Schröder-Bank reüssiert in der Nische
Von Carsten Steevens, Hamburg,
Als Nischenanbieter, der zum einen in der Immobilien-Zwischenfinanzierung Bauträger und Investoren bei Wohnungsprojekten in Hamburg, Berlin und auf Sylt unterstützt und der zum anderen in der Vermögensanlage aktiv ist, fühlt sich die in Hamburg ansässige Otto M. Schröder Bank weiterhin wohl. Auch im zweiten Coronakrisenjahr hat das Institut, das seine Bilanzsumme um 7,8% auf gut 382 Mill. Euro ausdehnte, eigene Erwartungen übertroffen, wie der Vorstandsvorsitzende Helmuth Spincke im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagt.
Der Jahresüberschuss legte im vergangenen Jahr um 8% auf 5,3 Mill. Euro zu – obwohl die Ertragsteuern kräftig um 57% auf 6,4 Mill. Euro anzogen. Die kleine Privatbank profitierte von einem um 10% auf 18 Mill. Euro ausgedehnten Zinsüberschuss, der nahezu ausschließlich im Kundenkreditgeschäft anfiel. Das Kreditwachstum zum Bilanzstichtag 31. Dezember betrug den Angaben zufolge 2%, die Inanspruchnahme sei im Jahresverlauf aber höher ausgefallen.
Die um zweistellige Raten gestiegenen Immobilienpreise in den relevanten Märkten Hamburg und Berlin hätten die Nachfrage 2021 nicht gebremst, so Bankvorstand Thomas Welling. Materialverknappung, der starke Baukostenanstieg sowie die Zinsentwicklung signalisierten inzwischen jedoch eine Wachstumsabschwächung. Der Markt bewege sich bei Konditionen für Finanzierungen mit 10- bis 15-jähriger Zinsbindung langsam in Richtung Normalität. Mit einer verlässlichen Zahl von rund 200 Kunden sieht sich die Bank weiterhin stabil aufgestellt.
Vorsorge aufgelöst
Dass das vergangene Geschäftsjahr mit einem erneut gestiegenen Gewinn abgeschlossen wurde, lag auch an ausgebliebenen Belastungen infolge von Kreditausfällen. Laut Bankchef Spincke buchte das Institut bei Einzelwertberichtigungen Nettoauflösungen von über einer halben Million Euro, während die Bank zugleich Pauschalwertberichtigungen von etwa 0,3 Mill. Euro bildete. Auch ein Sonderertrag von rund 1Mill. Euro aus einer Vereinbarung mit einem Kunden zur Zinsstundung in vergangenen Jahren gab dem Ergebnis zusätzlich Impulse. Einen solchen Einmaleffekt erwartet die Bank im laufenden Jahr nicht – ein Grund für die Prognose eines geringeren Überschusses im laufenden Turnus.
Für das erneut beste Ergebnis der Schröder-Bank sorgte 2021 ferner ein auf 6,7 (i.V. 4,6) Mill. Euro gestiegenes Provisionsergebnis. Im zweiten Geschäftsfeld, der Vermögensanlage, übertraf das Anlagevolumen nach einem Wachstum um mehr als 250 Mill. Euro erstmals die Marke von 1 Mrd. Euro. Vorstand Welling betont, neben verbuchten neuen Mitteln hätten Kunden Gelder aufgestockt. Eine Vorgabe, bis wann die Schwelle von 2 Mrd. Euro erreicht sein soll, nennt er nicht. Vertriebsziele für die Beschäftigten gebe es nicht. Nach wie vor plant die Bank, die keine eigenen Produkte anbietet, weiter mit organischem Wachstum, das heißt ohne Zukauf von Volumen oder Teams. Für 2022 stellt Welling in dem Geschäftsfeld ein weiteres Volumenwachstum um 200 Mill. Euro in Aussicht.
Dabei moniert er mit Blick auf die Anlageberatung zugleich unklare inhaltliche Vorgaben für Nachhaltigkeit bei Produkten. Von August an seien Banken und Finanzdienstleister verpflichtet, Daten zu dokumentieren, die nicht verfügbar sind. Anlegern, so Welling, müsse zum Beispiel dargelegt werden, wie sich der CO2-Ausstoß von Unternehmen in den vergangenen drei Jahren entwickelte. Derzeit seien die Unternehmen allerdings nicht verpflichtet, die Emissionen zu messen und anzugeben: „Wie sollen das Fondsgesellschaften machen?“ Vorstandschef Spincke ergänzt, die Regulierung belastete gerade kleinere Institute. Die Finanzaufsicht BaFin nutze bislang Freiräume für mehr Proportionalität nicht.
Reserven gestärkt
Neben der Ertragssteigerung im vergangenen Geschäftsjahr hebt die Privatbank auch eine höhere Dotierung der Vorsorgereserven gemäß §340f HGB um gut 4 Mill. Euro hervor. Das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit habe um 30% auf 11,6 Mill. Euro zugelegt. Die um annähernd 8,5 Mill. Euro oder 14% auf über 70 Mill. Euro gestärkte Ausstattung mit Eigenkapital bezeichnet Bankchef Spincke als komfortabel. Wie erstmals für das Geschäftsjahr 2020 bewegt sich auch die Dividendenzahlung für das abgelaufene Jahr oberhalb der Grenze von 1 Mill. Euro. Das erhöhte Ausschüttungsniveau beruhe dabei nicht auf einer Forderung der Eigentümerfamilie, fügt er hinzu.
Zu mehr als 95% sind vier Kinder des 2010 verstorbenen Gründersohns Kurt Schröder an der Privatbank, die knapp 40 Mitarbeiter beschäftigt, beteiligt. Die dritte Generation der Familie steht den Angaben zufolge hinter dem Institut, Verkaufsabsichten gebe es nicht. Auch Anlass für Anpassungen am Geschäftsmodell, wie es sie infolge der Auswirkungen der Terroranschläge vom 11. September 2001 an den Börsen mit der Einstellung des Wertpapiereigenhandels durch das Institut gab, sieht man bei der 1932 gegründeten Schröder-Bank nicht.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Stabilität im Geschäft zeichnet sich indes ein Umbruch auf der Führungsebene ab. Mitte kommenden Jahres wird der seit Herbst 2016 amtierende Vorstand Welling mit Vertragsablauf ausscheiden und in den Ruhestand wechseln. Seinen eigenen Rückzug, der bereits für dieses Jahr vorgesehen war, hat Vorstandschef Spincke – der 70-Jährige steht seit 2010 an der Spitze der Schröder-Bank – derweil um zwei Jahre aufgeschoben.