Gaston Brandes, Franklin Templeton

Sozialer Immo­bilien­­fonds zeigt Wirkung

Franklin Templeton hat 2018 in Luxemburg einen Impact-Fonds aufgelegt, der nur in soziale Immobilien investiert. Mit seinem breiten europäischen Ansatz und fast 700 Mill. Euro zugesagtem Kapital dürfte er einer der größten Fonds seiner Art in Europa sein.

Sozialer Immo­bilien­­fonds zeigt Wirkung

Von Thomas List, Frankfurt

Kapitalanlagen unter Berücksichtigung von Umwelt- und Governance-Gesichtspunkten sind heute bei Immobilien fast schon die Regel. Anders sieht es allerdings beim zweiten Punkt von ESG, dem sozialen aus. Definiert sich ein Fonds nach Art. 9 der EU-Taxonomie, folgt also dem Impact Investing, sollen Investitionen nicht nur eine finanzielle Rendite zeigen, sondern auch eine messbare, positive soziale oder ökologische Wirkung erzielen.

Die Investmentgesellschaft Franklin Templeton setzt in Europa nach eigener Aussage auf Impact und soziale Infrastruktur. Im Sommer 2018 hat sie den „Franklin Templeton Social Infrastructure Fund“ nach Art. 9 der EU-Offenlegungsverordnung als offenen Luxemburger Sicav aufgelegt, der paneuropäisch in soziale Infrastruktur investiert.

Die soziale Infrastruktur besteht für Franklin Templeton aus fünf Sektoren: Gesundheitswesen (Kliniken, Alten- und Pflegewohnheime), Bildungswesen (Schulen, Unis), bezahlbares und studentisches Wohnen, Justiz- und Rettungsdienste (Polizei- und Feuerwehrwachen, Jugendgericht) sowie öffentliche Gebäude (Jobcenter, Stadtbüchereien). Auf die ersten drei Bereiche entfallen 75% der Portfolioallokation.

„Es muss von vorneherein klar sein, dass das Objekt einen positiven Beitrag leisten kann“, sagt Gaston Brandes, Head of Institutional Portfolio Manager Private Real Estate EMEA bei Franklin Templeton Investments. Dieser positive Beitrag bezieht sich auf die Gesellschaft und die Umwelt. „Wir haben uns für das Impact-Ren­diteziel sechs der 17 Ziele für nach­haltige Entwicklung (SDG) verschrieben. Drei betreffen die Gesellschaft und drei die Umwelt.“ (s. Grafik) Für jedes dieser Ziele gibt es 6 bis 19 Unterziele. „An denen orientieren wir uns.“

Bei einem konkreten Investitionsobjekt legt die Fondsgesellschaft zu­erst fest, welches SDG in diesem Fall relevant ist. Das ist zum Beispiel SDG 6 Wasserverbrauch. Ein dazugehöriges Unterziel ist die Steigerung der Wassernutzungseffizienz. In einem weiteren Schritt geht es dann um den potenziellen Beitrag der Fondsgesellschaft, z. B. wassersparende Toiletten. Deren Wirkung lässt sich u. a. am Wasserverbrauch pro Bewohner messen. Schließlich wird dieser Indikator noch mit SDG-Indikatoren (Wasserverbrauch in bestimmtem Zeitraum) verbunden. Darauf basierend wird dann im unternehmenseigenen Scoring-System eine Note zwischen 1 bis 5 für dieses Objekt vergeben. Dieses Scoring führt Franklin Templeton für jedes Objekt vor einem möglichen Ankauf durch, aber auch während es im Fonds gehalten wird. Der einmal jährlich er­stellte Impact Report zeigt, wie sich jedes einzelne Objekt in den vergangenen zwölf Monaten entwickelt hat.

Konkrete Ziele

„Wir wollen den CO2-Ausstoß und den Wasserverbrauch innerhalb des Portfolios um jeweils 5% und den Energieverbrauch um 2,5% pro Jahr reduzieren.“ Zu diesem Impact-Renditeziel kommt gleichwertig das finanzielle Renditeziel. „Der Fonds soll 5% über der Euro-Inflation über fünf Jahre rollierend erreichen. Bei einer zehnjährigen Haltedauer sind 6 bis 8% IRR das Ziel.“ Seit Auflegung des Fonds beträgt die Bruttorendite (Stand März 2022) 8% pro Jahr, wobei die Ausschüttungsrendite bei 4% liegt. „Unsere Strategie ist sehr ausschüttungsgetrieben. Zwei Drittel sollen Mieteinnahmen sein und ein Drittel Wertänderungsrendite. Allerdings war die Wertänderungsrendite in den vergangenen drei Jahren durch die hohe Nachfrage sehr hoch.“

