Sparkassen sehen sich für Insolvenzen gerüstet

Schleweis: Aussetzung der Antragspflicht für Unternehmen kann nicht ad infinitum laufen - Mittelstand schlägt sich bisher wacker

Sparkassen sehen sich für Insolvenzen gerüstet

Der deutsche Mittelstand ist nach Einschätzung der Sparkassen trotz Krise weitgehend solide aufgestellt, die Zahl der Firmenpleiten werde sich auch künftig in Grenzen halten. Verbandspräsident Helmut Schleweis spricht sich dafür aus, dass Firmeninsolvenzen in der Krise nicht viel länger aufgeschoben werden.jsc Frankfurt – Die Finanzgruppe der Sparkassen warnt vor einer zu langen Aufschiebung von Unternehmensinsolvenzen. Zwar erhalten Firmen, die in der Coronakrise vorübergehend am Rande des Zusammenbruchs stehen, durch die zeitweilige Aufhebung der Antragspflicht für Insolvenzen Spielraum, um die Krise zu überleben und zu einer späteren Erholung der Wirtschaft beizutragen, wie Sparkassenpräsident Helmut Schleweis am Dienstag auf einer Telefonkonferenz des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) sagte. Allerdings könne die Ausnahmeregel auch Firmen ohne funktionierendes Geschäftsmodell dazu verleiten, bis zu einer Insolvenz vorerst weiterzukämpfen, so dass zugleich das Risiko für Gläubiger einschließlich der Kreditwirtschaft steige. “Deswegen kann man Insolvenzantragspflichten nicht ad infinitum auf ewige Zeiten aussetzen.”Der deutsche Gesetzgeber hatte wegen der Wirtschaftskrise die Insolvenzantragspflicht zunächst bis Ende September ausgesetzt, zuletzt hatte die Bundesregierung für bestimmte Fälle eine Fristverlängerung bis Jahresende vorbereitet. Die Pflicht, bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden zu müssen, habe eine wichtige Schutzfunktion für Gläubiger, unterstrich Schleweis. “Dieser Schutz entfällt jetzt zumindest teilweise.” Der Strukturwandel der Wirtschaft werde in Teilen behindert, “notwendige Bereinigungsprozesse” vertagt.Zwar hält Schleweis einen Anstieg von Kreditausfällen im Zuge verspäteter Firmeninsolvenzen für plausibel. Doch werde der Effekt im deutschen Mittelstand und damit auch für Sparkassen voraussichtlich gering ausfallen: Diese seien ein wesentlicher Begleiter mittelständischer Unternehmen und seien früh in der Lage, etwaige Firmenpleiten zu erkennen.Die Coronakrise ist laut Schleweis zwar “die schlimmste Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges”, doch profitierten die Unternehmen von einer “hohen finanziellen Robustheit”, die sie vor der Krise ausgebaut hätten. “Eher moderat” sind daher die Insolvenzgefahren aus Sicht der Firmenkundenbetreuer der Sparkassen, wie die Untersuchung zeigt. Die meisten Berater rechnen damit, dass in den kommenden sechs Monaten ungeachtet der ausgesetzten Antragspflicht weniger als 2 % der Unternehmen Insolvenz anmelden müssen.Der Verband hat für den “Mittelstandsfitnessindex” rund 300 000 anonymisierte Firmenbilanzen von Unternehmen mit bis zu 250 Mill. Euro Umsatz ausgewertet und darüber hinaus zur Jahresmitte Sparkassenmitarbeiter zur Lage der Kunden befragt. Die Ergebnisse dieser Simulation sind durchaus ermutigend. Demnach wird der Umsatz der Firmen im Durchschnitt in diesem Jahr um 6 % einbrechen und die Gewinne sogar um rund 44 %. Doch weniger als 5 % der untersuchten Mittelständler werden dadurch in die Verlustzone rutschen.Mit dieser Analyse hebt sich der Sparkassenverband von anderen Einschätzungen ab: Die Auskunftei Creditreform warnt von “Zombieunternehmen”, deren Zahl sie auf rund 330 000 von 3,6 Millionen beobachteten Gesellschaften schätzt; schon bald könnte die Zahl der eigentlich gescheiterten, aber noch existenten Firmen auf mehr als eine halbe Million anziehen (vgl. BZ vom 26. August). Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) warnt davor, dass sich der Anteil der faulen Kredite bereits im günstigen Szenario, also bei rascher Erholung von der Krise, um ungefähr 2,6 Prozentpunkte steigen dürfte und einige Kreditinstitute damit überfordert wären.Prognosen zu Kreditausfällen seien unsicher, sagt Schleweis. Das insgesamt optimistische Resümee der Sparkassen hängt aber auch damit zusammen, dass die Untersuchung bilanzierende Unternehmen erfasst, kleinere Firmen und Soloselbstständige dagegen außen vor lässt. Doch gerade in dieser Gruppe seien die Reserven oft nicht ausreichend, um eine Krise über Monate hinweg allein durchzustehen, wie der Verband hervorhebt.Auch innerhalb des Mittelstands zeigt sich ein heterogenes Bild: Das Gastgewerbe sticht mit einem Umsatzeinbruch von knapp einem Drittel (-32 %) hervor, während die Branchen Metall-, Maschinen- und Fahrzeugbau (-13 %), private Dienstleistungen (-10 %) sowie Chemie und Pharma (-9 %) ebenfalls besonders stark betroffen sind. Das Baugewerbe sowie das Gesundheits- und Sozialwesen hingegen könnten dagegen im laufenden Turnus mit Wachstum rechnen, und zwar mit einem geschätzten Umsatzplus von 4 % und 3 %.