Rückzug aus Russland wird vorbereitet
mic München
Die Allianz zieht die Konsequenz aus dem Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Versicherer kehrt Russland voraussichtlich komplett den Rücken. Die Wahrscheinlichkeit sei „sehr hoch“, sagte Finanzvorstand Giulio Terzariol in einer Telefonkonferenz zur Vorlage der Quartalszahlen. Einen Zeitpunkt für den Rückzug konnte er nicht nennen.
Voraussichtlich werde der Schritt den Gewinn um 400 bis 500 Mill. Euro mindern, sagte Terzariol. Währungseffekte seien von der Bilanz in die Gewinn-und-Verlust-Rechnung umzubuchen. Einen Einfluss auf die Kapitalausstattung oder die Cash-Position gebe es nicht. In der Russland-Kreditversicherung von Allianz Trade (früher Euler Hermes) habe man 100 Mill. Euro zurückgestellt.
Trotz der Russland-Sonderbelastung und der Rückstellung von 1,6 Mrd. Euro nach Steuern für Vergleiche mit US-Investoren im Streit um Fonds-Verluste hält die Allianz an ihrer Prognose fest – die allerdings nicht auf den Nettogewinn zielt, sondern auf das operative Ergebnis. Im ersten Quartal hat der Versicherer, wie bereits am Mittwoch verkündet, mit 3,2 Mrd. Euro knapp ein Viertel des Mittelwerts seiner Prognose erreicht. Das Management hat für das Gesamtjahr 13,4 Mrd. Euro plus oder minus 1 Mrd. Euro versprochen.
Solider Geschäftsverlauf
Den Geschäftsverlauf im ersten Quartal bezeichnete Terzariol als sehr solide. Der Umsatz legte um 6,2% auf 44 Mrd. Euro zu, das operative Ergebnis sank um 2,9% (siehe Tabelle). Die Ursache sei die Belastung durch Naturkatastrophen gewesen, erläuterte der Finanzvorstand. Mit 689 Mill. Euro habe man dafür mehr Geld ausgegeben als in irgendeinem ersten Quartal seit mehr als einem Jahrzehnt. Überflutungen in Australien und mehrere Stürme in Europa sorgten für die Schäden.
Das Nettoergebnis brach um 78% auf 0,6 Mrd. Euro ein. Dafür sorgte nicht nur die zusätzliche Structured-Alpha-Rückstellung von 1,6 Mrd. Euro nach Steuern (vgl. BZ vom 12. Mai). Auch ohne diesen Effekt wäre der Quartalsüberschuss gesunken, und zwar um 16% auf 2,2 Mrd. Euro. Die Allianz verwies auf ein niedrigeres nichtoperatives Ergebnis. Einerseits stiegen die Wertberichtigungen um 199 Mill. auf 251 Mill. Euro – welcher Anteil daran auf Abschreibungen des Russland-Portfolios entfällt, wurde nicht beziffert. Andererseits erhöhte die Allianz ihre Ausgaben für Restrukturierungen. Mit 265 Mill. Euro wurde dieser Posten mehr als verdreifacht. Die Ausgaben seien in Deutschland, Italien und für Allianz Technology verbucht worden, hieß es. Die Restrukturierungskosten enthielten auch 32 Mill. Euro für die Stilllegung von IT-Systemen.
Pimco meldet Mittelabfluss
In der Sparte Schaden- und Unfallversicherung sank das operative Ergebnis wegen der hohen Naturkatastrophenbelastung um 9% auf 1,4 Mrd. Euro. Das Minus wäre viel höher ausgefallen, wenn das Abwicklungsergebnis nicht um drei Prozentpunkte gestiegen wäre – auch wegen der Auflösung von Rückstellungen nach Abebben der Pandemie.
Terzariol strich heraus, dass sich der Industrieversicherer AGCS gut entwickelt habe. Der Umsatz sei nur wegen eines Sondereffekts um 1% gesunken, bereinigt habe das Plus 10% betragen. Die kombinierte Schaden-und Kostenquote verbesserte sich um 3,3 Punkte auf 95%. Der Finanzvorstand wies darauf hin, dass die Wiederanlagerendite in der Sachsparte stark gestiegen sei: von 1,2 auf 2,2%. „Wir werden auch in der Zukunft steigende Kapitalerträge sehen“, sagte er. Der Ertrag im Gesamtjahr werde um 400 Mill. Euro höher ausfallen als anfangs gedacht.
Die Marktturbulenzen ließen allerdings auch erstmals seit dem ersten Quartal 2020 die Assets under Management in der Vermögensverwaltung sinken. Sie schrumpften um 5% auf 2,5 Bill. Euro. Dabei gab es einen Nettomittelabfluss. Während AGI 5 Mrd. Euro gewann, zogen die Anleger 14 Mrd. Euro von Pimco ab.
Das Schrumpfen des Onlineversicherers Allianz Direct setzte sich im ersten Quartal fort. Die Beitragseinnahmen sanken währungsbereinigt um 6,4% auf 244 Mill. Euro, die Combined Ratio verschlechterte sich auf 100,4%. Die Performance in den Niederlanden sei sehr gut, sagte Terzariol. In Italien führe ein verstärkter Wettbewerb zu einer Combined Ratio von 100%. Aber: „Wir kämpfen in Deutschland in gewissem Ausmaß.“ Man müsse Fortschritte machen. Er wies darauf hin, dass der Vorstand ausgetauscht worden sei. Im zweiten Quartal erwartet die Allianz eine Sonderbelastung in der Türkei in Höhe von 0,1 Mrd. Euro. Die Rechnungslegung (IAS 29) verlange dies im Falle einer Hyperinflation.
Allianz | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Quartal | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Umsatz (Mrd.) | 44,0 | 41,4 |
Operatives Ergebnis | 3 238 | 3 336 |
Schaden/Unfall | 1 377 | 1513 |
Leben/Kranken | 1 213 | 1 212 |
Assetmanagement831 | 747 | |
Corporate | −184 | −135 |
Rückstellung | −1851 | 0 |
Ergebnis vor Steuern 1 042 | 3 490 | |
Ertragsteuern | 374 | 804 |
Periodenergebnis | 669 | 2 686 |
Ergebnis je Aktie (Euro)1,38 | 6,23 | |
Eigenkapital (Mrd.) | 69,8 | 80,0 |
Combined Ratio (%)* | 94,7 | 93,0 |
* ) Schaden-Kosten-Quote in der Schaden/Unfall-Sparte; Börsen-Zeitung |