Aktuell hat der Fonds 22 Objekte im Bestand, bei zehn weiteren sind die Verträge schon unterschrieben, die Lastenübertragung steht aber noch aus. Etwa 40% wurden off market, also ohne Bieterverfahren erworben. „Wir kaufen die Objekte und vermieten sie dann an den Betreiber. Mit ihm stehen wir in enger Verbindung, da er ausschlaggebend für Erfolg und Misserfolg der Investition ist. Wenn er bei der Servicequalität oder finanziell nicht unseren Erwartungen entspricht, tauschen wir ihn aus. Das haben wir auch schon gemacht.“ Die Betreiber sind teilweise öffentlich, teilweise privat, teilweise kirchlich.

Der Fonds legt zu mindestens 60% in der Eurozone an, bis 15% in Skandinavien und bis 20% in Großbritannien, bei kompletter Währungsabsicherung zum Euro. Aktuell liegen die Fondsobjekte in Irland, Frankreich, Spanien, Italien, Dänemark, Schweden, Deutschland und Großbritannien. In Deutschland sind zwei Büroobjekte an die RWTH Aachen vermietet. Außerdem gehören dazu ein Jobcenter in Dortmund, ein Studentenwohnheim in Dublin, eine große internationale Schule in Schweden, die größte Privatklinik in Dänemark und ein Jugendgericht in Madrid. „Unser positiver sozialer Beitrag ist zum Beispiel im Falle des Jugendgerichts die Einrichtung eines extra Raumes – einer sogenannten Gesell Chamber, benannt nach Arnold Gesell, einem amerikanischen Psychologen und Kinderarzt – für die Kinder neben dem Gerichtssaal, in dem sie sich sicher fühlen können und nicht retraumatisiert werden.“

Drei Schulen auf der Insel

In Großbritannien wurden zusammen mit einem Betreiber drei Schulen erworben. Eine Grundschule liegt in Wimbledon, zwei weitere Schulen besuchen ausschließlich Kinder mit Lernschwächen bis hin zum Autismus.

Stand März haben 28 Investoren aus neun Ländern 685 Mill. Euro zu­­ge­sagt. Das sind vor allem Versicherer, Versorgungswerke und Pensionskassen, dazu einige Stiftungen und drei Dachfonds. „Vor drei Jahren mussten wir noch viel erklären, was Impact bedeutet und was soziale In­frastruktur ist, ob man wirkungsorientiert investieren und gleichzeitig eine attraktive Rendite erzielen kann. Heute wollen viele Investoren vor allem aus den Niederlanden oder Skandinavien nur noch in Artikel-8- oder -9-Fonds investieren.“

Im Durchschnitt hat jeder Investor etwa 20 Mill. Euro gezeichnet. Die Mindestzeichnungssumme beträgt 5 Mill. Euro. „Bis Ende dieses Jahres wollen wir möglichst nahe an 1 Mrd. Euro kommen, mittelfristig streben wir 2 bis 2,5 Mrd. Euro an.“ Beim Leverage sind auf Portfolioebene maximal 40% Fremdkapital zulässig, auf Objektebene bis 60%. „Stand März liegt der Leverage bei 25%. Unser Ziel liegt bei 35%.“

Angesichts von 900 Mill. bis 1,1 Mrd. Euro an potenziellen Investitionsobjekten pro Quartal hat Brandes keine Angst, den Fonds nicht weiter befüllen zu können. Allerdings dauern Investitionsprozesse inzwischen länger. „Früher konnten die Kapitalzusagen der Investoren innerhalb von zwei bis drei Quartalen voll abgerufen werden. Aktuell dauert es vier Quartale.“

Im Anschluss an diesen offenen Core/Core-Plus-Fonds überlegt Franklin Templeton, einen geschlossenen Value-add-Fonds mit maximal 300 bis 500 Mill. Euro Volumen aufzulegen, der vermehrt nicht nur in soziale Infrastruktur, sondern auch in andere gewerbliche Immobilien investiert. Bei zehn Jahren Laufzeit könnte die Rendite sehr hoch einstellig oder niedrig zweistellig sein.

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