Steuerproblematik schon früh bei Maple Thema
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Die Maple Bank hat intern offenbar von vorneherein über eine mögliche Strafbarkeit der Cum-ex-Geschäfte diskutiert. Das ging am Donnerstag aus der Befragung des angeklagten Wertpapierhändlers Andreas H. im Prozess gegen die früheren Manager der inzwischen insolventen Bank am Landgericht Frankfurt (Az.: 5/24 KLs 17/19) hervor. Bereits Ende Mai 2006 wies demnach ein auf Steuerrecht spezialisierter Anwalt der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in einer E-Mail an ein Mitglied der Geschäftsführung explizit auf die Problematik hin.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hat sich Maple für die Veranlagungsjahre 2006 bis 2015 insgesamt 366,6 Mill. Euro Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge erstatten lassen, die nie gezahlt wurden. Möglich war dies durch falsche Steuerbescheinigungen, die mithilfe geplanter Leerverkäufe auf deutsche Dividendentitel produziert wurden. Zwecks Verschleierung wurden die Kreisgeschäfte als Arbitragegeschäfte dargestellt.
In der vor Gericht verlesenen E-Mail des Freshfield-Anwalts an den inzwischen verstorbenen Maple-Manager Peter E. geht es um die von Letzterem entwickelte „Short-Sale-Struktur“ mit deutschen Dividendentiteln. „Hier kann eine Arbitrage erzielt werden, weil aufgrund der Börsenusancen letztlich zweimal Kapitalertragsteuer bescheinigt wird“, schrieb der Anwalt, der inzwischen nicht mehr für Freshfields tätig ist. Mit seiner rechtlichen Beurteilung hielt er nicht hinter dem Berg: „Das so erzielte Ergebnis widerspricht ziemlich eindeutig dem Gesetz. Die Finanzverwaltung hat das aber dennoch akzeptiert.“
Damit grenzte sich der auf der Arbeitsebene mit den Cum-ex-Geschäften der Maple Bank befasste Steuerexperte überraschend deutlich von Freshfields-Partner Ulf Johannemann ab. Dieser hatte in einem für den Maple-Vorstand erstellten Gutachten die Rechtmäßigkeit der Transaktionen unterstrichen. Johannemann ist ebenfalls angeklagt, sein Verfahren wurde jedoch vor Beginn der Hauptverhandlung abgetrennt.
Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, ob er sich selbst Gedanken darüber gemacht habe, dass die Geschäfte steuerstrafrechtliche Konsequenzen haben könnten, blieb der als Kronzeuge auftretende Wertpapierhändler Andreas H. vage: „Ich will das nicht in Abrede stellen, möglicherweise hat das zu meinem Störgefühl beigetragen.“ In dem damaligen Meinungsumfeld habe „man“ das jedoch verdrängt, ergänzte er: „Wir waren wie in einem Tunnel, wozu auch das Gutachten von Freshfields beigetragen hat.“