Schmutziges Geld in Billionenhöhe gewaschen

Münchner Sicherheitskonferenz warnt vor Legitimations- und Sicherheitsrisiken für Staaten - Kriminelle nutzen Lücken in Regulierung

Schmutziges Geld in Billionenhöhe gewaschen

Der Betrag schmutziger Gelder, der jedes Jahr gewaschen wird, beläuft sich nach Schätzungen der Münchner Sicherheitskonferenz auf mindestens 1,7 Bill. Dollar. Das entspricht in etwa den Gesamtausgaben aller Länder für die Verteidigung. Das Ausmaß birgt Sicherheitsrisiken für ganze Staaten.fir Frankfurt – Gelder in Höhe von 1,7 bis 4,2 Bill. Dollar sind im vergangenen Jahr gewaschen worden, schätzt die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Diese Mittel befähigten Terroristen, die organisierte Kriminalität, aber auch Staaten wie Nordkorea zur Finanzierung ihrer verbotenen Aktivitäten, heißt es im am Freitag veröffentlichten “Transnational Security Report”. Gleichzeitig fehlen diese Summen Staaten, um Gesundheitssysteme oder Sicherheit für ihre Bürger zu gewährleisten, sie fördern Korruption und unterhöhlen Volkswirtschaften, wie die Experten warnen. Der Bericht hebt den Geldwäscheskandal der Danske Bank explizit wegen seiner Größenordnung hervor. 230 Mrd. Dollar stehen im Verdacht, zwischen 2007 und 2015 über die estnische Niederlassung der dänischen Großbank gewaschen worden zu sein.Die Vereinten Nationen schätzen, dass weniger als 1 % der Gelder beschlagnahmt werden. Dennoch könne sich der Aufwand lohnen, die Mittel wiederzuerlangen, konnten doch im Zuge der Ermittlungen nach der Veröffentlichung der Panama Papers 2016 insgesamt 1,2 Mrd. Dollar zurückgeholt werden, wie die Autoren festhalten (siehe Grafik).Anstatt allen Bürgern zugutezukommen, dient schmutziges Geld der Bereicherung Einzelner. Es beeinträchtigt die Fähigkeit des Staates, seinen Aufgaben nachzukommen, und untergräbt damit seine Legitimität. Allein den afrikanischen Staaten sind laut Bericht im Durchschnitt zwischen 2000 und 2015 jährlich 73 Mrd. Dollar durch im Handel falsch deklarierte Güter und Dienstleistungen entzogen worden. Illegale Finanzströme spielen demnach eine wesentliche Rolle, um Konflikte durch die Finanzierung bewaffneter Gruppen am Schwelen zu halten. Die Geschäfte bieten Anreize, Lösungsansätze zu hintertreiben, weil Krieg profitabler sein kann als Frieden. Instrument der AußenpolitikEinige Staaten nutzen zudem illegale Finanztransaktionen als Instrument ihrer Außen- und Sicherheitspolitik, wie die Autoren feststellen. “Laxe Regeln werden ausgenutzt, um illegale Gelder im Ausland zu verstecken. Es wird eingesetzt für Operationen wie den Kauf von Einfluss durch Spenden für Politiker und undurchsichtige Einflussnahme auf den Staat.” Demnach konstatierte der außenpolitische Ausschuss des britischen Unterhauses 2018, dass illegale russische Finanzanlagen im Land jederzeit abgerufen werden könnten, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin in seiner “Kampagne zur Untergrabung des internationalen regelbasierten Systems” zu unterstützen.Nordkorea wiederum, das wegen der Sanktionen gegen das Land auf der Suche nach Einnahmequellen ist und sein Atomwaffenprogramm finanzieren muss, nutzt laut Bericht seit 2016 Cyberattacken, um an Geld zu kommen. Allein zwischen Januar 2017 und September 2018 haben nordkoreanische Hacker schätzungsweise 571 Mill. Dollar mit fünf Cyberangriffen auf Kryptobörsen erbeutet. Das Bewusstsein für Gefahren, die vom unerlaubten grenzüberschreitenden Austausch von Geld, Menschen, Gütern und Daten ausgehen, ist nach Einschätzung der Autoren weltweit gestiegen. Zudem haben viele Staaten in den vergangenen Jahren Fortschritte im Kampf gegen Finanzkriminalität erzielt, wie die Münchner Sicherheitskonferenz festhält. Der Druck von zivilgesellschaftlichen Organisationen und investigativen Journalisten wirkt demnach positiv. Hervorgetan hat sich das internationale Recherchenetzwerk OCCRP durch Enthüllungen über diverse Geldwäschesysteme wie zuletzt den “Troika Waschsalon”, der es ermöglichte, zwischen 2006 und 2013 etwa 4,8 Mrd. Dollar aus Russland herauszuschleusen. Mangel an GeschlossenheitTrotz der Fortschritte erfordern die illegalen Ströme laut Bericht umfangreichere globale Ansätze, mangelt es doch an Geschlossenheit auf internationaler Bühne. Der Bericht hebt die Financial Action Task Force (FATF) als globalen Standardsetzer in der Geldwäschebekämpfung positiv hervor. Allerdings wird beklagt, dass kein global umspannendes System existiert, dass alle Aspekte von Finanzkriminalität in ihrer Gesamtheit angeht, sondern das weitgehend den Nationalstaaten überlassen bleibt. “Dies mündet in eine lückenhafte Regulierungslandschaft – eine Tatsache, die böswillige Akteure ausnutzen können.”Um Abhilfe zu schaffen, plädiert der Bericht dafür, zivilstaatliche Akteure und investigative Journalisten zu unterstützen, schwachen Staaten zu helfen, ihre Finanzsysteme zu schützen, um den Abfluss von Geldern außer Landes zu verhindern, die internationale Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgern zu forcieren und Datenqualität zu verbessern. Vorschläge der FATF seien zudem umzusetzen und Sanktionen gegen bedrohliche Staaten zu verschärfen. – Personen Seite 12