Digitalisierung

Schufa übernimmt Bonitäts­plattform-Bonify

Bereits seit Mai lässt sich die Schufa bei der Entwicklung ihrer Schuldnerberatungs-App vom Fintech Forteil unterstützen, das die Bonitätsplattform Bonify betreibt. Jetzt kündigt die Auskunftei eine Übernahme an.

Schufa übernimmt Bonitäts­plattform-Bonify

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Um die Digitalisierung ihres Angebots für Privatkunden zu beschleunigen, will die Auskunftei Schufa das Berliner Fintech Forteil vollständig übernehmen. Das 2015 von Andreas Bermig gegründete Unternehmen bietet die Smartphone-App Bonify an, über die Verbraucher sich schnell und unkompliziert Einblick in ihre Bonität bei der Schufa-Konkurrentin Boniversum verschaffen können, einer Tochter der Auskunftei Creditreform.

Das kostenlose Selbstauskunft-Verfahren, mit dem sich Privatpersonen Überblick über die von der Schufa ge­speicherten Daten verschaffen können, ist bislang nicht komplett digital und nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Um ein zeitgemäßes Angebot für Privatkunden anzubieten, arbeitet die Schufa unter anderem an einer „Schuldnerberatungs-App“. Dabei lässt sie sich bereits seit einigen Monaten von den Experten des Berliner Fintechs unterstützen, das sie sich jetzt einverleiben will. Nachdem sie sich mit den mehreren Dutzend Eigentümern von Forteil über den Verkauf der Anteile verständigt hat, sieht sich die Schufa in der Lage, die App bereits 2023 und damit ein Jahr früher als geplant auf den Markt zu bringen. „Wir verbessern die Qualität und den Service unseres Angebotes für Privatpersonen und werden schneller bei der Entwicklung von wertstiftendenden, digitalen Produkten und Apps“, fasst Schufa-Chefin Tanja Birkholz die Motivation für den Zukauf zusammen.

Freiwilligkeit als Schlüssel

Wie viele Digitalunternehmen tut sich Forteil leichter damit, an Kundendaten zu kommen, als traditionelle Wettbewerber wie die Schufa. Der Schlüssel dazu ist die Freiwilligkeit. In der Hoffnung, durch eine positive Bonitätsbewertung günstiger an Kredite und andere Finanzprodukte zu kommen, zählt das stark wachsende Unternehmen nach Schufa-Angaben rund 1 Million aktive Nutzer. Die Schufa selbst hat den Angaben zufolge 600 000 Privatkunden, die das kostenpflichtige, erweiterte Selbstauskunfts-Angebot nutzen. Viele der Bonify-Nutzer erteilen der App zudem die Genehmigung, ihr Zahlungsverhalten und andere Kontodaten auszuwerten, weil sie sich davon eine Verbesserung ihrer Bonität erhoffen. An diesem Ge­schäftsmodell soll sich durch die Übernahme nichts ändern.

Wie zu erfahren ist, soll Bonify rechtlich eigenständig bleiben. Ein Transfer der dort gespeicherten persönlichen Daten zur Schufa-Plattform darf daher nur dann stattfinden, wenn der Kunde dies ausdrücklich genehmigt. Das ist zum einen datenschutzkonform, wie die Schufa betont. Zum anderen dürfte es aber auch verhindern, dass Bonify-Nutzer aus Angst vor der „Datenkrake“ Schufa das Weite suchen. Dieser Effekt hatte sich insbesondere in Deutschland bei einigen Nutzern des Messenger-Dienstes Whatsapp eingestellt, nachdem ruchbar geworden war, dass der Mutterkonzern die dort abgelegten Daten mit denen der von der Social-Media-Plattform Facebook gesammelten Daten zusammengeführt hatte.

Gleichwohl hegt die Auskunftei nun die Hoffnung, dass viele Bonify-Nutzer ihre Schufa-Daten über die Plattform abrufen. Nach den Vorstellungen der Schufa soll die Bonify-Plattform zu einer Art „Datencockpit“ umfunktioniert werden. Hier sollen­ sie sich nicht bloß unkompliziert und kostenlos über ihre Bonitätsdaten informieren können, sondern auch simulieren können, wie sich ihr Schufa-Score entwickelt, wenn sie zum Beispiel eine zusätzliche Kreditkarte beantragen.

Bonität aufpolieren

Ein weiterer Anreiz dafür, die Daten zusammenzuführen, soll die Möglichkeit bieten, die Bonify-Bonität durch die zusätzlichen Informationen zu verbessern. Denn während die von der Creditreform-Tochter erhobene Bonität nur von einigen Finanzdienstleistern akzeptiert wird, gilt der Schufa-Score als die rele­vanteste Kennziffer im Markt, wie Forteil-Gründer Bermig anerkennt. Damit habe Bonify das Puzzleteil, das die ganze Zeit gefehlt habe, gibt er sich enthusiastisch: „Das verbessert unser Angebot signifikant.“

Für Schufa-Chefin Birkholz geht es darum, über digitale Dienstleistungen Mehrwert zu bieten und einen Beitrag zur finanziellen Inklusion zu leisten. Mit dem künftigen Angebot hofft sie, insbesondere auch jene Gruppen anzusprechen, die aufgrund „nicht vorhandener Informationen“ oder „negativer Zahlungserfahrungen“ bei der Schufa nur eingeschränkt am Wirtschaftsleben teilhaben können.

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