Rothschild & Co schlägt neue Töne an
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Unter neuer Führung und angesichts kräftiger Nettomittelzuflüsse zeigt sich Rothschild & Co deutlich offener als zuvor für eine Expansion in der Vermögensverwaltung. „Ich bin gekommen, um das Wachstum weiter voranzutreiben“, erklärt Henrik Herr, seit August vergangenen Jahres Head of Wealth Management Germany, der Börsen-Zeitung, nachdem ein Nettozufluss von über 1 Mrd. seit Jahresbeginn das bundesweit verwaltete Vermögen auf 5,5 Mrd. Euro getrieben hat. Auch zeigt sich das Frankfurter Haus für die Eröffnung weiterer Filialen nach jener in Düsseldorf durchaus offen, wie Herr durchblicken lässt. Damit schlägt der Manager neue Töne an.
„Auf Wachstumskurs“
Sein Vorgänger Reinhard Krafft, der per März als CEO zur Privatbank Merck Finck wechselte, hatte in Gesprächen mit der Börsen-Zeitung wiederholt herausgestellt, dass Rothschild & Co als Private-Banking-Anbieter mit Hilfe von Outsourcing und unter Verzicht auf ein Filialnetz auch mit einem Vermögen von unter 3 Mrd. Euro profitabel arbeiten kann – im Markt werden für Anbieter mit großer Vertriebsfläche vielmehr 20 Mrd. Euro an verwaltetem Vermögen als Minimum herumgereicht, das für schwarze Zahlen erforderlich ist. 2019, dem jüngsten Geschäftsjahr, für das Rothschild & Co Zahlen im Bundesanzeiger publiziert hat, ist Krafft dies gelungen. Die Rothschild & Co Vermögensverwaltung GmbH wies einen Jahresüberschuss von knapp 1,9 Mill. Euro aus, gut 100000 Euro weniger als im Jahr davor. Die verwalteten Mittel legten auch dank steigender Marktwerte um knapp 27% zu, die Provisionserträge um 2,3 Mill. auf 13,6 Mill. Euro. Im vergangenen Jahr fielen die Nettoerträge der Gruppe in Europa außerhalb Großbritanniens, Frankreichs und der Schweiz infolge geringerer Investmenterträge im Merchant Banking um rund ein Viertel auf 241 Mill. Euro. „Das Geschäft von Rothschild & Co in Deutschland insgesamt befindet sich auf Wachstumskurs“, heißt es auf Anfrage.
Herr sieht Rothschild eigenen Angaben zufolge nun in der Lage, „die Erfolgsgeschichte der nächsten zehn Jahre im deutschen Wealth-Management-Markt zu schreiben“, und verweist dabei auf den Status als unabhängiges paneuropäisches Haus. Bei der Akquise von Mitteln will sich Herr, der im vergangenen Jahr nach gut 17 Jahren bei Credit Suisse zu Rothschild wechselte, weniger darauf konzentrieren, mit Wettbewerbern um Marktanteile zu streiten, sondern vielmehr darauf, näher dorthin zu gelangen, wo Wohlstand entsteht. Der Manager ist nach eigenem Bekunden als Business Angel sehr gut in der Technologie-Szene vernetzt. Dies eröffnet ihm die Möglichkeit, Start-up-Unternehmer an Rothschild heranzuführen. Zudem legt Herr Wert darauf, die Zusammenarbeit der rund 50 Leute zählenden Vermögensverwaltung mit der Investmentbank, aber auch mit den Merchant-Bank-Aktivitäten von Rothschild systemisch zu stärken. Schließlich wollten Unternehmer eventuell zunächst ein Verkaufsverfahren für ihre Gesellschaft einleiten, bevor sie dann ihr Vermögen neu strukturieren und letztlich verwalten lassen wollten, argumentiert er und erklärt: „Die Bausteine im Geschäftsmodell von Rothschild & Co sehe ich als einzigartig an, und sie geben weiteres Wachstum her. Die systematische Zusammenarbeit der Bereiche ist eine meiner Prioritäten.“
Herr zufolge erweist es sich schon als ein vielversprechender Ansatz, sich als Vermögensverwalter von den Investmentbankern des Hauses erklären zu lassen, in welchen Branchen derzeit die Musik spielt, um dann die Protagonisten dort zu fragen, ob sie gerne wüssten, wie Rothschild ihren Markt sehe: „Ich habe bislang kaum einen Unternehmer getroffen, der gesagt hat, dafür habe er keine Zeit“, sagt er. „Und schon befindet man sich in einem strategischen Dialog.“ Schon als er für Credit Suisse das Wealth-Management-Geschäft in Österreich aufgebaut habe, habe er deshalb Wert darauf gelegt, Corporate Advisory für Mid Caps anzubieten: „Wenn sie Kunden Mehrwert liefern, werden sie über kurz oder lang auch von ihnen bedacht“, stellt er fest.
Investieren mit der Familie
Dabei biete die Merchant Bank Kunden die Möglichkeit, gemeinsam mit der Familie Rothschild in Club Deals, Private Debt, Private Equity oder Immobilen zu investieren. „Mit der Rothschild-Familie zu investieren, ist für viele Familien ein Asset“, sagt er – einen ähnlichen Ansatz hat jüngst im Zuge einer Neuausrichtung auch die Fürstlich Castell’sche Bank gewählt, die ihre Vermögensverwaltung unter dem Motto „Investieren wie die Fürsten“ vermarkten will. Höhere Erträge im Wealth Management könnte Rothschild & Co in weitere Standorte investieren, wie Herr erklärt. Ausgemacht ist dies für ihn indes keineswegs. Man müsse sich zuvor die Frage beantworten, ob es nachhaltiger sei, in Menschen, in Technologie, in eine bessere Vernetzung oder in Standorte zu investieren, erklärt er. Die Antwort lässt er einstweilen offen. Auch in der Frage nach einem Ziel für das Volumen des verwalteten Vermögens will er sich nicht festlegen: „Ich habe keinen von einer Unternehmensberatung vordefinierten Plan.“