirtschaftliche Stärkung des Standorts

"Rezepte aus totalitären Staaten"

ski Frankfurt – Die Bundesregierung sollte durch Reformen im Einklang mit der Marktwirtschaft die Attraktivität des Standorts Deutschland stärken, statt diesen durch protektionistische Maßnahmen oder Industriepolitik vor Wettbewerbern schützen zu wollen. Diese Position vertraten die neuen Co-Vorstandsvorsitzenden der DZ Bank, Uwe Fröhlich und Cornelius Riese, auf der Bilanzpressekonferenz auf die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes. Fröhlich sagte, er sorge sich ein wenig um den Wirtschaftsstandort, “weil die Politik glaubt, sie müsse Rezepte aus totalitären Staaten nachempfinden”, um Deutschland auf Augenhöhe mit China und anderen Konkurrenten zu bringen. Man sollte den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft mehr Platz einräumen und der Wirtschaft inklusive Banken mehr Bewegungsspielraum verschaffen, statt zunehmend intervenieren zu wollen, “um Dinge zu befördern, die aus politischer Sicht vielleicht nicht optimal laufen”.Die Co-Chefs des genossenschaftlichen Spitzeninstituts verwiesen auf die im Standortwettbewerb mitentscheidende Steuerpolitik oder auf die Regulatorik: “Wie weit steht man den Unternehmern auf den Füßen, übrigens auch den Banken, wenn sie wirtschaftlich handeln wollen?”, so Fröhlich. Solche Themen würden in der politischen Diskussion verdrängt. Ansatzpunkte für die PolitikRiese nannte als weitere Ansatzpunkte für sinnvolles Regierungshandeln Entbürokratisierung, die Schaffung von Planungskapazitäten für größere Infrastrukturprojekte, die Energiewende, die Digitalisierung oder die Entlastung des Faktors Arbeit. “Wenn wir uns mit dem Themenstrauß intensiver beschäftigen würden als mit Leitplankenpapieren für nationale Champions, dann wäre uns schon viel geholfen”, sagte er, begrüßte aber, dass in Berlin das Interesse an wirtschaftspolitischen Themen wieder zunehme. Dies sei zunächst einmal etwas Positives, schließlich sei die volkswirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre “nicht per definitionem gottgegeben”. Unverständnis zeigte Riese jedoch dafür, dass sich gleich das erste Prioritätsprojekt der Bundesregierung um Protektionismus und nationale Champions drehe.Fröhlich warnte in diesem Zusammenhang vor einer gemeinsamen deutsch-französischen Industrie- und Standortpolitik nach französischem Vorbild. In Frankreich habe die Nähe von Staat und Großunternehmen Tradition. Er habe aber nicht den Eindruck, so Fröhlich, dass dies das Nachbarland wirtschaftlich leistungsfähiger oder auf dem Weltmarkt erfolgreicher gemacht habe. Er verstehe manche Sorgen, die man insbesondere im Wettbewerb mit China oder anderen Ländern haben könne. Doch sollten nicht die Erfolgsrezepte aus den Augen verloren werden, die den Wirtschaftsstandort Deutschland über die vergangenen Jahrzehnte stark gemacht hätten. Und dabei sei zu viel politischer Eingriff selten förderlich gewesen. Staatlich orchestrierte FusionAuf Überlegungen bezüglich einer Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank angesprochen, zeigten sich die Co-Chefs der DZ Bank froh darüber, dass die Kreditgenossen das Konsolidierungsthema auf Zentralbankebene hinter sich hätten und sich auf die Kundenarbeit konzentrieren könnten. “Wir stehen hier für Kontinuität”, sagte Fröhlich. In der Frage, ob man wirklich nur eine Großbank brauche, sei er etwas hin- und hergerissen. Diejenigen, die eigentlich diesen Anspruch haben könnten, nämlich die großen Dax-Unternehmen, hätten vielfach Bankenlisten, auf denen mindestens zu zwei Dritteln ausländische Adressen stünden. Insofern werde eine Scheindiskussion geführt, denn global aufgestellte deutsche Großunternehmen hätten sich längst auch global ausgerichtet, was Finanzdienstleistungen angeht. Hier stelle sich die Frage, wer im Falle einer neuerlichen Krise besonders leiden würde. Und nach den Erfahrungen der Jahre 2008/09 seien es die häufig gescholtenen dezentralen Verbünde, die in den Kreditbeziehungen vor Ort deutlich konstanter positioniert seien.Riese sagte, über eine Fusion der Frankfurter Großbanken zu entscheiden, sei Sache der Eigentümer. Er fügte hinzu: “Aus unserer Sicht wäre eine intelligente Optimierung der Mifid-II-Anforderungen für die Finanzwirtschaft mal mindestens genauso wichtig wie die politische Diskussion über staatlich orchestrierte Fusionen im Bankensektor.”