Schäuble kämpft mit Dividendenstripping

Bundesfinanzministerium räumt Lücke im Gesetzentwurf ein - Schick rügt handwerkliche Fehler

Schäuble kämpft mit Dividendenstripping

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will eine Steuerlücke beim Dividendenstripping dichtmachen. Nun räumt das Bundesfinanzministerium handwerkliche Fehler ein.wf Berlin – Der Entwurf zur Reform des Investmentsteuerrechts erlaubt weiterhin Steuerumgehungen durch Dividendenstripping bei sogenannten Cum-cum-Geschäften. Dies räumte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag ein. Genau diese Gesetzeslücke wollte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit dem Entwurf eigentlich schließen.”Eine Umgehung der Regelung des § 36 Absatz 2a EStG-E in Konzernstrukturen erscheint möglich”, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf die Anfrage, die der Börsen-Zeitung vorliegt. Derzeit werde geprüft, wie die vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagene Regelung ergänzt werden kann. “Der Gesetzentwurf ist handwerklich schlecht”, konstatierte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick. “Die Ausschussberatungen im Deutschen Bundestag haben noch nicht einmal begonnen”, sagte er der Börsen-Zeitung. “Doch bereits jetzt muss die Bundesregierung eingestehen, dass die vorgeschlagene Regelung zur Verhinderung der Umgehung der Dividendenbesteuerung umgangen werden kann.”Erklärtes Ziel von Schäuble ist es, Umgehungen bei der Dividendenbesteuerung künftig zu verhindern. Die neue Regelung geht deshalb zur Erstattung von einer gewissen Haltedauer aus. Nur wenn der Steuerpflichtige die Aktie mindestens 45 Tagen vor und nach dem Dividendenstichtag hält und dabei ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Risiko trägt, darf er die auf die Dividende erhobene Kapitalertragsteuer anrechnen lassen. Das Kabinett hatte den Entwurf am 24. Februar beschlossen, der Bundestag diesen am 14. April in die Ausschüsse überwiesen. Bundesrat sieht UmgehungAm Freitag hatte der Bundesrat Stellung genommen und selbst auf die Umgehungsmöglichkeit in Konzernstrukturen verwiesen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung nun darum, auch weitere Umgehungsmodelle bei Cum-cum-Geschäften zu prüfen. Unter anderem verweist er auf die Girosammelverwahrung inländischer Aktien im Ausland. Die Regierung selbst schreibt in der Antwort an das Parlament, weitere Umgehungen – außer über Konzernstrukturen – seien ihr derzeit nicht bekannt. Schick hat seine Zweifel: “Die Bundesregierung ist nicht willens und nicht fähig, die Reform des Investmentsteuerrechts zu nutzen, um aggressive und missbräuchliche Steuergestaltungsmöglichkeiten zu unterbinden.”Auf weiteren Ärger und neue Untersuchungen können sich die Banken beim Dividendenstripping einstellen. Bislang hatte die Finanzaufsicht bei den Instituten Daten zur Aufklärung der Cum-ex-Fälle abgefragt, also der Konstruktionen, bei denen mehrfach Kapitalertragsteuer angerechnet wurde. Das Bundesfinanzministerium macht nun deutlich, dass die Aufsicht auch in den “normalen” Fällen des Strippings, den Cum-cum-Geschäften, noch tätig werden könnte. Die BaFin habe “nicht auf künftige Sachverhaltsklärungen verzichtet”, schreibt das Ministerium. Sie werde in enger Abstimmung mit der EZB “Entscheidung über weitere Sachverhaltsaufklärungen treffen”. Unmissverständlich stellt das Ministerium zudem klar, dass Steuerpflichtige den Sachverhalt eines Dividendenstrippings den Finanzbehörden offenlegen müssen, wenn sie die Anrechnung von Kapitalertragsteuer geltend machen. Es bestehe Anzeige- und Berichtigungspflicht in Cum-ex- und in Cum-cum-Fällen – wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist unrichtige oder unvollständige Angaben erkennt. Die Steuerpflichtigen seien zur Mitwirkung und zur Offenbarung von Sachverhaltselementen verpflichtet, “deren rechtliche Relevanz objektiv zweifelhaft ist”. Hat der Steuerpflichtige bei Abgabe der Steuererklärung bewusst unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht, läuft er Gefahr, Steuerhinterziehung zu begehen. “Aufgrund der Antwort der Bundesregierung erwarte ich eine Offenlegungswelle der Banken”, unterstrich Schick. “Reine Beschreibung”In einem Punkt dürfte das Ministerium aus den Cum-ex-Fällen schon gelernt haben. Dort nehmen die Steuerpflichtigen die Gesetzesbegründung aus 2006 zur Hilfe, nach der die Geschäfte darin als legal gewertet worden sein sollen. Mit Blick auf die Cum-cum-Geschäfte stellt die Regierung nun klar: Die Begründung sei keine rechtliche Wertung. “Es wird lediglich beschrieben, wie diese Gestaltungen ablaufen und wie die Besteuerung der Dividende faktisch umgangen wird.”